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Verletzte bei Open Air-Abbruch: Verantwortung des Veranstalters?

Von Thomas Waetke 10. Juni 2014

Beim Pfingst-Open-Air in Werden (NRW) hat es bei dem aufziehenden Unwetter 20 Verletzte gegeben, als es am S-Bahnhof unter den Besuchern zu einem Gedränge kam. Bei Gewitter und starken Sturm wurde das Festival abgebrochen, so dass es auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofes kurzzeitig so voll wurde, dass Personen über Zäune kletterten, um vom Bahnhofsgelände zu kommen. Nach Polizeiangaben wurden Zelte und Bühnen auf dem Festivalgelände zerstört. Wie könnte hierbei die Verantwortung des Veranstalters aussehen?

Bei solcherlei wetterbedingten Unfällen stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein Veranstalter Vorkehrungen für den Fall eines Unwetters treffen muss, bspw. mit Blick auf

  • Evakuierung des Geländes
  • Unterstellmöglichkeiten
  • Information an die Besucher, Kommunikation mit den Besuchern
  • Kommunikation innerhalb der beteiligten Unternehmen
  • Kommunikation mit Rettungskräften

Was erwartet der Besucher?

Das ist letztlich eine Frage der Verkehrssicherungspflichten, also was erforderlich und zumutbar ist. Und: Was erwartet der Besucher?

Man kann sicherlich nicht pauschal sagen, dass der Veranstalter umfassend für alles Vorkehrungen treffen muss – denn: Auch wenn der Besucher durch die Stadt spaziert oder am Baggersee liegt, kann er vom Unwetter überrascht werden. Und würde man, wenn man am Baggersee liegt und sich sonnt, erwarten, dass der Eigentümer oder gar die Stadt Unterstellmöglichkeiten vorhält bzw. Evakuierungsmaßnahmen geplant hat?

Sicherlich kann man auch nicht sagen, dass der Besucher zur Veranstaltung „gelockt“ wird, und ohne Werbung würde er nicht dorthin gehen. Denn letztlich geht er trotzdem freiwillig dorthin, ebenso wie er freiwillig in die Stadt zum shoppen oder an den Baggersee zum baden und sonnen geht.

Insgesamt darf man daher meines Erachtens die Anforderungen an den Veranstalter von Open-Air-Veranstaltungen nicht überspannen. Ein Besucher, der eine Open-Air-Veranstaltung besucht, rechnet sicherlich auch nicht damit, dass es im Unwetterfall geeignete Unterstellmöglichkeiten gibt.

Umgekehrt kann man den Veranstalter auch nicht vollständig aus der Verantwortung nehmen mit dem Argument, dass Wetter ohnehin kaum vorhersehbar sei.

Mindestens Informationspflichten?

Zumindest wird man vom Veranstalter eine Informationspflicht erwarten können, d.h. dass er seine Besucher warnt. Dann stellt sich aber die Frage, welche Maßnahmen er ergreifen muss, um im Vorfeld an möglichst verlässliche Angaben über die bevorstehende Wetterlage zu kommen. Schließlich ist dabei dann auch zu berücksichtigen, dass der Veranstalter bei einer vorsichtshalber durchgeführten Räumung seines Geländes ein nicht unerhebliches Risiko eingeht: Kommt es unter den Besuchern zu einer Panik, muss der Veranstalter mit dem Vorwurf rechnen, fehlerhaft geräumt zu haben. Das worst case-Szenario käme dann zum Tragen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der Veranstalter gar nicht zur Räumung verpflichtet war – aber er für den Schaden durch die vorgenommene Räumung verantwortlich gemacht wird (nach dem Motto: Wenn du schon räumst, hättest du richtig räumen müssen).

Gesetzliche Regelungen?

(Nur) im Reiserecht gibt es übrigens eine gesetzliche Vorschrift, die Wetterlagen berücksichtigt: Wird nämlich die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Reisevertrag kündigen (§ 651 j BGB).

Allerdings ist nicht jedes Unwetter gleich „Höhere Gewalt“, zumal ein Regen bspw. auch nicht gänzlich unvorhersehbar ist. Eine vergleichbare Regelung gibt es aber in anderen Vertragsarten nicht, also gerade nicht im Vertrag zwischen Besucher und Veranstalter. Aufgrund der besonderen Sachlage im Reisevertrag kann man diese Regelung auch nicht einfach so auf den Veranstaltungsbesuchsvertrag übertragen.

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