In der letzten Zeit häufen sich Absagen von Veranstaltungen, die mit (zu) hohen Auflagen bzw. Anforderungen seitens der Genehmigungsbehörden begründet werden. Soweit dann ein Veranstalter nicht willens ist oder die Auflagen finanziell nicht erfüllen kann, sagt er seine Veranstaltung ab.
Was sind die Rechtsfolgen? Wer bezahlt die bereits bestellte Bühne? Wer bezahlt die Location? Wer bezahlt den entgangenen Gewinn?
Viele Hürden
Grundsätzlich: Wer Geld von jemandem haben will,
- muss eine Anspruchsgrundlage haben (z.B. aus einem Vertrag oder aus dem Gesetz eine Regelung, aus der sich ergibt, dass man einen Zahlungsanspruch haben kann),
- muss die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage(n) beweisen, dazu kann ggf. gehören, dass er beweisen muss, dass
- der andere schuldhaft (= fahrlässig oder vorsätzlich) gehandelt oder schuldhaft eine notwendige Handlung unterlassen hat,
- die Handlung oder das Unterlassen rechtswidrig war,
- zwischen dieser Handlung und dem Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht (sog. Kausalität), und
- er selbst einen Schaden hat und wie hoch dieser ist.
- muss beweisen, dass der andere Schuldner ist.
Man sieht schon allein anhand der Vielzahl der Voraussetzungen, dass es nicht einfach ist, an „sein“ Geld zu kommen. Allein, weil man einen Schaden hat, heißt das nicht automatisch, dass man den Schaden ersetzt bekommt.
Der Weg ist das Ziel?
Eigentlich müssten Veranstalter und Genehmigungsbehörde das selbe Ziel haben: Eine sichere Veranstaltung. Allerdings gibt es oft unterschiedliche Vorstellungen, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
Der (wahre) Grund der Absage
Das Problem ist oft, dass Veranstalter erst recht spät auf die Genehmigungsbehörde zugehen. Das liegt teilweise auch daran, dass sie erst spät wissen, was sie eigentlich genau beantragen sollen, oft an Bummelei, aber auch oft an dem Irrglauben, die Behörde mit einer kurzfristigen Antragstellung unter Druck setzen zu können („das werden die dann schon noch abnicken“).
Wird eine Veranstaltung mit der Begründung abgesagt, man könne die Auflagen nicht erfüllen, so kann das mehrere Ursachen haben:
- Der Veranstalter hat seinen Antrag zu spät eingereicht, die Behörde kann, auch unter Aufbietung gebotener Anstrengung nicht mehr rechtzeitig reagieren.
- Der Veranstalter hat derart geschlampert, dass sein Vorhaben schlicht nicht genehmigungsfähig ist.
- Der Veranstalter erkennt die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Auflagen nicht.
- Die Auflagen sind nicht notwendig oder sinnvoll, aber aufgrund der verspäteten Antragstellung ist keine Zeit mehr, die Behörde davon zu überzeugen und eine (verwaltungs-)gerichtliche Eilentscheidung herbeizuführen.
- Der Veranstalter hat zu wenig Tickets verkauft und ist nicht wirklich unglücklich über die vermeintlich zu hohen Auflagen, die ihm einen Grund für die Absage liefern, ohne sich eine Blöße zu geben.
- Die Genehmigungsbehörde übertreibt es, sei es aus Unwissen oder (übertriebener) Sorge und Eigensicherung heraus.
All das haben wir schon erlebt.
Veranstalter ist selbst schuld
Bei den oben beschriebenen Ziffern 1. bis 5. kann der Veranstalter natürlich keinen Schadenersatz geltend machen beim Staat bzw. Bundesland: Denn hier hat die Genehmigungsbehörde nichts falsch gemacht.
In diesen Fällen aber können andere Beteiligte gegen den Veranstalter Ansprüche haben:
- Der Vermieter der Location behält grundsätzlich seinen Anspruch auf die vereinbarte Miete, ebenso der Künstler auf die Gage, die Dienstleister auf die vereinbarte Vergütung usw.
- Besucher, die bereits ihr Eintrittsgeld bezahlt haben, haben einen Anspruch auf Rückerstattung.
Auflagen sind übertrieben
Da in den Behörden – den einen oder anderen mag das jetzt überraschen – auch nur Menschen arbeiten, können dort natürlich auch mal Fehler passieren. Das kann mit Blick auf Auflagen auf Unwissenheit oder übersteigerter Vorsicht sein: Denn auch die Behörden wissen nicht immer, was richtig ist. Jede Veranstaltung ist anders, jede eingereichte Unterlage ist anders, jeder Antragsteller ist anders. Es gibt keine Schablone, die der zuständige Behördenmitarbeiter über den Antrag legen könnte.
Unterstellen wir nun, dass die Genehmigungsbehörde Auflagen erlässt, die objektiv übertrieben sind. Hier muss man unterscheiden:
- Es bleibt noch Zeit, die Behörde zu überzeugen und einvernehmlich die Auflagen anzupassen.
- Die Behörde will nicht von ihrer Meinung abrücken. In diesem Fall bleibt grundsätzlich nur noch der Weg vor das zuständige Verwaltungsgericht. Da die normalen Klageverfahren viel zu lange dauern, gibt es die sog. Eilverfahren. Hier entscheidet das Gericht, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, binnen weniger Stunden.
Gerade dann, wenn eine Einigung mit der Behörde nicht möglich ist, aber die Veranstaltung bevorsteht, ist Eile geboten (daher auch das Wort Eilverfahren bzw. Einstweilige Verfügung). Auch das Gericht benötigt etwas Zeit für solch ein Verfahren – auf die letzte Minute sollte man solch einen Antrag also auch nicht einreichen. Ggf. sollte man versuchen, dem Gericht Bescheid zu sagen, dass da „noch was kommt“, damit nicht alle Richter in den Feierabend entschwinden. Dann würde das Gericht darüber entscheiden, ob die Auflagen der Behörde notwendig und sinnvoll oder übertrieben sind. Da auch nicht jeder Verwaltungsrichter die allerhöchste Kompetenz im Veranstaltungsbereich hat, muss der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung sorgfältig begründet und erklärt werden.
Grundsätzlich ist der Veranstalter verpflichtet, (s)einen Schaden so gering wie möglich zu halten (vgl. § 254 BGB). Er kann also nicht einfach beleidigt die Veranstaltung absagen, sondern muss versuchen, bspw. eben durch ein Eilverfahren eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.