Incentive
für Kunden bzw. Mitarbeiter
und die rechtlichen Besonderheiten
Das Incentive ist eine Veranstaltungsart mit ihren ganz eigenen Besonderheiten, die ich hier kurz darstellen möchte:
Mit Incentive-Veranstaltungen kann der Veranstalter Kunden oder Mitarbeiter belohnen, fördern oder kennenlernen. Bei den Incentives gibt es eine Reihe spezifischer Rechtsprobleme insbesondere im Steuerrecht und im Haftungsrecht: Lohnsteuer, Unfallversicherung, Compliance usw.
Der Auftraggeber bzw. Arbeitgeber, der Kunden bzw. Mitarbeiter einlädt, muss einige Fallstricke aus dem Reiserecht und Incentive-Recht kennen – ebenso derjenige, der das Incentive bzw. die Reise plant und organisiert.
Bei einem Kunden-Incentive lädt der Unternehmer seine Kunden ein, im Regelfall entweder umsatzstarke Kunden oder solche, von denen er sich künftig einen starken Umsatz erhofft. Dabei kann es sich auch um die Einkäufer dieser Kunden handeln, die er entsprechend umgarnen und auf sich oder seine neuen Produkte aufmerksam machen möchte.
Ein Kunden-Incentive, bei dem bspw. die Einkäufer der Vertragspartner eingeladen werden, sind mit einem Geschenk an den Mitarbeiter des Vertragspartners vergleichbar. Ob der Mitarbeiter Geld vom Veranstalter bekommt oder zu dem Incentive kostenfrei eingeladen wird, ist unter dem Strich dasselbe: Der Mitarbeiter hat einen geldwerten Vorteil.
Hier kommt dann schnell das Thema Compliance ins Spiel: Zunächst ist Compliance einfach ein schickes Wort für Regelkonformität und ordnungsgemäßem Verhalten. Weil aber die Gesetz nicht immer klare Vorgaben machen, was erlaubt ist und was nicht, haben sich viele Unternehmen selbst eigene Compliance-Richtlinien auferlegt. Damit will der Arbeitgeber Strukturen schaffen und seinen Mitarbeitern Hilfsmittel an die Hand geben, die erforderlich sind, möglichst alles richtig zu machen.
Dabei verfolgt der Arbeitgeber, zumeist die Geschäftsführung oder der Vorstand, auch ein ganz persönliches Ziel: Verstoßen die Mitarbeiter gegen Gesetze, kann auch der Geschäftsführer bzw. Vorstand dafür verantwortlich sein. Zudem kann das Unternehmen zu hohen Strafzahlungen und Bußgelder verdonnert werden, was dann ggf. wieder dem untätigen Geschäftsführer bzw. Vorstand angelastet werden könnte.
Compliance-Richtlinien spielen insbesondere bspw. beim Umgang mit Daten eine Rolle oder bei der Annahme von Geschenken: Gerade hier gibt es eine große undefinierbare Grauzone: Welches Geschenk darf der Mitarbeiter annehmen, und ab wann steht der Verdacht der Bestechlichkeit (siehe § 299 Strafgesetzbuch oder § 332 StGB) oder der Vorteilsannahme (siehe § 331 StGB) im Raum? So sollen Compliance-Richtlinien auch helfen, Korruption und Straftaten zu verhindern.
Dies gilt vor allem auch für oder gegenüber Amtsträgern: Wer einem Amtsträger ein Geschenk machen will, muss vorsichtig sein: Wird erst ein Bauantrag gestellt, und kurz danach der Entscheidungsträger im Bauamt zu einer Segelreise an die Cote d´Azur eingeladen, dann riecht es nach Ärger.
Idealerweise werden die Mitarbeiter auf diese Richtlinien regelmäßig geschult. Große Unternehmen geben teilweise siebenstellige Summen aus, um sich hier stabil aufzustellen: Insbesondere bei Berührungen mit dem US-Handelsplatz drohen drastische Strafen, wenn Mitarbeiter gegen geltendes Recht verstoßen.
Ein Mitarbeiter-Incentive ist ein Unterfall der Betriebsveranstaltung, für den aber andere Regeln gelten.
Der bedeutende Unterschied: Die Betriebsveranstaltung muss allen Mitarbeitern zur Teilnahme offen stehen, beim Incentive nehmen regelmäßig nur ausgewählte Mitarbeiter teil. Aufgrund der erheblichen Auswirkungen macht es Sinn, ein Incentive nicht “Betriebsveranstaltung”, sondern allgemeiner “betriebliche Veranstaltung” zu nennen.
Besonderheit Unfallversicherung
Das Landessozialgericht Hessen hatte in einem Beispielsfall entschieden, dass ein Fußballspiel während einer Dienstreise nicht unter den Unfallversicherungsschutz fällt. Ein Baumarktleiter hatte sich zu einer mehrtägigen Tagung mit anderen Marktleitern getroffen. Es kam dann auch zu einem Fußballspiel, bei dem sich der Marktleiter verletzt hatte.
Das Landessozialgericht hat allerdings entschieden, dass für das Fußballspiel kein Versicherungsschutz bestehe, da es mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht wesentlich zusammenhänge. Es war vielmehr lediglich eine Auflockerung der Gesamtveranstaltung, der eigentliche Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf den Tagungen. Hätte er sich während einer Tagung verletzt, würde der Unfallversicherungsschutz bestehen. Auch der Umstand, dass das Fußballspiel ein Punkt auf der Tagesordnung war, führt nicht zu einem Arbeitsunfall. Der Marktleiter war rechtlich nicht verpflichtet, bei dem Fußballspiel mitzumachen.
Das Urteil ist insbesondere für Organisatoren von Firmenincentives interessant. Immer wieder kommt es vor, dass sich ein Teilnehmer verletzt; im Rahmen der Unfallversicherung ist dann zu prüfen, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht. Wie man an dem Urteil des Landessozialgerichts Hessen sieht, ist nicht maßgebend, ob die unfallverursachende Tätigkeit im Rahmen einer unfallversicherten Dienstreise statt- findet; maßgeblich ist vielmehr, ob auch die einzelne Tätigkeit selbst unfallversichert ist; das ist sie unter anderem nur, wenn sie mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängt.
Ggf. macht es also Sinn, separat für die Incentive-Teilnehmer eine eigene Unfallversicherung abzuschließen.
Besonderheit Lohnsteuer
Steht die Veranstaltung allen Mitarbeitern offen, kann der Arbeitgeber einen Freibetrag von 110 Euro in Anspruch nehmen, d.h. nur die Kosten, die darüber hinaus gehen, müssen versteuert werden.
Pauschalversteuerung auch, wenn nicht alle Arbeitnehmer teilnehmen können?
Der Bundesfinanzhof hat 2024 entschieden, dass die Pauschalversteuerung mit 25 % auch dann möglich ist, wenn lediglich Führungskräfte eingeladen werden, solange die Veranstaltung auf betrieblicher Ebene stattfindet und gesellschaftlichen Charakter hat.
Es kommt für die Pauschalversteuerung nicht darauf an, ob/dass die Betriebsveranstaltung allen Arbeitnehmer offensteht: Das ist nur notwendig, wenn der Arbeitgeber den Freibetrag von 110 Euro in Anspruch nehmen will.
Vermutlich gilt diese Entscheidung auch für andere Betriebsveranstaltungen, zu denen nur ein begrenzter Teil der Mitarbeiter eingeladen wird, z.B. eben solche Incentives.
Weiterführender Link:
Private oder öffentliche Veranstaltung? Mitarbeiter-Incentives, Betriebsveranstaltungen, Hochzeiten, Geburtstage, Trauerfeiern, Jubiläen… Ob eine Veranstaltung öffentlich oder privat ist, ist an zwei Merkmalen festzumachen: Ist der Personenkreis der Teilnehmer abgrenzt? Sind die Teilnehmer zueinander oder zum Veranstalter innerlich verbunden?
Abgrenzbarkeit
Ein Personenkreis ist dann nicht abgegrenzt, wenn Jedermann teilnehmen kann.
Beispiel 1: Das Stadtfest, das Jedermann ohne jegliche Zugangskontrolle besuchen kann.
Beispiel 2: Das Konzert, das Jedermann nach Kauf einer Eintrittskarte besuchen kann.
Beispiel 3: Das Seminar, bei dem Jedermann nach Anmeldung und Zahlung der Seminargebühren teilnehmen kann.
Ein Personenkreis ist also nicht deshalb „abgegrenzt“, weil nicht Jedermann eingelassen wird – denn wenn im Vorfeld Jedermann hätte Einlass verlangen bzw. sich hätte erkaufen können (durch eine Eintrittskarte), dann ist der Personenkreis auch nicht abgrenzt. Im Übrigen würde es dann oft schon an der Verbundenheit (siehe sogleich Ziffer 2.) scheitern: Denn wenn Jedermann mitmachen darf, dann kennen sich die Teilnehmer/Besucher auch nicht, so dass zwischen ihnen auch die erforderliche Verbundenheit fehlt.
Innere Verbundenheit
Maßgeblich ist nicht, ob sich die Teilnehmer nur kennen bzw. sich sympathisch sind. Maßgeblich ist auch nicht, dass eine familiäre oder freundschaftliche Beziehung besteht.
Relevant ist aber, ob ein enger gegenseitiger Kontakt und eine gemeinsame private Sphäre besteht.
Dafür ist nicht ausreichend, dass dieser Kontakt durch einen Vertrag hergestellt wird: Nur, weil im Betrieb ein Mitarbeiter arbeitet, ist dieser noch nicht zum Betriebsinhaber bzw. zu anderen Mitarbeitern innerlich verbunden.
Auch nicht ausreichend ist, dass alle Teilnehmer ein und derselben Gruppe angehören (z.B. Vereinsmitglieder). Gerade wenn – wie in einem Verein – die Mitglieder der Gruppe regelmäßig wechseln bzw. die Gruppe darauf angelegt ist, dass regelmäßig neue Mitglieder dazu kommen, fehlt es typischerweise an einer Verbundenheit.
Je mehr Teilnehmer anwesend sind, desto eher spricht das gegen eine solche Verbundenheit. Ab ca. 100 Teilnehmern wird es daher erfahrungsgemäß schwierig werden, eine innere Verbundenheit nachweisen zu können (das ist nicht unmöglich, wie man am Beispiel einer als privat eingestuften Hochzeit mit über 600 Gästen sieht, aber eben schwierig).
Werden zum Kreis eigentlich innerlich verbundener Personen Außenstehende eingeladen, wird es schwierig.
Beispiel: In einem kleinen Betrieb mit 5 Mitarbeitern, die seit 10 Jahren eng befreundet sind und auch privat viel gemeinsam unternehmen, wird gefeiert. Zu dieser Feier dürfen die Mitarbeiter Ihre Ehepartner mitbringen. Hier hatten Gerichte bereits entschieden, dass dann die Privatheit der Veranstaltung verloren geht. Maßgeblich dürfte aber wohl eher sein, dass die Veranstaltung trotz Außenstehender noch ihren typischen privaten Charakter behält, was allerdings dann immer auch eine Einzelfallentscheidung ist.
Die Folgen
Ist eine Veranstaltung öffentlich, muss ggf. GEMA-Gebühr bezahlt werden, wenn fremde Musik genutzt wird. Außerdem greift das Gaststättengesetz, das Jugendschutzgesetz, ggf. sind Abgabe der Künstlersozialkasse zu entrichten usw.
Hilft es, wenn der Teilnehmer ein Formular unterschreibt, in dem es heißt “Sie nehmen auf eigenes Risiko teil”?
Die Antwort ist ausnahmsweise einfach: (in den meisten Fällen) nein.
Teilnehmer muss das Risiko kennen
So ein Hinweis ist schon aus praktischen Gründen nutzlos: Denn der Teilnehmer ist ja nach dem Hinweis kein bisschen schlauer als vor dem Hinweis: Wie gefährlich ist denn die Teilnahme wirklich?
Solche Hinweise helfen also nur, wenn der Veranstalter dem Teilnehmer deutlich die Risiken offenbart: Der Teilnehmer muss in die Lage versetzt werden, die Risiken zu erkennen und abzuschätzen, ob er mit diesen Risiken klarkommen würde wollen – oder ob es ihm dann doch zu heikel ist.
Dabei können nur solche Risikohinweise relevant sein, die der Teilnehmer nicht schon ohnehin erkennen kann: Wenn man eine Veranstaltung auf einem Schiff macht, hilft es nichts, wenn man bspw. schreiben würde: “Sie könnten ertrinken, wenn Sie ins Wasser fallen”. Denn das kann sich der durchschnittliche Teilnehmer auch schon ohne Hinweis denken. Allenfalls könnte die Info relevant sein, dass die Veranstaltung überhaupt auf einem Schiff stattfindet, um dem ängstlichen Nichtschwimmer zu ersparen, dass er extra anreist und dann vor Ort sein Problem erkennt und nicht zusteigen würde.
Gefahrenhinweise dürfen auch nicht zu sehr verharmlost werden, d.h. das hübsche Marketingsprech sollte man vermeiden, vielmehr muss man eine deutliche Sprache finden: Der Teilnehmer muss unschwer die Risiken erkennen können.
Strenge Anforderungen an AGB
Solche Klauseln können aber nicht schon aufgrund ihres nichts-sagenden Inhalts nutzlos sein, sondern auch aus agb-rechtlichen Gründen:
Da solche Klauseln typischerweise gegenüber mehreren Teilnehmern verwendet wird, handelt es sich um eine AGB-Klausel. Die Anforderungen an wirksame AGB sind aber recht hoch, und letztlich verbirgt sich in einer solchen Klausel “Der Teilnehmer nimmt auf eigenes Risiko teil” ein Haftungsausschluss zu Gunsten des Veranstalters: Er will nicht haften, weil ja der Teilnehmer auf eigenes Risiko mitmacht.
Solche Haftungsausschlüsse sind aber unwirksam (lesen Sie hier die ausführliche Begründung).
Hier finden Sie Informationen zu Verträgen…
- mit Referenten und Moderatoren
- mit der Location
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- mit Subunternehmern
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- sonstige
Und weitere Informationen finden Sie in unseren Checklisten.
Rechtsberatung: Online oder telefonisch
Rechtsberatung vom Fachmann: Rechtsanwalt Thomas Waetke berät Veranstalter, Agenturen, technische Gewerke, Konzeptersteller, Genehmigungsbehörden, Vermieter von Locations usw. zu allen Fragen aus dem Eventrecht.
Weiterführende Links:
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