Muss ein Selbständiger, ein Einzelunternehmer bzw. Freier Mitarbeiter die Vorschriften des Arbeitsschutzes beachten (z.B. das Arbeitszeitgesetz, die Unfallverhütungsvorschriften u.a.)? Diese Frage wollen wir in diesem Beitrag beleuchten, da die Antwort Auswirkungen für das Arbeiten in der Veranstaltungsbranche haben kann.

Staatliche Regelwerke

Das staatliche Arbeitsschutzrecht hat ein zentrales bzw. grundlegendes Regelwerk: Das Arbeitsschutzgesetz. Dieses Gesetz gilt aber nur für Arbeitgeber, die Arbeitnehmer beschäftigen – d.h. diese Vorschriften kommen den Arbeitnehmern zu Gute.

Unfallverhütungsvorschriften

Die Unfallversicherungsträger erlassen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 15 SGB VII). Es handelt sich dabei um sog. autonomes Recht, d.h. sie werden unabhängig von den parlamentarischen Gesetzgebungsorganen von Organen der mittelbaren Staatsverwaltung erlassen.

Auch die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) haben ein zentrales Regelwerk: Die DGUV Vorschrift 1.

Für unsere Frage ist auch diese DGUV Vorschrift 1 der Einstieg in unsere Antwort: Denn dort wird in § 1 geregelt, dass die Unfallverhütungsvorschriften für „Unternehmer“ und für „Versicherte“ gelten.

Wer ist Unternehmer?

Unternehmer beschäftigen nicht automatisch Arbeitnehmer, aber nicht jeder Arbeitgeber hat ein Unternehmen. In der arbeitsschutzrechtlichen Gesetzessprache gibt es den Arbeitgeber, in den Unfallverhütungsvorschriften den Unternehmer. Der Unterschied spielt dann keine Rolle mehr, wenn der Unternehmer mindestens 1 Beschäftigten hat.

Wer ist Versicherter?

„Versicherte“ sind nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Einzelunternehmer bzw. Selbständige, die sich freiwillig bei der für Ihren Beruf zuständigen Berufsgenossenschaft versichern lassen. In der Veranstaltungsbranche ist das oft die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Die Rechtsfolgen:

  • Dann gelten auch für sie die Unfallverhütungsvorschriften, jedenfalls soweit sie gemäß Anwendungsbereich auch für „Versicherte“ gelten.
  • Außerdem: Über § 2 Absatz 1 Satz 3 DGUV Vorschrift 1 gelten für sie auch die staatlichen Arbeitsschutzregelungen (z.B. das Arbeitszeitgesetz).

Grundsatz:

Wer also als Selbständiger Mitglied bei der Berufsgenossenschaft ist, der fällt auch in den Geltungsbereich der Unfallverhütungsvorschriften und staatlichen Arbeitsschutzvorschriften!

Ausnahme:

Ausgenommen ist also grundsätzlich (nur) der Selbständige, der sich nicht freiwillig unfallversichert hat.

Gegenausnahme:

Aber, auch hier gibt es Ausnahmen: Denn es gibt Unfallverhütungsvorschriften, die ihrerseits ausdrücklich ihren Geltungsbereich erweitern. Das ist bspw. in der DGUV Vorschrift 38 „Bauarbeiten“ der Fall.

Dort heißt es in § 1 Absatz 2 explizit, dass diese Unfallverhütungsvorschrift nicht nur für Unternehmer und Versicherte gilt, sondern auch für „Solo-Selbstständige (Unternehmer ohne Beschäftigte)“.

D.h. im Geltungsbereich der DGUV Vorschrift 38, also bei „Bauarbeiten“ haben sich auch Solo-Selbständige, die nicht versichert sind, an die Vorschriften für Bauarbeiten zu halten.

Diese Regelung ist angelehnt an die Regelung in § 6 Baustellenverordnung: „Zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten haben auch die auf einer Baustelle tätigen Unternehmer ohne Beschäftigte die bei den Arbeiten anzuwendenden Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten.“

Hintergrund dieser Regelung soll sein, dass Beschäftigte oftmals nicht erkennen könnten, wer auf der Baustelle auf eigenes Risiko sich nicht an Arbeitsschutzvorschriften hält; daher sollen sich alle daran halten.