Mihajlo Maricic (Getty Images)

Terrorabwehr
bei Veranstaltungen

(z.B. Zufahrtsschutz, LKW-Sperren, ZVÜ)

und die Rechtsfragen

Angriffe mit terroristischem Hintergrund können bei Veranstaltungen leider nicht ausgeblendet werden, auch wenn sie glücklicherweise nicht oft passieren. In jüngster Zeit zählen dazu die Absage des Länderspieles Deutschland gegen die Niederlande am 17.11.2015 in Hannover aufgrund eines Anschlagverdachts, der Sprengstoffanschlag am 25.07.2016 in Ansbach, sowie der Terroranschlag mittels eines LKW auf dem Breitscheidplatz in Berlin am 19.12.2016.

Dabei stellt sich die Frage, wer für was in welchem Umfang verantwortlich ist und welche Mechanismen bzw. Regelwerke es zur Terrorabwehr gibt.

1. Zuverlässigkeitsprüfung nach § 34a GewO

§ 34a Gewerbeordnung sieht eine Überprüfung der Zuverlässigkeit einerseits des Inhabers der Sicherheitsfirma, andererseits des eingesetzten Bewachungspersonals vor. Das Sicherheitsunternehmen darf mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen („Wachpersonen“) beschäftigen, die

  • die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen und
  • durch eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer nachweisen, dass sie über die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen rechtlichen und fachlichen Grundlagen unterrichtet worden sind und mit ihnen vertraut sind.

Für die Durchführung folgender Tätigkeiten ist zusätzlich der Nachweis einer vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung erforderlich:

  • Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr,
  • Bewachungen im Einlassbereich von gastgewerblichen Diskotheken, oder
  • Bewachungen von zugangsgeschützten Großveranstaltungen in leitender Funktion.

Ein häufiges Diskussionsthema ist dabei die Frage, welche Tätigkeit auf einer Veranstaltung eine Bewachung ist (dann greift § 34a GewO), und welche nicht. Siehe dazu auf unserer Themenseite Security & Sanitäter den Reiter „Wann liegt (k)eine Bewachungstätigkeit i.S.d. § 34a GewO vor?“.

So heißt es in der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 34a GewO mit Blick auf das Thema Terror:

„Zu zugangsgeschützten Großveranstaltungen verweist der Gesetzentwurf beispielhaft auf die Anschläge in Paris am 13. November 2015, die belegten, dass derartige weiche Ziele mit hohem, medienwirksamen Schädigungspotenzial drohenden terroristischen Anschlagsszenarien entsprächen. Bei solchen zugangsgeschützten Großveranstaltungen wird die durch das Bewachungspersonal sichergestellte Zugangssicherungsfunktion als konstitutiv für das Gesamtschutzkonzept der Veranstaltung angesehen, die besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit des eingesetzten Personal stellten. Gerade weil das Gefährdungspotential in den genannten sensiblen Bewachungsbereichen durch den Einsatz von nicht zuverlässigen Wachpersonen als sehr hoch angesehen wird, müssen zwingend etwaige Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde über radikale, islamistische oder sonstige extremistische Bestrebungen in die Zuverlässigkeitsprüfung dieser Wachpersonen einbezogen werden. (…)“

2. Zuverlässigkeitsüberprüfung nach Polizeirecht

In den Polizeigesetzen der Bundesländer finden sich darüber hinaus Regelungen für eine Zuverlässigkeitsüberprüfung von Mitarbeitern bei Großveranstaltungen: Wer in bestimmten Bereichen einer Veranstaltung arbeiten will, muss über den Veranstalter seine Daten an die Polizei übermitteln. Beispiele:

Man kann sich denken, dass es hierzu erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken gibt. So hatte auch das Verwaltungsgericht Koblenz für ein Musikfestival entschieden, dass diese Überprüfung nicht einfach so auf alle Mitarbeiter des Festivals erstreckt werden dürfe – auch nicht auf Sicherheitsdienstmitarbeiter, die bereits über § 34a GewO überprüft wurden.

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Hier muss aufgepasst werden: Im Regelfall ist für solch eine Überprüfung die Einwilligung des betroffenen Mitarbeiters notwendig. Nun ist aber so, dass nicht jeder Mitarbeiter gerne einwilligt; was also tun, wenn Mitarbeiter diese Einwilligung verweigern? Die polizeirechtliche Lösung ist, dass diese Mitarbeiter dann nicht in die im Vorfeld definierten Sicherheitsbereiche der Veranstaltung dürfen. Vertragsrechtlich aber ist das Unternehmen verpflichtet, Leistungen (ggf. dort) zu erbringen. Die Einwilligung muss aber datenschutzrechtlich freiwillig sein… d.h., es gilt Polizeirecht, Datenschutzrecht und Vertragsrecht unter einen Hut zu bringen. Je nach den Umständen kann man im Vertrag bereits vereinbaren, dass solcherlei Prüfungen anstehen (könnten) und der Auftragnehmer weiß, dass er Personal braucht, die hierin einwilligen werden.

3. Zufahrtsschutz / LKW-Sperren

Spätestens nach dem islamistischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz in Berlin am 19.12.2016 mit 13 Toten werden Zufahrtsschutzmaßnahmen gegen Veranstaltungen diskutiert. Der Zufahrtschutz dient der Abwehr von sog. Überfahrtaten oder dem Schutz vor einem fahrlässig herbeigeführten Unfallgeschehen, das vielfältige Ursachen haben kann (z.B. nicht angepasste Geschwindigkeit, medizinischer Notfall).

An dieser Stelle möchte ich nicht vertiefen, wie ein Zufahrtsschutz errichtet werden muss, damit er einerseits maximal effektiv ist, aber andererseits auch Fluchtwege oder anfahrende Rettungskräfte nicht blockiert.

Aber es stellt sich die rechtliche Frage, wer für solche Maßnahmen verantwortlich ist: Kann ein Ordnungsamt oder die Polizei von einem Veranstalter verlangen, dass dieser auch Zufahrtsschutzmaßnahmen errichtet?

Berliner Gerichte hatten dazu bereits einmal entschieden, dass das nicht Aufgabe des Veranstalters sei: Die Besonderheit bestand in den entschiedenen Fällen darin, dass der (Weihnachtsmarkt-)Veranstalter viele Monate im Voraus seine Veranstaltung angemeldet hatte und nach Ansicht des Verwaltungsgerichts somit ausreichend Vorlaufzeit für die Polizei bestanden hatte, selbst Maßnahme zu ergreifen.

Pauschal sagt man oft, dass Terrorabwehr Aufgabe des Staates sei. Das ist auch so, solange es keine Rechtsgrundlage dafür gibt, den Veranstalter zu Abwehrmaßnahmen zu verpflichten.

Ermächtigungsgrundlage für Heranziehung privater Dritter

Eine (zumeist allenfalls) abstrakte Gefahr von Terroranschlägen dürfte regelmäßig nicht ausreichend sein. Vielmehr ist deren Abwehr grundsätzlich Aufgabe des Staates, so hatte dies das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Die Heranziehung privater Dritter (den Veranstalter) hierzu erfordert eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage. Manche Bundesländer haben durchaus einigermaßen konkrete Bestimmungen in ihren Polizeigesetzen verankert; dennoch bleibt die Frage, ob diese ausreichende Rechtsgrundlagen sind.

In Bayern heißt es dazu in Art. 19 Absatz 5 LStVG:

„Die Gemeinden (…) können zum Schutz der in Absatz 4 Satz 1 bezeichneten Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen und sonstiger Vergnügungen treffen.“

In Hamburg besagt § 31 Absatz 11 SOG:

„Die zuständige Behörde kann im öffentlichen Interesse, insbesondere wenn dies zum Schutz der Veranstaltungsteilnehmer vor Gefahren für Leben oder Gesundheit oder sonst zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist, die Genehmigung (…) mit Nebenbestimmungen versehen (…) und auch nach Erteilung einer Genehmigung Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten treffen.“

In Rheinland-Pfalz heißt es dazu in § 26 Absatz 7 POG:

„Die zuständige Behörde kann zur Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung (…) Anordnungen treffen, soweit dies zur Verhütung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere zum Schutz der Veranstaltungsteilnehmenden vor Gefahren für Leben oder Gesundheit, erforderlich ist (Gefahrenvorsorge).“

In Thüringen besagt § 42 Absatz 5 OBG:

„Die Gemeinden (…) können im Einzelfall zur Gefahrenabwehr Anordnungen zur Veranstaltung öffentlicher und sonstiger Vergnügungen treffen.“

Sind das ausreichend bestimmte Rechtsgrundlagen, vom Veranstalter Zufahrtsschutzmaßnahmen einzufordern? In den Auslegungshinweisen zu § 26 POG Rheinland-Pfalz wird dazu ausgeführt:

Zum „ob“ des Zufahrtsschutzes:

„In aller Regel werden im Vorfeld einer Veranstaltung keine konkreten Hinweise auf eine mögliche Überfahrtat vorliegen. Überfahrtaten stellen daher nur ein theoretisch denkbares Risiko mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit dar.

Damit stellt sich die Frage, ob überhaupt und wenn ja, wie Veranstaltungen vor Überfahrtaten geschützt werden sollten. Die denkbare, aber fernliegende Möglichkeit einer Überfahrtat oder eines Unfallgeschehens besteht grundsätzlich bei jeder Veranstaltung unabhängig von ihrer Größe. Auch kleine Veranstaltungen mit wenigen hundert Personen können theoretisch Ziel einer Überfahrtat sein. Angesichts der sehr geringen Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses ist hier jedoch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von besonderer Bedeutung. Es ist weder möglich noch erforderlich, jede Veranstaltung vor Überfahrtaten oder einem Unfallgeschehen umfassend zu schützen. Gerade Umzugsstrecken mit einer Vielzahl von Zuwegungen und damit verbundenen potentiellen Zufahrtsmöglichkeiten können mit verhältnismäßigen Mitteln nicht annähernd vollständig geschützt werden. Das verbleibende Risiko ist dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen.

Aktuell wird davon ausgegangen, dass Großveranstaltungen aufgrund ihres hohen Besucheraufkommens und der daraus regelmäßig resultierenden überörtlichen Bedeutung grundsätzlich vor Zufahrten durch technische Sperren zu sichern sind.

Bei Veranstaltungen unterhalb der Schwelle zur Großveranstaltung hängen das Ob und Wie des Zufahrtschutzes von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Als maßgebliche Kriterien für die Bewertung im Einzelfall können insbesondere genannt werden: Größe der Veranstaltung und Personendichte, „Strahlkraft“ der Veranstaltung (z.B. überregionale Bedeutung, hohe mediale Aufmerksamkeit, Symbolkraft des Veranstaltungsorts oder -datums, Anwesenheit prominenter Persönlichkeiten), Gestaltung der Veranstaltungsörtlichkeit (breite Zufahrtstraßen mit geradem Streckenverlauf begünstigen Überfahrtaten, während enge Zufahrtstraßen mit kurvigem oder abknickendem Streckenverlauf hemmend wirken).“

Zum „wer“ des Zufahrtsschutzes:

„Fraglich ist, wer bei öffentlichen Veranstaltungen für die Abwehr von Gefahren durch sog. Hochgeschwindigkeitseinfahrten mittels Pkw oder Lkw zuständig ist. Grundsätzlich gilt, dass der Veranstalter für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortlich ist.

Die Verantwortlichkeit des Veranstalters erstreckt sich jedoch nur auf die Abwehr veranstaltungsbezogener bzw. veranstaltungstypischer Gefahren.

Hochgeschwindigkeitseinfahrten durch Terroristen oder psychisch kranke Personen stellen keine veranstaltungstypische Gefahr dar, da sie nicht in einem inneren Zusammenhang mit der Veranstaltung stehen.

Mit dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin ist davon auszugehen, dass es sich bei der Abwehr krimineller Gefahren um eine originär staatliche Aufgabe handelt, die sich als Kehrseite des staatlichen Gewaltmonopols aus der Schutzpflicht des Staates nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergibt.“

Allerdings wie schon gesagt: Das VG Berlin stellte damals darauf ab, dass der Veranstalter durch eine frühzeitige Anzeige seiner Veranstaltung dem Staat auch ausreichend Vorlaufzeit verschaffte, sich vorzubereiten.

Derzeit (Stand Juni 2024) ist ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig, in dem es um die Frage geht, ob das Kostengesetz des Bundeslandes Bremen eine Rechtsgrundlage dafür darstellt, dass Bremen der Deutschen Fußball-Liga die Kosten für den Polizeieinsatz bei Hochrisikospielen in Rechnung stellen darf. Möglicherweise lässt sich aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch eine Erkenntnis zum Thema Terrorabwehr gewinnen. Sobald das Urteil veröffentlicht wird, berichten wir natürlich darüber.

Fazit:

Man muss unterscheiden: Wer ist zuständig? Wer muss die Maßnahmen umsetzen? Wer muss sie bezahlen?

Die Fragen sind nicht höchstrichterlich geklärt. Oftmals verlangen Behörden vom Veranstalter solche Maßnahmen, und ein Veranstalter müsste dagegen gerichtlich vorgehen. Berater sollten vorsichtig sein, ihrem Kunden ohne entsprechende Aufklärung solche Maßnahmen anzuraten. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Kostentragung von Polizeikosten könnte ggf. Auswirkungen auf diese Fragen haben (wobei es in diesem Fall eine landesgesetzliche Kostentragungsregel gab/gibt).

Meine Meinung: Die Zuständigkeit für Maßnahmen gegen Terror liegt beim Staat. Ggf. ließe sich noch unterscheiden, ob sich der Terror explizit gegen diese eine konkrete Veranstaltung richtet, oder gegen unsere gesellschaftliche Freiheit. Nur mit einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage könnte das Land einen Veranstalter zur Vornahme solcher Maßnahmen und/oder zur Kostentragung verpflichten. Aber eine solche Ermächtigungsgrundlage dürfte sicherlich nicht zu pauschal ausfallen, sondern müsste sich wohl auf bestimmte Veranstaltungen und Maßnahmen beschränken; hinzu kommt die Frage, ob zwischen Veranstaltern unterschieden werden muss, die durch die Veranstaltung hohe Gewinne einfahren und solchen, die weniger kommerziell agieren. Hier wird die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts womöglich Licht ins Dunkle bringen.

4. Videoüberwachung

Der Einlassbereich darf nicht „einfach so“ kameraüberwacht werden; man kann es sich denken, hier spielt der Datenschutz eine wichtige Rolle. Öffentliche Stellen wie die Polizei haben sich dabei insbesondere an § 4 BDSG zu orientieren, privatwirtschaftliche Veranstalter müssen die etwas strengeren Voraussetzungen der DSGVO erfüllen.

Das heißt, dass der Veranstalter einen konkreten Zweck der Überwachung und eine dazu passende Rechtsgrundlage benötigt – da vermutlich ein Krawallmacher nicht in die Kameraüberwachung einwilligen wird (ein Schild, man willige ein, weil man das Veranstaltungsgelände betrete, reicht nicht aus!), kommt eigentlich nur das sog. berechtigte Interesse in Betracht. In Abwägung auch der Interessen der betroffenen Besucher und Dritter ist ggf. dafür zu sorgen, dass

  • nicht die gesamte Fläche gefilmt wird
  • nicht aufgezeichnet wird, und wenn, dann nicht unnötig lange gespeichert wird
  • Personen nur verpixelt gezeigt werden bzw. die Einstellungen auf unscharf gestellt werden, wenn es bspw. nur um Personenströme geht und nicht um die Erkennbarkeit von Einzelpersonen
  • nicht Jedermann die Aufzeichnungen bzw. Aufnahmen sehen kann

Siehe dazu auch meine Beiträge:

5. Sicherheitskonzept

Siehe dazu ausführlich unsere eigene Kategorie Sicherheitskonzept.

6. Rucksackverbote

Juristisch einfach ist ein Rucksackverbot: Der Hausrechtsinhaber kann entscheiden, ob Besucher Rucksäcke oder Taschen usw. mit auf das Gelände bringen dürfen. In einer Hausordnung sollte allerdings möglichst präzise geregelt werden, welche Größe bzw. welche Inhalte erlaubt sind, und welche nicht.

7. Personenkontrollen

Das gilt auch für Personenkontrollen: Grundsätzlich steht es dem Hausrechtsinhaber frei, bspw. Bodychecks durchzuführen. Auch solche Maßnahmen können abschreckend wirken.

Rechtsberatung: Online oder telefonisch

Rechtsberatung vom Fachmann: Rechtsanwalt Thomas Waetke berät Veranstalter, Agenturen, technische Gewerke, Konzeptersteller, Genehmigungsbehörden, Vermieter von Locations usw. zu allen Fragen aus dem Eventrecht.

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