Die Scheinselbständigkeit in der Veranstaltungsbranche treibt viele Verantwortliche um: Oftmals ist schwierig, einen wirklich freien Mitarbeiter sauber abzugrenzen vom Scheinselbständigen (= der in Wahrheit ein Arbeitnehmer ist, obwohl er frei sein wollte/sollte).
Fragenzeichen warfen auch „Mischverhältnisse“ auf, also Vertragsverhältnisse, bei denen manche Leistungen als scheinselbständig, andere Leistungen als frei bewertet wurden.
Dazu hat sich nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen geäußert: Eine Person kann gegenüber demselben Auftraggeber sowohl scheinselbständig (also angestellt) als auch frei sein.
Zwar erging das Urteil zu Tätigkeiten eines Hörfunkreporters, aber die im Urteil aufgestellten Grundsätze kann man unschwer auch in unsere Branche übertragen: Besagter Hörfunkreporter hatte einerseits Leistungen erbracht, bei denen er zu mehr oder weniger festgelegten Zeiten zu festen Honorarsätzen tätig war, andererseits hatte er aber auch Aufträge angenommen, bei denen er tatsächlich jegliche Freiheiten auch in zeitlicher Hinsicht hatte.
Differenzierung möglich bzw. nötig
Das Landessozialgericht hatte dann auch hier die Grenze gezogen:
- Tätigkeiten, die der Hörfunkreporter zu festen Zeiten und mit festen Honorarsätzen erledigt hatte, ordnete das Gericht einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zu.
- Auf der anderen Seite blieb derselbe Hörfunkreporter im gewollten freien Mitarbeiterstatus, wenn er Aufträge angenommen hatte, die er zeitlich und inhaltlich unabhängig bearbeiten konnte (es war nur ein Abgabetermin vereinbart), die er auch gesondert vergütet bekommen hatte.
Es ist also zwischen den unterschiedlichen Tätigkeiten eines (freien?) Mitarbeiters zu differenzieren, wenn er für denselben Auftraggeber in mehreren zusammenhängenden Leistungsbereichen tätig wird, von denen der eine als selbständig und der andere als abhängig zu beurteilen ist. Dabei ist auf den jeweiligen (Einzel-)Auftrag abzustellen.
Hier werden sicherlich einige Auftraggeber ihre eigenen Freien wieder erkennen; es gilt weiterhin, sauber zu hinterfragen, ob der Freie wirklich frei ist. Mit dem Urteil eröffnet sich die Möglichkeit, nach Leistungen zu differenzieren. Das Landessozialgericht hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Das Bundessozialgericht wird nun also diese wichtige Frage abschließend entscheiden. Sobald dazu das Urteil vorliegt, berichten wir natürlich wieder.