Beauftragt ein Auftraggeber einen Freien Mitarbeiter, geht damit oftmals das Risiko einer Scheinselbständigkeit einher. Es gibt dazu keinen festen Kriterienkatalog, der erfüllt sein müsste: Es kommt vielmehr auf die sog. Gesamtschau an. D.h. es werden alle Tatsachen und Umstände bewertet, so dass durchaus Kriterien für eine Scheinselbständigkeit sprechen können – solange ausreichend andere Kriterien dagegen sprechen.
Eines dieser Kriterien bzw. Indizien ist das Betriebs- bzw. Unternehmerrisiko: Ein wahrlich Freier Mitarbeiter trägt (s)ein Risiko. Fehlt es daran, kann dies ein Indiz für die Scheinselbständigkeit sein. Dieses Betriebsrisiko schauen wir nun etwas genauer an – und wir empfehlen Veranstaltern, Agenturen und den Gewerken nachdrücklich, dies auch zu tun, wenn sie Freie Mitarbeiter beauftragen.
Allgemeiner Grundsatz:
- Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird. D.h., der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel muss ungewiss sein.
- Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, ergibt sich kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Aufträge.
Einsatz von Material:
- Wenn nun ein Veranstaltungstechniker einen Schraubenzieher oder einen PKW als Betriebsmittel einsetzt, um damit auf einer Veranstaltung zu arbeiten oder dorthin fahren zu können, so liegt darin oftmals kein relevantes Wagniskapital, da ein Großteil der Bevölkerung auch über einen Schraubenzieher und ein Auto verfügen. Würde der Techniker aber umfangreiches Material beschaffen und einen LKW, so hebt er sich damit wieder ab und man könnte Wagniskapital bejahen.
Einsatz von Arbeitskraft:
- Außerdem muss der Freie Mitarbeiter auch seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzen. Wer aber für jede geleistete Zeiteinheit auch bezahlt wird, hat kein solches Risiko.
- Ein Risiko kann aber bestehen, wenn die Leistung mit einer Pauschale vergütet wird: Denn dann hat es der Freie Mitarbeiter durch schnelleres Arbeiten in der Hand, ggf. mehr Gewinn zu erwirtschaften; oder er hat das Risiko, dass sich die Arbeit doch etwas komplizierter herausstellt und er länger braucht und damit seine Marge verringert.
- Das Risiko, mangels Auftragserteilung nicht wie gewünscht arbeiten bzw. verdienen zu können, stellt kein Unternehmerrisiko dar (weil man dies mit dem Risiko eines Arbeitnehmers vergleichen kann, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird).
- Zum Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen.
Wie gesagt: Es gibt leider keine Blaupause, auch nicht für das Unternehmerrisiko. Details können ausschlaggebend sein, und man sollte nicht der Versuchung erliegen, sich einen Sachverhalt solange schön zu reden, bis es vermeintlich passt. Zur Vermeidung einer Scheinselbständigkeit kann man einen Sachverhalt aktiv gestalten – schönreden hilft aber nicht.