„Schuster bleib´ bei deinen Leisten“ – ein Motto, das man als Dienstleister manchmal vergisst. Und schon so manche Mandanten sind böse darüber gestolpert. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz veranlasst mich, nochmal auf das Problem aufmerksam zu machen. Oft genug haben Dienstleister bspw. Verträge ihres Kunden „geprüft“ oder gar Klauseln vorformuliert – und sich später gewundert, wenn der Kunde einen Schaden erlitten hat und plötzlich mit Schadenersatzforderungen vor der Tür stand.
Erfahrungsgemäß kann ich dabei zwei Ursachen für das Problem ausmachen:
- Man weiß nicht, dass man gerade seine Grenzen überschreitet.
- Man glaubt, das notwendige fremde Fachwissen zu haben.
Ich bin Anwalt und schreibe hier über juristische Themen, daher geht es mir jetzt hier um die Abgrenzung von erlaubter zu unerlaubter Rechtsdienstleistung durch Nicht-Juristen.
Rechtsdienstleistung
Fangen wir theoretisch an: Was ist eine Rechtsdienstleistung?
„Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Die Tätigkeit muss sich auf eine wesentliche und sachverhaltsbezogene, nicht lediglich fingierte bzw. abstrakte Rechtssache einer bestimmten anderen Rat suchenden Person beziehen.
Eine Rechtsdienstleistung liegt bereits dann vor, wenn in einer unklaren Vertragssituation zur Ausübung eines konkreten Gestaltungsrechts geraten wird. Dies gilt erst recht dann, wenn die entsprechende Gestaltungserklärung vom Architekten noch vorformuliert wird und deren Rechtswirksamkeit gegenüber dem Erklärungsempfänger bestätigt wird, wie es im vorliegenden Fall war.“
Wann ist diese Rechtsdienstleistung erlaubt?
„Rechtsdienstleistungen sind im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit (nämlich dem eigentlichen Auftrag) erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Dabei ist anzuerkennen, dass bestimmte spezialisierte Leistungen in vielfacher Hinsicht Berührungen zu Rechtsdienstleistungen haben und deshalb zugunsten des Spezialisten ein großzügiger Maßstab bei der Bestimmung noch zulässiger Rechtsdienstleistungen anzulegen ist.“
Das ist/war eine abstrakte Definition. Zugegeben, so richtig viel schlauer als vorher ist man jetzt vermutlich nicht.
Kürzlich bspw. hat aber das Oberlandesgerichts Koblenz entschieden, dass ein Architekt für einen Kunden nicht dessen Bauvertrag kündigen bzw. das Kündigungsschreiben vorformulieren dürfe:
„… die Grenzen der erlaubten Nebentätigkeit werden jedenfalls dann verlassen, wenn der Architekt in Bezug auf die Geltendmachung konkreter Sekundärrechte im Außenverhältnis tätig wird. Hierbei handelt es sich in der Regel um komplexe Rechtsdienstleistungen, die häufig ein erhebliches Risikopotential für den Auftraggeber haben und damit den Angehörigen der rechtsberatenden Berufe vorbehalten sind.“
Für kritisch halte ich auch die vielfach geübte Praxis, dass Berater oder Agenturen bspw. den Mietvertrag mit der Location prüfen – jedenfalls wenn es um rechtliche Stolperstellen geht. Es ist ungefährlich, wenn der Berater bzw. die Agentur den Vertrag darauf hin überprüft, dass alle mündlichen Absprachen im Vertrag berücksichtigt sind, also wenn es um eine eher inhaltlich Prüfung geht.
Wenn aber dann dem Kunden erklärt wird, dass bestimmte Klauseln für in Ordnung oder fraglich gehalten werden, wird es gefährlich. Natürlich kommt es auf die Kommunikation an: Ist es nur ein gefälligkeitshalber erteilter Ratschlag, dass man bspw. gehört habe, dass eine Klausel XY gefährlich sein könne und man empfehle, das genauer prüfen zu lassen, ist nichts daran auszusetzen.
Aber der Kunde sollte nicht glauben dürfen, als Berater bzw. Agentur habe man den Vertrag geprüft, und er können nun vom Kunden so unterschrieben werden.
Vorsicht
- Eine unerlaubte Rechtsdienstleistung führt dazu, dass zugrundeliegende Vereinbarungen nichtig sind – d.h. der rechtswidrig Beratende hat keinen Anspruch auf Zahlung dieser Beratungsleistung.
- Eine unerlaubte Rechtsdienstleistung führt übrigens in den allermeisten Fällen auch zum Verlust des Versicherungsschutzes! D.h. man meint, dem Kunden etwas Gutes zu tun… richtet man einen Schaden an, würde dieser nicht von der eigenen Haftpflichtversicherung ersetzt werden!