Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass man nicht mehr verantwortlich sei, nur weil man eine Aufgabe an einen Dienstleister delegiert habe. Vielmehr geht mit der Delegation der Aufgabe immer auch eine Kontroll- und Überwachungspflicht einher: Wer delegiert, muss kontrollieren. Und zwar, ob die beauftragte Person (z.B. Arbeitnehmer, Kollege oder Vertragspartner) die beauftragte Aufgabe auch tatsächlich ordentlich umsetzt.

Bei Veranstaltungen finden sich dazu eine Vielzahl von Beispielen, u.a.

  • Der Veranstalter mietet eine Location: Er kann sich nicht blind darauf verlassen, dass die Location ihrerseits alle baulich notwendigen Verkehrssicherungspflichten umsetzt.
  • Die Technikfirma beauftragt einen Subunternehmer.
  • Der Locationbetreiber beauftragt einen Winterdienst.
  • Die Eventagentur beauftragt einen Streamingdienstleister.
  • Der Geschäftsführer des Sicherheitsdienstes betraut seinen Auszubildenden mit einer Aufgabe.

Wichtig sind dabei 2 Schritte:

  1. Der Auftraggeber darf nicht einfach nur den nächst Besten nehmen, der herumsteht und als letztes weglaufen wollte. Er muss vielmehr jemanden aussuchen, der grundsätzlich geeignet ist, die Aufgabe ordnungsgemäß auszuführen.
  2. Der Auftraggeber muss trotz (oder gerade wegen) der Beauftragung prüfen, ob der Beauftragte die Aufgabe ordnungsgemäß ausführt. Je risikobehafteter die Aufgabe ist, desto intensiver muss kontrolliert werden. Je weniger der Auftraggeber den Beauftragten kennt, desto intensiver muss er ihn kontrollieren.

Und: Der Auftraggeber darf sich nicht ausruhen. Stellt er bspw. fest, dass der Beauftragte nichts macht, muss er die Aufgabe doch wieder selbst übernehmen. Bleiben wir bei dem Beispiel, in dem der Locationbetreiber einen externen Winterdienst für das Räumen und Streuen rund um die Veranstaltungsstätte und auf den Parkplätzen beauftragt. Wenn nun trotz Schneefall der beauftragte Winterdienst nicht erscheint, muss der Betreiber eben selbst ran. Er muss das nicht bei der ersten Schneeflocke tun. Es gibt allerdings eine unsichtbare Zeitgrenze: Je länger er wartet und hofft, dass der Winterdienst doch noch kommt, desto höher das Risiko – nicht, dass ein Besucher ausrutscht, sondern dass er sich dem Vorwurf aussetzt, ein früheres Tätigwerden wäre notwendig und zumutbar gewesen.

Ein Besucher, der mit dem Auto auf den Parkplatz fährt, und sieht, dass (noch) nicht geräumt und gestreut ist, muss sich sowohl mit dem Auto als auch zu Fuß vorsichtig bewegen. Er erkennt ja die Gefahrensituation, und kann sich durch vorsichtiges Verhalten darauf einstellen. Gerade dann, wenn es erst kurzfristig angefangen hatte zu schneien oder zu gefrieren, darf er nicht damit rechnen, dass der Winterdienst sofort zur Stelle ist. Aber wie gesagt, einzelfallabhängig gibt es eine unsichtbare Zeitgrenze, ab der der Locationbetreiber dann doch mit in die Verantwortung rutscht (im wahrsten Sinne des Wortes).

Zwei Empfehlungen:

  1. Der Auftraggeber sollte dokumentieren, wie er seinen Beauftragten ausgewählt hat, und auch, wie er ihn in der Folge überwacht hat.
    Der Auftraggeber, in unserem Beispiel der Locationbetreiber, sollte übrigens sein Bemühen dokumentieren, seinen Dienstleister zu erreichen (also nachzufragen, ob und wann er denn käme). Denn sonst könnte der Winterdienst ja behaupten, er wäre eh gleich gekommen, d.h. der Auftraggeber hätte selbst gar nicht tätig werden müssen.
  2. Nur dann, wenn der Auftraggeber diese zwei genannten Schritte beherzigt, hat er überhaupt die Möglichkeit, nicht für jeden Fehler seines Dienstleisters, Mitarbeiters oder Auftragnehmers (mit-)verantwortlich zu sein.

Übrigens: Im Baurecht gibt es bekanntlich im Rahmen der Versammlungsstättenverordnung die Besonderheit, dass der Betreiber zwar Betreiberpflichten auf den externen Veranstalter delegieren kann, er bleibt aber trotzdem weiterhin voll verantwortlich (§ 38 Absatz 5 Satz 2 MVStättVO) – und zwar auch dann, wenn er kontrolliert. Der Betreiber einer Versammlungsstätte kann zwar Verkehrssicherungspflichten wie das Räumen und Streuen, aber nicht seine Betreiberpflichten (§§ 38 ff. MVStättVO) „weg“ delegieren.