Ein Vertragspartner hat seinem anderen Vertragspartner eine relevante E-Mail geschickt. Zurück kam allerdings eine Nachricht, dass die Empfänger-Mail-Adresse nicht mehr genutzt würde.
Es kam zum Streit darüber, ob der Inhalt der fraglichen Mail seine rechtliche Wirkung entfaltet. Nunmehr hat das Amtsgericht Hanau entschieden:
Zunächst stellte das Gericht konsequenterweise fest, dass die abgesendete E-Mail wirksam dem anderen Vertragspartner zugegangen war. Dass dieser seinen Mailaccount nicht mehr nutzt, wusste der Absender nicht bzw. erst, nachdem seine zugegangene Mail den Autoresponder auslöste. Der Autoresponder aber, der auf den aufgegebenen Mailaccount hingewiesen hatte, war zu spät und konnte der zuvor erfolgten Zugang nicht mehr zunichte machen.
Soweit hatte also der Absender erstmal Recht, dann kam allerdings das „aber“:
Das Gericht kam dann zu der Feststellung, dass der Absender in diesem konkreten Fall nicht tatenlos bleiben durfte:
Es hätte nämlich dem Absender aufgrund seiner vertraglichen Nebenpflichten oblegen, seine (durchaus wichtige E-Mail) auf anderem Weg abzusenden. Denn die Tatenlosigkeit des Absenders hat das Gericht in diesem Fall als treuwidrig (siehe § 242 BGB) eingestuft, da es zwischen den Vertragspartnern entsprechende Rücksichtnahmepflichten erkannte.
Wann bestehen solche Rücksichtnahmepflichten?
Alleine durch einen Vertragsschluss (bzw. bereits durch die Anbahnung des Vertrages) entstehen gesetzliche Pflichten der Partner zueinander (siehe § 241 BGB). Diese können je nach Einzelfall mehr oder weniger intensiv ausgestaltet sein: Dies kann abhängen bspw. von der Bedeutung des Vertrages (bzw. der zustellenden E-Mail) ebenso, wie von der Erwartungshaltung des Empfängers.
Beispiele:
- Die abgesendete E-Mail enthält wichtige Informationen für den Empfänger.
- Im Autoresponder ist eine Alternativ-Adresse hinterlegt, so dass ein neuer Versand unschwer möglich und zumutbar ist.
- Der Absender verfügt noch/bereits über weitere E-Mail-Adressen des Empfängers.
- Der Empfänger musste mit dem Erhalt der Mail nicht rechnen (weil bisher über andere Kanäle kommuniziert wurde oder lange Zeit nicht mehr diese Adresse genutzt wurde).
Das heißt: Auch wenn man sich über den Empfänger ärgert, sollte man bei einem solchen Autoresponder, der über die Nichtnutzung des Accounts informiert, nicht untätig bleiben. Je relevanter der Inhalt der Mail ist (bspw. weil eine Frist läuft), sollte das Bemühen der „Ersatzzustellung“ dokumentiert werden – denn in dem vom Amtsgericht Hanau entschiedenen Fall hatte der Absender doppelt Pech: Er hatte die Mail zumindest noch per Post geschickt – konnte den Zugang des Briefes beim Empfänger aber nicht nachweisen…