Vermieter von Versammlungsstätten stehen oft vor der Frage, ob sie ihre Location an politische Parteien oder Gruppierungen vermieten müssen.

Handelt es sich bei dem Vermieter um eine rein privatrechtliche Organisation, die von keinen gemeindepolitischen Zwängen abhängig ist, ist das unproblematisch: Der Vermieter kann frei entscheiden, an wen er vermietet. Insoweit würde der Vermieter einen interessierten Veranstalter nicht diskriminieren, wenn er diesem aufgrund seiner politischen Einstellung die Vermietung verweigert.

Anders ist das bei Locations, die von einer Gemeinde betrieben werden – oder auch von Betreibergesellschaften die einer Gemeinde unterliegen: Nämlich dann, wenn die Gemeinde die Location nicht selbst betreibt, sondern von einer von ihr begründeten und/oder beherrschten selbstständigen juristischen Person des Privatrechts (AG, GmbH) betreiben lässt.

In diesem Fall gilt die sog. Zwei-Stufen-Theorie:

Bei der Benutzung von Einrichtungen der Gemeinde, die dem wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Wohl ihrer Einwohner dienen (öffentliche Einrichtungen), ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen

  • dem Anspruch auf Zugang zu der Einrichtung einerseits, der regelmäßig nach Verwaltungsrecht zu beurteilen ist, und
  • den Modalitäten der Benutzung andererseits, die auch privatrechtlich ausgestaltet sein können.

Der Zugang zur Einrichtung wird demnach von den Verwaltungsgerichten entschieden, die Wirksamkeit mietrechtlicher Modalitäten vor den Zivilgerichten.

Stellt die Gemeinde ihre kommunalen Einrichtungen, insbesondere ihre Hallen und Säle, auch den politischen Parteien zur Verfügung, so ist sie nach Artikel 21 Abs. 1 und Artikel 3 Grundgesetz verpflichtet, alle Parteien gleich zu behandeln.

Der Schutz des Grundsatzes der Chancengleichheit steht einer Partei zu, solange nicht ihre Verfassungswidrigkeit vom Bundesverfassungsgericht nach Artikel 21 Absatz 2 GG festgestellt worden ist.

Und hier findet sich nun ein Problem mit der NPD. Vor wenigen Tagen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die NPD zwar verfassungsfeindlich sei, aber für eine Parteiauflösung dann doch zu unbedeutend wäre.

Das bedeutet: Einerseits hat das höchste deutsche Gericht die Verfassungsfeindlichkeit der NPD festgestellt, andererseits aber hat es die NPD als Partei nicht verboten.

Würde nun eine Gemeinde oder ein von einer Gemeinde beherrschter Vermieter die Mietanfrage der NPD ablehnen wollen, steht er vor einem Dilemma: Der Vermieter selbst soll nicht quasi aus eigener Zuständigkeit die Verfassungswidrigkeit der Partei selbst beurteilen dürfen; solange die Partei nicht gemäß Artikel 21 Absatz 2 GG verfassungswidrig ist, kann sie sich auf das Parteienprivileg berufen. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1975 entschieden, dass Parteien das Recht hätten, sich dem Bürger so darzustellen, wie es ihrem Selbstverständnis entspricht – solange die Verfassungswidrigkeit eben nicht vom Bundesverfassungsgericht festgestellt ist.

Das ist im Fall der NPD aber nicht geschehen – gleichwohl hat das Gericht aber deren Verfassungsfeindlichkeit festgestellt.

Es wird sicherlich einige Gerichte beschäftigen, ob ein gemeindlicher Vermieter allein aufgrund dieser festgestellten Verfassungsfeindlichkeit die Vermietung verweigern darf – oder ob dies dann auch ein Verstoß gegen das Parteienprivileg sein wird.

Update vom 22.05.2017:

Die Stadt Büdingen (Hessen) hatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht die Benutzungsordnung ihrer Stadthalle geändert und eine Regelung eingefügt, nach der die Überlassung an eine Partei, die erkennbar verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, nicht zulässig sein soll.

Diese Regelung hat das Verwaltungsgericht Gießen nun für unwirksam erklärt: Ein Ausschluss von der Hallennutzung wegen Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele sei rechtlich nicht zulässig, so lange nicht eine Partei deshalb nach Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz vom Bundesverfassungsgericht verboten oder ein Vereinigungsverbot nach Artikel 9 Absatz 2 GG ausgesprochen worden sei. Ein Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht sei aber nicht erfolgt, so das Verwaltungsgericht.

Da die Stadt auch nicht habe nachweisen können, dass für den von der NPD angefragten Mietzeitpunkt bereits eine ältere Mietanfrage vorliege, habe die NPD einen Anspruch auf Überlassung der Halle.