Die Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) ist in der Veranstaltungsbranche weit verbreitet – jedenfalls weiter, als viele glauben (wollen): Wenn ein Unternehmen sein Personal an ein anderes Unternehmen ausleiht, damit dieser über das Fremdpersonal vorübergehend (z.B. für eine Veranstaltung) wie sein eigenes Personal verfügen kann, dann liegt Arbeitnehmerüberlassung vor. Das verleihende Unternehmen (= der „Verleiher“) benötigt dazu eine Erlaubnis der Arbeitsagentur.
Das Vorliegen einer solchen Erlaubnis berechtigt den Verleiher somit, Arbeitnehmer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Dritten zur Arbeitsleistung zu überlassen. Der Leiharbeitnehmer kann in den Betrieb des Entleihers eingegliedert werden und dort nach dessen Weisungen Arbeitsleistungen erbringen, ohne dass zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen gilt.
Wie ist das zu sehen, wenn der verleihende Betrieb nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch den Geschäftsführer überlässt? Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht für eine „Selbstüberlassung“ des Geschäftsführers des Verleihbetriebs (der zugleich alleiniger Gesellschafter des Verleihbetriebs war) entschieden:
Auch wenn der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH nicht deren arbeitsrechtlichem Weisungsrecht untersteht, ist es ihm im Verhältnis zur GmbH aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich, sich selbst zur Erfüllung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zur weisungsgebundenen Arbeitsleistung dem Entleiher zu überlassen. Er kann mithin eigenständig darüber entscheiden, ob er die Verpflichtung aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag dadurch erfüllt, dass er einen Arbeitnehmer überlässt oder selbst für den Entleiher tätig wird.
Dies gilt freilich dann nicht, wenn er bereits im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag oder einer sonstigen Vereinbarung als die zur Arbeitsleistung zu überlassende Person von vornherein namentlich festgelegt und eine Auswahlentscheidung dadurch ausgeschlossen ist. Trifft der Gesellschafter-Geschäftsführer dagegen die ungebundene, autonome Entscheidung, selbst tätig zu werden, betrifft dies in der Regel allein seine Vertragsbeziehung zur Gesellschaft, ohne auf das durch den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vermittelte Rechtsverhältnis zum Entleiher auszustrahlen. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag behält seine Rechtswirksamkeit. Die Neubegründung eines weiteren Anstellungsverhältnisses bei dem Entleiher ist durch den Schutzzweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nicht veranlasst.
ERGÄNZUNG vom 09.05.2024:
Ähnliches hat das Bundessozialgericht mit Blick auf die Scheinselbständigkeit entschieden: Wenn ein Geschäftsführer im Kundenauftrag tätig ist, und dabei die Kriterien der Scheinselbständigkeit erfüllt, dann ist er scheinselbständig.