Arbeitnehmerüberlassung

Begriff aus dem Lexikon
Arbeitnehmerüberlassung

Die Begriffe “Leiharbeit” oder “Zeitarbeit” sind identisch mit der Arbeitnehmerüberlassung. Grundlage ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

Sie liegt vor, wenn Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen (Arbeitnehmerüberlassung). Arbeitnehmer werden dann zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen (§ 1 AÜG).

Beteiligte einer ANÜ

An einer ANÜ sind also beteiligt:

  • Der Verleiher – er ist der Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers, bezahlt an diesen das Gehalt usw. Um Arbeitnehmer an andere ausleihen zu dürfen, benötigt er eine Erlaubnis der Arbeitsagentur.
  • Der Entleiher – er hat mit dem Verleiher einen Überlassungsvertrag. Dieser Vertrag muss vor der Überlassung in Schriftform geschlossen werden! Bei ihm arbeitet dann der Leiharbeitnehmer, dem er auch Arbeitsschutz gewähren muss.
  • Der Leiharbeitnehmer – er ist gegenüber seinem Entleiher weisungsgebunden.

Die Überlassung darf nicht in das Baugewerbe erfolgen.

Und, sehr wichtig: Der Verleiher muss eine Erlaubnis der Arbeitsagentur haben, dass er verleihen darf (§ 1 AÜG). Fehlt diese Erlaubnis, ist der Überlassungsvertrag unwirksam (§ 9 Nr. 1 AÜG)! Die extreme Folge aus dieser Unwirksamkeit aufgrund fehlender Erlaubnis: Der Leiharbeitnehmer wird plötzlich zum neuen Mitarbeiters des Entleihers (§ 10 Abs. 1 AÜG). Daher hat also der Entleiher ein starkes Interesse daran, sich vor Abschluss des Überlassungsvertrages die Erlaubnis zeigen zu lassen.

Abgrenzung ANÜ – Werkvertrag

Die Arbeitnehmerüberlassung ist oft schwierig abzugrenzen von einem normalen Dienstvertrag bzw. Werkvertrag: Soll der Sicherheitsdienst für den Aufbau ein paar Helfer schicken – handelt es sich um einen normalen Dienstvertrag oder eine Überlassun? Maßgeblich ist hier u.a., ob die Helfer gegenüber dem Veranstalter weisungsgebunden sind (dann Überlassung) oder bspw. auch das Material vom Veranstalter nutzen (dann Überlassung) oder eigenes mitbringen (dann Dienstvertrag).

Warum ist die Unterscheidung so wichtig?

Achtung!
  • Ein Verstoß gegen Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist eine Ordnungswidrigkeit.
  • Ein Verstoß kann auch zu einem Übergang des Arbeitsverhältnisses vom Verleiher auf den Entleiher führen.
  • Handelt es sich um eine Überlassung, muss dem Leiharbeitnehmer auch durch den Entleiher (d.h. bspw. dem Veranstalter, der sich Personal ausleiht) Arbeitsschutz gewährt werden. Unterlassen von Arbeitsschutz ist seinerseits wieder eine Ordnungswidrigkeit, teilweise sogar eine Straftat!

Da die ANÜ bestimmte Voraussetzungen hat, die erfüllt werden müssen (z.B. Schriftform, Erlaubnis der Arbeitsagentur usw.) muss sie sorgfältig von einem normalen Dienstvertrag abgegrenzt werden. Wenn also der vom Sicherheitsunternehmen geschickte Helfer den Weisungen des Veranstalters unterliegt, spricht das für eine ANÜ. Wenn es dabei bleibt, dass er den Weisungen seines Einsatzleiters auch weiterhin unterliegt, dann spricht das für einen normalen Dienstvertrag zwischen Sicherheitsunternehmen und Veranstalter.

Voraussetzungen einer ANÜ

Hier die wichtigsten Anforderungen an eine wirksame ANÜ, wenn man nicht die unschönen Rechtsfolgen einer rechtswidrigen ANÜ erleben möchte:

Der Verleiher benötigt die Erlaubnis der Agentur für Arbeit, soweit nicht eine Ausnahme nach § 1a AÜG gegeben ist.

Die Erlaubnis oder ihre Verlängerung ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Verleiher

  • die für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere weil er die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, über die Arbeitsvermittlung, über die Anwerbung im Ausland oder über die Ausländerbeschäftigung, über die Überlassungshöchstdauer nach § 1 Absatz 1b AÜG, die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts oder die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält;
  • nach der Gestaltung seiner Betriebsorganisation nicht in der Lage ist, die üblichen Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen;
  • dem Leiharbeitnehmer die ihm nach § 8 AÜG zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts nicht gewährt.

Folge bei Fehlen der Erlaubnis:

Der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher, genauso auch der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, sind unwirksam (§ 9 Nr. 1 AÜG). Dann gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen (§ 10 Abs. 1 AÜG). Immerhin: Dieses übergegangene Arbeitsverhältnis gilt als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen war und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliegt.

Außerdem ist das Fehlen eine Ordnungswidrigkeit (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 AÜG).

Der Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher muss in Schriftform geschlossen werden (§ 12 Abs. 1 AÜG), d.h. per Fax oder E-Mail ist nicht ausreichend.

Folge bei fehlender Schriftform:

Der Überlassungsvertrag ist unwirksam. Der Verleiher kann dann vom Entleiher das vereinbarte Überlassungsentgelt nicht verlangen, der Entleiher kann umgekehrt vom Verleiher nicht die Überlassung der Mitarbeiter verlangen (bzw. kann auch keine Gewährleistung fordern, wenn die Überlassung schon begonnen hat).

Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen (§ 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG). Das ist die sog. Kennzeichnungspflicht.

Aufgrund der Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 5 AÜG “in ihrem Vertrag” gilt für diese Kennzeichnungspflicht auch die Schriftform, wie sie auch für den Überlassungsvertrag selbst gilt (siehe § 12 Abs. 1 AÜG).

Was ist der Zweck dieser Kennzeichnungspflicht?

Der Gesetzgeber will die Beteiligten in die Verantwortung zwingen: Sie sollen im Voraus festlegen, was sie wollen. Entscheiden Sie sich gegen eine ANÜ und für einen Werkvertrag, dann sollen sie nicht vorsorglich bzw. rückwirkend auch einen Überlassungsvertrag schließen dürfen – entweder, oder.

Vor der tatsächlichen Überlassung der Leiharbeitnehmer dann haben Verleiher und Entleiher die Person des Leiharbeitnehmers zu konkretisieren (§ 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG), also namentlich zu benennen. Das ist die sog. Konkretisierungspflicht.

Hierbei ist fraglich, ob (auch) diese Konkretisierung in Schriftform erfolgen muss, wie dies beim Überlassungsvertrag selbst der Fall ist, und wohl auch bei der Kennzeichnungspflicht.

Die Formulierung in § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG “unter Bezugnahme auf diesen Vertrag” könnte aber dagegen sprechen: Denn die Konkretisierung muss nur unter Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag, aber nicht in diesem Vertrag (der in Schriftform geschlossen werden muss) erfolgen. Da oftmals außerdem ein Rahmenvertrag geschlossen und im Einzelfall (auch kurzfristig) überlassen wird, wäre eine Schriftform (da Original!) hinderlich.

Von der Schriftform kann also abgesehen werden, wenn der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag für künftige Überlassungen geschlossen wird. Die Leiharbeitnehmer sollten dann aber zumindest schriftlich (z.B. per Fax oder Mail) benannt werden. So sieht es auch die Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zum AÜG (Ziffer 1.1.6.7, Seite 20):

„Die Konkretisierung unterliegt hingegen dann nicht der Schriftform des Überlassungsvertrages, wenn der Leiharbeitnehmer erst im Zuge der Erfüllung des Überlassungsvertrags durch den Verleiher unter Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag namentlich benannt wird. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag über ein Arbeitskräftekontingent ausgestaltet ist.“

Auch die Bundesregierung hat sich dieser Meinung angeschlossen, wie sich aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Juli 2019 ergibt.

Also:

  • Überlassungsvertrag muss in Schriftform (= Originale!) erfolgen.
  • Die Kennzeichnung als „Überlassung“ ebenso.
  • Die Konkretisierung der einzelnen überlassenen Mitarbeiter muss dann in Schriftform erfolgen, wenn sie schon im Überlassungsvertrag erfolgt.
  • Erfolgt sie hingegen zweckmäßigerweise erst später, reicht sogar Mündlichkeit. Aus Beweisgründen ist aber empfehlenswert, dass man die Konkretisierung zumindest in Textform vornimmt: z.B. per Mail.

Der Leiharbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass er genauso behandelt wird wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer im Entleih-Betrieb. Das betrifft sowohl die Ausgestaltung der Arbeit (z.B. Nutzung des Pausenraums, Pausenzeiten) wie auch für das Gehalt: Er darf nicht schlechter gestellt werden, nur weil er Leiharbeitnehmer ist (siehe § 8 AÜG).

Damit soll verhindert werden, dass Arbeitgeber sich nur noch billigere Arbeitskräfte zukaufen.

Der Verleiher muss also beim Entleiher Informationen über vergleichbare Arbeitnehmer einholen.

Hat der Entleiher keine vergleichbaren Arbeitnehmer – da der Leiharbeitnehmer erstmals diese Position besetzt – muss er so tun, als ob er vergleichbare Arbeitnehmer hätte: Er muss also darlegen, wie er eigene Arbeitnehmer behandeln würde, wenn er sie in vergleichbarer Position hätte.

Der Leiharbeitnehmer hat einen Auskunftsanspruch gegen den Entleiher, um die Leistungen auch überprüfen zu können (§ 13 AÜG).

Der Master Vendor kommt u.a. in der Arbeitnehmerüberlassung vor und wird benötigt, wenn eine verbotene Kettenüberlassung legal “umgangen” werden soll:

Ein Beispiel: Der Veranstalter beauftragt im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung einen Personaldienstleister A, der 100 Helfer stellen soll. Dieser Personaldienstleister A hat aber nur 50 Mitarbeiter, also leiht er sich von einem Sub-Personaldienstleister B weitere 50 Helfer zu. So kann er dann 100 Helfer stellen.

Dabei handelt es sich aber um eine Kettenüberlassung: Der Subdienstleister B soll 50 Helfer an A überlassen, der dann seinerseits diese 50 plus die eigenen 50 an den Veranstalter überlässt. Und solche Kettenüberlassungen sind verboten (§ 1 Absatz 1 Satz 3 AÜG).

Da aber der Veranstalter schließlich doch 100 Helfer braucht, gibt es das (völlig legale) Master-Vendor-Modell: Der Master ist quasi ein Vermittler und Personaldisponent in einem. Er prüft, wieviel Personal notwendig ist und sucht entsprechende Personaldienstleister; er vermittelt dann die Aufträge zwischen dem Veranstalter und den Verleihern = der Überlassungsvertrag kommt direkt zwischen dem Auftraggeber (Entleiher) und den jeweiligen Verleihern zustande.

In unserem Beispiel könnte also der Dienstleister A anbieten, auch als Master Vendor aufzutreten. So behält er den Auftrag, und der Kunde muss sich nicht selbst mit zig Personaldienstleistern herumschlagen.

Der Freie Mitarbeiter ist allein, er ist Einzelkämpfer und wirtschaftlich selbständiger Einzelunternehmer. Erfüllt er gewisse Kriterien, ist er nicht mehr frei und selbständig – sondern nur zum Schein selbständig, er wird also zum (egal ob er das will oder nicht) Arbeitnehmer des Auftraggebers.

Beauftragt der Auftraggeber nicht einen Einzelkämpfer, sondern z.B. eine GmbH mit 20 Arbeitnehmern, dann gibt es naturgemäß hier das Risiko der Scheinselbständigkeit der Arbeitnehmer nicht… sie sind ja schon Arbeitnehmer der GmbH. Hier muss der Auftraggeber sauber abgrenzen zwischen

  • einem Dienst- oder Werkvertrag, und
  • einer Arbeitnehmerüberlassung.

Anders aber eben beim Einzelkämpfer: Der Einzelkämpfer kann nur zum Schein selbständig sein, bspw. wenn er den Weisungen des Auftraggebers unterliegt oder in seine Arbeitsorganisation eingebunden ist – die Kriterien sind vergleichbar mit denen zur Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag.

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