Das neue Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ist seit 01.04.2017 in Kraft. Der Gesetzgeber wollte damit den Missbrauch von Werkverträgen zu Lasten der Arbeitnehmerüberlassung eindämmen: Ein Werkvertrag soll nicht zur Umgehung der Pflichten aus dem AÜG geschlossen werden dürfen (sog. Scheinwerkvertrag, was zu einer sog. verdeckten Arbeitnehmerüberlassung führt).

Als eine von mehrere Maßnahmen hat sich dafür der Gesetzgeber ausgedacht, dass die Vertragspartner künftig ihren Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung kennzeichnen müssen („Arbeitnehmerüberlassungsvertrag“). Außerdem sollen sie den überlassenen Arbeitnehmer ausdrücklich benennen müssen.

Wann muss man die Schriftform beachten?

Schaut man sich das Gesetz und die bisher dazu erschienene Literatur an, so kommt man auf folgende Frage:

Müssen die Kennzeichnung und die Konkretisierung in Schriftform erfolgen?

Denn: Die Überlassungsabrede selbst muss in Schriftform erfolgen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG):

„Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher bedarf der Schriftform.“

Schriftform bedeutet dabei, dass der Vertrag im Original unterschrieben werden muss: Fax oder (normale) E-Mail ist dann nicht mehr zulässig; erlaubt ist aber die elektronische Form gemäß § 126a BGB. Wird die strenge Schriftform nicht eingehalten, ist der Überlassungsvertrag unwirksam.

Das Problem: Oftmals muss es „schnell schnell“ gehen, da bleibt ggf. keine Zeit mehr für den postalischen Weg,

Was sagt das Gesetz dazu?

Der neue § 1 Absatz 1 Satz 5 AÜG regelt die Kennzeichnungspflicht:

„Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen.“

Der neue § 1 Absatz 1 Satz 6 AÜG regelt die Konkretisierungspflicht:

„Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren.“

Schriftform für die Kennzeichnungspflicht

Dass die Schriftform nicht nur für den Überlassungsvertrag, sondern auch für die Kennzeichnung gilt, liegt nahe: Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut, wenn es dort heißt: „in ihrem Vertrag“ – schließlich muss die Kennzeichnung ja auch in dem besagten Überlassungsvertrag erfolgen. Wenn dieser gemäß § 12 AÜG in Schriftform erfolgen muss, dann erstreckt sich das mehr oder weniger logisch auch auf die Kennzeichnungspflicht.

Schriftform für die Konkretisierungspflicht

Ganz anders sieht das bei der Pflicht, den Leiharbeitnehmer zu benennen, aus.

In der gesetzlichen Regelung zur Konkretisierungspflicht heißt es nur „unter Bezugnahme auf diesen Vertrag“ – und eben nicht „in diesem Vertrag“ o.Ä.

Aber: Der Gesetzgeber scheint das nicht gewollt zu haben – jedenfalls hat er im Gesetzgebungsverfahren nicht auf den Vorschlag reagiert (siehe die Stellungnahme des iGZ in den Materialien zur öffentlichen Anhörung von Sachverständigen, dort Seite 120):

„Oder zumindest Ergänzung nach § 1 Abs. 1 Satz 6 AÜG-E: „Die Konkretisierung bedarf nicht der Schriftform.“

Soweit das strenge Formerfordernis nicht nur nicht den Schutz der Arbeitnehmer stärkt, sondern auch einen erheblichen bürokratischen Aufwand verursacht, fordert der iGZ:

Es ist „dringend geboten, ganz grundsätzlich die Formanforderungen des § 12 AÜG an die moderne Geschäftswelt anzupassen und die Textform zuzulassen.“

Der Gesetzgeber hat auf diese pragmatische Überlegung leider nicht in der gebotenen Klarstellung reagiert. Er führt in seiner Begründung zur Konkretisierungspflicht u.a. nur aus (siehe BT-Drucksache 18/9232, dort Seite 19/20):

„Da diese Überlassungsverträge auch als Rahmenverträge über ein Arbeitskräftekontingent ausgestaltet sein können, bestimmt Satz 6, dass vor der Überlassung die Person des Leiharbeitnehmers zu konkretisieren ist.“

Allerdings wäre die Gesetzessystematik widersinnig: Immerhin hätte der Gesetzgeber problemlos die Konkretisierungspflicht entweder in § 12 AÜG regeln können, wo er auch die Schriftform für den Überlassungsvertrag regelt, oder er hätte wie bei der Kennzeichnungspflicht die Formulierung wählen können „in dem Vertrag“ o.Ä.

Da aber der Gesetzgeber erkannt hat, dass es eben auch die Konstellation

  • zuerst Rahmenvertrag mit der Überlassungsvereinbarung,
  • die Arbeitnehmer wählen wir dann im Einzelfall aus

geben kann, erscheint es nicht notwendig, auch für die Konkretisierung die Schriftform zu fordern.

So sieht es auch die Fachliche Weisung der Bundesagentur für Arbeit zum AÜG (Ziffer 1.1.6.7, Seite 20):

„Die Konkretisierung unterliegt hingegen dann nicht der Schriftform des Überlassungsvertrages, wenn der Leiharbeitnehmer erst im Zuge der Erfüllung des Überlassungsvertrags durch den Verleiher unter Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag namentlich benannt wird. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag über ein Arbeitskräftekontingent ausgestaltet ist.“

Also:

  • Überlassungsvertrag muss in Schriftform (= Originale!) erfolgen.
  • Die Kennzeichnung als „Überlassung“ ebenso.
  • Die Konkretisierung der einzelnen überlassenen Mitarbeiter muss dann in Schriftform erfolgen, wenn sie schon im Überlassungsvertrag erfolgt.
  • Erfolgt sie hingegen zweckmäßigerweise erst später, reicht sogar Mündlichkeit. Aus Beweisgründen ist aber empfehlenswert, dass man die Konkretisierung zumindest in Textform vornimmt: z.B. per Mail.