Bei einem 100-Kilometer-Distanz-Marsch häuften sich Meldungen über Unwohlsein und Hautverbrennungen von einigen Teilnehmern, schließlich gab es einen Großeinsatz der Rettungskräfte. Insgesamt 17 Wanderer wurden verletzt, fünf musste in ein Krankenhaus eingeliefert werden.

Als Ursache wurde ein Kontakt mit dem Riesen-Bärklau festgestellt. Der Saft dieser invasiven Pflanze reagiert mit Sonnenlicht und kann bei Hautkontakt schwere Verätzungen und Verbrennungen verursachen. Der Riesen-Bärklau kann ca. 3 Meter hoch werden und hat große, gefiederte Blätter sowie einen dicken Stängel mit dunklen Flecken. Die weißen Blüten sind in doldenförmigen Blütenständen angeordnet.

Der von der Pflanze abgesonderte Saft enthält Inhaltsstoffe, die in Verbindung mit Sonnenlicht eine sog. phototoxische Reaktion auslösen.

Inwieweit ist ein Veranstalter von Veranstaltungen im Freien verantwortlich, wenn sich Teilnehmer bzw. Besucher durch die Pflanze verletzen? Muss ein Veranstalter bei einer Open Air-Veranstaltung bspw. aktiv nach dieser Pflanze suchen, und/oder seine Besucher auf das Risiko aufmerksam machen? Oder gehört der Kontakt mit der Pflanze zum allgemeinen Lebensrisiko?

Vergleich mit Bäumen

Zu Bäumen bzw. Astbruch gibt es bereits einige Gerichtsentscheidungen.

Betritt eine Person einen Wald, so macht er dies auf sein eigenes Risiko. Der Waldbesitzer ist lediglich verpflichtet, die Person vor sog. atypischen Waldgefahren zu schützen. Wird die Person aber durch einen abbrechenden Ast verletzt, handelt es sich um ein waldtypisches Risiko, für das sie selbst verantwortlich ist. Eine Baumkontrolle wäre dem Waldbesitzer im übrigen auch nicht zumutbar.

Anders bei (einzelnen) Straßenbäumen: Der Eigentümer von öffentlich zugänglichen Bereichen ist verpflichtet, den Baumbestand so anzulegen, dass er im Rahmen des nach forstwirtschaftlicher Erkenntnis Möglichen gegen Windbruch und Windwurf gesichert ist. Dies ergibt ich aus der Verkehrssicherungspflicht:

Befinden sich bspw. auf einem Veranstaltungsgelände Bäume, so hat der Verkehrssicherungspflichtige (Eigentümer und/oder Veranstalter) diese regelmäßig, jedenfalls vor einer Veranstaltung, auf mögliche Schäden hin zu überprüfen. Er hat sich davon zu überzeugen, dass von den Bäumen keine vermeidbare Gefahr ausgeht, sie bspw. nicht umstürzen oder Äste abbrechen.

Aber: Für unbeherrschbare Witterungseinflüsse muss auch der Verkehrssicherungspflichtige nicht einzutreten.

Für die Kontrolle reicht eine erste Sichtprüfung aus. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine Gehölzschädigung, müssen weitere Untersuchungen vorgenommen werden (z.B. eingehendere Prüfungen mittels Hubwagens. Verläuft die Sichtprüfung negativ, bedarf es keiner weitergehenden Maßnahmen. Kommt es trotzdem zu einem Schaden, so handelt es sich um ein Unglück, das dem Lebensrisiko des Geschädigten zuzuordnen ist. Jedenfalls für die erste Sichtkontrolle muss kein Sachverständiger hinzugezogen werden. Ausreichend ist eine Blickprüfung, ob Schäden am Baum zu erkennen sind. Hinweise daraus können abgestorbene Äste oder Pilze sein; liegen solche vor, muss eine fachmännische Kontrolle veranlasst werden.

Haftung des Eigentümers bzw. Veranstalters?

Ein Unterschied zwischen dem Baum und dem Riesen-Bärklau liegt auf der Hand: Der Riesen-Bärklau ist eine invasive Art und hier nicht heimisch. D.h. man müsste dem Verkehrssicherungspflichtigen zunächst das Wissen unterstellen, dass es dieses Risiko überhaupt gibt. Wenn ich mich einmal dazu betrachte: Ich hatte auch erst Mitte 2024 das erste Mal von dieser Pflanze und ihren Gefahren gehört.

Im Zivilrecht aber ist für eine Haftung grundsätzlich ein Verschulden erforderlich. Daran könnte es aktuell ggf. noch scheitern, weil sich dieses Risiko sicherlich noch nicht allgemein herumgesprochen hat.

Eine Ausnahme kann es aber im Mietrecht geben, wenn die Veranstaltungsfläche vermietet wird, auf der auch der Riesen-Bärklau wächst. Denn man könnte hier argumentieren, dass der Mietsache bereits von Anfang an ein Mangel innewohnt, nämlich das Vorhandensein dieser Pflanze; und in diesen Fällen kommt es ausnahmsweise nicht auf ein Verschulden an (siehe § 536a Absatz 1 BGB).

Auch wenn diese Rechtsfragen noch ungeklärt sind, ist es sicherlich sinnvoll, Regelungen dazu zu treffen bzw. zu klären, wer für die Kontrolle des Geländes verantwortlich ist; denn schließlich will man ja vermeiden, dass Besucher verletzt werden; und jedenfalls eine Sichtprüfung des Geländes in Anlehnung an die Rechtsprechung zur Baumkontrolle dürfte zumutbar sein. Dass dann möglicherweise kleinere, einzeln stehende Pflanzen übersehen werden und ausgerechnet dort ein Besucher mit ihr in Kontakt kommt, dürfte dann m.E. keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sein.

Je öfter aber etwas passiert und das Problem in den Medien auftaucht, desto weniger wird sich ein Eigentümer bzw. Veranstalter noch mit Nichtwissen herausreden können.

Empfehlung:

Diese Sichtkontrolle sollte protokolliert werden!