Ein Youtuber hat sich unbefugt in den Stadioninnenraum beim EM-Eröffnungsspiel in München hineingetrickst. Zuvor hatte sich ein Bekannter als Helfer registrieren lassen, um herauszufinden, wie die Ausweise aussehen. Diese ahmten sie dann nach; ebenso beschafften sie sich einen VW-Bus und beklebten den mit offiziell anmutenden Logos u.a. der UEFA. Der Youtuber kaufte ein Kostüm und baute damit das EM-Maskottchen nach. Die Gruppe aus anfänglich 3 Personen gelangte durch die Kontrollen, weil zwar die Ausweise nicht gescannt werden konnten, die Security sich aber von den anderen Nachahmungen täuschen ließ. Letztlich schaffte es der Youtuber als Fake-Maskottchen in den Innenraum. Dort wurde er nach einer Weile wieder weggeschickt, und wurde sodann enttarnt und an die Polizei übergeben.

So berichten es jedenfalls diverse Onlinemedien; der Youtuber hatte ein Video gedreht und dies trotz Drohungen der UEFA online gestellt.

Man sieht: Letztlich steht und fällt vieles mit den Menschen, die vor Ort eingesetzt sind, und letztlich müssen diese Blamage die UEFA und die beteiligten Dienstleister aufarbeiten.

Ich konzentriere mich auf die rechtliche Frage, ob ein Sicherheitsdienstleister haftbar gemacht werden kann in solchen Fällen.

Werk- oder Dienstvertrag?

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Sicherheitsdienst mit dem Veranstalter einen Dienst- oder einen Werkvertrag schließt. Der Unterschied ist erheblich:

  • Bei einem Dienstvertrag schuldet der Sicherheitsdienst (grob formuliert) lediglich das Bemühen, für Sicherheit zu sorgen. Das Dienstvertragsrecht kennt keine Gewährleistung – sondern nur: Hat sich der Dienstleister ausreichend bemüht oder nicht?
  • Bei einem Werkvertrag schuldet der Sicherheitsdienst einen Erfolg, der ggf. darin besteht, dass keine Unbefugten eingelassen werden. Bei einem Werkvertrag gibt es Gewährleistungsansprüche bei Mängeln.

Den Vertrag wird man wohl als Dienstvertrag qualifizieren, weil ernsthaft kein Sicherheitsdienstleister solche Versprechungen abgeben kann und auch kein Veranstalter derlei Erwartungen haben kann (darf).

Aber:

Das bedeutet nicht, dass der Veranstalter bzw. Auftraggeber nun keinerlei Ansprüche gegen seinen Dienstleister hat: Denn üblicherweise macht der Veranstalter bestimmte Vorgaben, was der Sicherheitsdienstleister tun soll. Hieran muss sich der Dienstleister auch bei einem Dienstvertrag messen lassen.

Auftrag erfüllt?

Ein Beispiel:

Wenn die Vorgabe lautet, dass Ausweise zu kontrollieren sind, haftet der Dienstleister dafür, dass die Ausweise kontrolliert werden.

Würde nun unbemerkt ein Unbefugter über den Zaun hüpfen, hat der Dienstleister dennoch seine Leistungen erbracht, wenn er die Ausweise tatsächlich kontrolliert hat.

Ein anderes Beispiel:

Wenn die Vorgabe lautet, Taschen zu kontrollieren und es stellt sich heraus, dass ein Besucher in seinem Rucksack eine Waffe hineingeschmuggelt hat, wird man prüfen müssen, ob die Kontrollen grundsätzlich geeignet und ausreichend waren: Denn auch bei ordentlichen Kontrollen kann es passieren, dass etwas übersehen wird.

Ein weiteres Beispiel:

Der Veranstalter gibt die Art und Weise von Kontrollen vor, verweigert seinem Dienstleister aber, die dafür ausreichende Anzahl von Sicherheitsmitarbeitern aufstellen zu dürfen. Gibt der Dienstleister nun trotz zu geringer Besetzung sein Bestes und wird dann aber der Auftrag nicht vollständig erfüllt, haftet der Dienstleister dafür nicht (jedenfalls solange er seinen Kunden nachdrücklich darüber aufgeklärt hat, dass er mehr Personal benötigen würde).

Auswirkungen:

Bei einem Werkvertrag wäre die Gewährleistung feingranular: D.h. es könnten auch kleinere Mängel zu einer Minderung der Vergütung oder zu einem Schadenersatz führen. Bei einem Dienstvertrag hingegen gibt es quasi nur schwarz oder weiß. Und dann geht es auch nicht um Minderung, sondern um die Frage, wird die Vergütung bezahlt (weil Leistung erbracht, wenn auch nicht perfekt), oder nicht bezahlt (weil Leistung letztlich nicht erbracht wurde).

Daneben kann es einen Schadenersatzanspruch geben bei einer fahrlässigen oder schuldhaften Pflichtverletzung: Ein solcher Anspruch aber hilft natürlich nur, wenn es tatsächlich einen Schaden gegeben hat. Ist der Dienstvertrag aber bspw. „gerade so“ erfüllt, aber kein Schaden entstanden, muss der Auftraggeber die volle vereinbarte Vergütung bezahlen.

Ob nun der Sicherheitsdienstleister im eingangs beschriebenen Vorfall in München haftet, sollte der ggf. juristischen Aufarbeitung der Details vorbehalten bleiben, die wir nicht kennen. Aber ich hoffe, anhand der Beispiele die Methodik erklärt zu haben.