Eine Veranstaltungsstätte braucht Rettungswege bzw. Notausgänge, über die Besucher die Veranstaltungsstätte schnell und sicher verlassen können, wenn es notwendig ist. Manche Ausgänge sollen aber kein Notausgang sein, die Besucher glauben aber, sie sind ein Notausgang: Diesen falschen Eindruck muss der Veranstalter bzw. Betreiber verhindern.

Was das genau bedeutet, schauen wir uns genauer an:

Ist jeder Ausgang ein Notausgang?

Nein, nur, wenn er dafür vorgesehen ist bzw. die dafür vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt.

Wir hatten in unserer Beratungspraxis bereits Fälle, in denen aber Besucher glaubten, eine Tür bzw. ein Tor sei ein Rettungsweg, obwohl er als solcher nicht vorgesehen war. Ein (heikles) Beispiel:

In einer Halle stand an einer Hallenwand die Bühne, rechts und links von ihr waren Tore/Türen, die nicht als Rettungsweg gekennzeichnet und vorgesehen waren. Der Veranstalter nutzte diese Bereiche vielmehr, um davor Material abzustellen bzw. Strom- und Wasserleitungen zu verlegen.

Mitarbeiter des Veranstalters und der Dienstleister nutzten diese Türen, um hinein- und herauszugelangen.

Es gab dazu keinen Vorfall, aber die Diskussion, ob Besucher diese Erkenntnisse nicht missverstehen und als Notausgang interpretieren würden – und ggf. im Falle einer „Flucht“ dann den „falschen Notausgang“ nutzen würden und sich ggf. verletzen könnten.

Der „eingebildete Notausgang“

Daher erfinde ich jetzt einmal die Konstruktion des „eingebildeten Notausganges“: Aufgrund der Umstände glaubt man, dass dieser Ausgang ein Fluchtweg sei – und versucht ihn im Notfall zu nutzen. Dann aber liegen die Kabel und Rohrleitungen im Weg als Stolperfalle. Zwar könnte man argumentieren, dass die Besucher, die während der Veranstaltung das Tor sehen, auch die Kabel sehen.

Aber (1.): Nur, weil man im Ruhezustand weiß, dass da ein Kabel liegt, heißt das nicht, dass man unter Stress sich daran erinnert und zur richtigen Zeit auf den Boden schaut und die Stolperfalle erkennt.

Aber (2.): Spätestens die hinterherlaufenden Besucher haben die Kabel und damit die Stolperfalle vorher vermutlich nicht gesehen.

Das heißt: Selbst wenn der Veranstalter einen Ausgang formal nicht als Notausgang nutzt, muss er m.E. prüfen, ob Besucher diesen Ausgang womöglich als Notausgang missverstehen könnten. In diesem Fall sollte dieser Weg auch die formalen Anforderungen eines richtigen Notausgangs und Fluchtweges erfüllen oder für alle erkennbar auch kein Notausgang sein dürfen.

Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass im Ernstfall natürlich egal ist, wenn Besucher nicht vorgesehene Ausgänge nutzen, solange sie sicher herausgelangen.

Anforderungen an Rettungswege und Notausgänge

Ein Notausgang muss als Notausgang erkennbar und nutzbar sein. Dafür gibt es diverse Normen, bspw. für die Kennzeichnung des Notausganges. Begrifflich ist der Notausgang eine Tür oder ein (Bauzaun-)Tor, der Weg dorthin ist der Flucht- bzw. Rettungsweg.

Betreiber von Versammlungsstätten bzw. Veranstalter müssen sicherstellen, dass es gemessen an der Personenzahl ausreichend Rettungswege und Notausgänge gibt.

Dazu einige Stichworte:

  • Länge der Rettungswege aus dem Raum bzw. zur nächsten öffentlichen Verkehrsfläche
  • Nutzbare Mindestbreiten der Rettungswege und Türen
  • Anzahl der Rettungswege und Notausgänge
  • Leicht Öffnung in voller Breiten der Tür
  • grundsätzlich Aufschlagen der Tür in Fluchtrichtung
  • Unterteilung in Rauchabschnitte bzw. Installation von Rauchschutztüren
  • Schwellenlosigkeit der Türen im Rettungsweg
  • Kennzeichnung
  • Beleuchtung
  • Brennbarkeit der Baustoffe
  • Anforderungen an notwendige Flure
  • Anforderungen an Treppen und Treppenräume
  • ggf. Besetzung der Türen mit Ordnungspersonal
  • Wege vom Gebäude bis zur öffentlichen Verkehrsfläche

Bspw. die Versammlungsstättenverordnung arbeitet recht statisch: So und soviel Rettungswege bzw. Rettungswegbreiten erlauben so und so viel Personen in der Versammlungsstätte (siehe § 6 und 7 MVStättVO). Ob alle diese Rettungswege auch wie statisch berechnet von den jeweiligen Personen genutzt werden (wollen), wird grundsätzlich nicht berücksichtigt.

Allerdings darf natürlich auch nicht vollends ausgeblendet werden, wenn erkennbar ein Rettungsweg derart abseits liegt, dass mit gewisser Wahrscheinlichkeit dieser Weg nicht oder wenig genützt würde.