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Die Veranstaltungsleitung – eine ernüchternde Analyse?

Die Veranstaltungsleitung – eine ernüchternde Analyse?

Von Thomas Waetke 26. November 2019

Es kommen immer wieder neue Fortbildungsangebote auf den Markt, u.a. auch zum Thema Veranstaltungsleitung. Die Unsicherheit ist hier groß, welche Aufgaben er eigentlich konkret hat. Und ich bin immer wieder überrascht, wie leichtfertig der Veranstaltungsleitung alles Mögliche angedichtet wird, was sie angeblich alles leisten können muss. Das mag hier und da daran liegen, dass man seine Fortbildungskurse verkaufen möchte, und Angst ist ein gutes Verkaufsargument. Das mag auch daran liegen, dass es der Fortbildungsanbieter selbst nicht besser weiß.

Oft lese ich: “Der Veranstaltungsleiter ist für die Leitung der Veranstaltung verantwortlich”, “Er muss sich mit allen Gewerken auf der Veranstaltung koordinieren”, “Er ist für alles verantwortlich, was in der Veranstaltung passiert”. “Er muss alles im Blick haben” …

Wo bitte findet sich das denn in einer Vorschrift…?! Und wer zum Teufel ist dieser Supermann „Veranstaltungsleiter“?

Also untersuchen wir doch erst einmal nüchtern die Frage: Wofür ist ein Veranstaltungsleiter verantwortlich?

Oftmals fehlt es schon an einer klaren Definition bzw. Trennung: Ich gehe hier in diesem Beitrag nur (!) auf die Veranstaltungsleitung im Sinne der Versammlungsstättenverordnung ein. Vielfach wird der Begriff auch verwendet für den “Projektleiter”, der für den Veranstalter die Veranstaltung leitet. Diese Person ist aber nicht Gegenstand meines Beitrags (denn das ist ja ersichtlich eine ganz andere Baustelle). Ich gehe in meinem Beitrag außerdem davon aus, dass Betreiber und Veranstalter nicht identisch sind, sondern dass der Veranstalter die ihm fremde Versammlungsstätte mietet. Außerdem gehe ich davon aus, dass überhaupt die Versammlungsstättenverordnung anwendbar ist!

Achtung!
Also Augen auf, wenn von der Veranstaltungsleitung die Rede ist! Wer ist gemeint? Die Veranstaltungsleitung aus der (M)VStättVO oder die Projektleitung? Das sind zwei unterschiedliche Aufgabenbereiche.

Brechen wir das mal auf die Fakten herunter:

Der Veranstaltungsleiter im Sinne der MVStättVO ist der Beauftragte des Betreibers. Um zu wissen, was der Veranstaltungsleiter tun oder lassen muss, müssen wir also mal schauen, was der Betreiber tun oder lassen muss.

Die Aufgaben des Betreibers ergeben sich aus § 38 Absatz 1 MVStättVO. Ich hatte schon an den verschiedensten Stellen gesagt: Diese Regelung darf man nicht so verstehen, wie sie da steht.

Der Betreiber ist für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.

Alles andere wäre auch absolut unlogisch! Im Übrigen habe ich noch niemanden gehört, der mir ein überzeugendes Gegenargument hat liefern können – außer “ja aber das machen wir doch schon immer so!”.

Also dürfen wir mal davon ausgehen, dass der Betreiber

für die baurechtliche Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften verantwortlich ist.

Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Und jetzt kommen wir zum Veranstaltungsleiter.

Während des Betriebes von Versammlungsstätten muss der Betreiber oder ein von ihm beauftragter Veranstaltungsleiter ständig anwesend sein.

Hinweis
Der Veranstaltungsleiter kann also schon aus denknotwendigen Gründen nicht für mehr verantwortlich sein als der Betreiber es ist.

Hätte der Gesetzgeber dem Veranstaltungsleiter mehr Verantwortung aufbürden wollen, hätte er ihm auch mehr Raum geben müssen, wie es bspw. beim Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik mit § 40 Absatz 1 MVStättVO gemacht wurde. Tatsächlich aber ist der Veranstaltungsleiter in § 38 Absatz 2 MVStättVO lediglich mit Blick auf die ständige Anwesenheit genannt.

In § 38 Absatz 5 heißt es:

Der Betreiber kann die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 durch schriftliche Vereinbarung auf den Veranstalter übertragen, wenn dieser oder dessen beauftragter Veranstaltungsleiter mit der Versammlungsstätte und deren Einrichtungen vertraut ist. Die Verantwortung des Betreibers bleibt unberührt.

Hier kommen also auch nicht mehr Pflichten ins Spiel als sich diese nicht schon für den betreiberseitigen Veranstaltungsleiter gemäß § 38 Absatz 2 ergeben: Er muss mit der Versammlungsstätte und deren Einrichtungen vertraut sein. Bei § 38 Absatz 2 MVStättVO geht man davon aus, dass er es schon von Haus aus ist.

Aber auch aus dieser Konstruktion ergibt sich: In Absatz 2 werden keine besonderen Anforderungen an den betreiberseitigen Veranstaltungsleiter gestellt – dies geschieht nur beim veranstalterseitigen Veranstaltungsleiter bei einer Übertragung nach Absatz 5. Das heißt dann aber im Umkehrschluss, dass auch die Anforderungen an die Vertrautheit in Absatz 5 nicht überbordend höher sein können als die Anforderungen an den Veranstaltungsleiter nach Absatz 2.

Würde man ernsthaft vom Betreiber – der seine Location vermieten will! Das ist sein Beruf! – erwarten, dass er in Veranstaltungsabläufe eingreift? Das kann er faktisch ja gar nicht, weil er nicht an der Planung beteiligt war. Würde man dem Betreiber solche Pflichten auferlegen wollen, hieße das, dass man massiv in das Berufsbild “Vermieter” eingreifen würde – aus einem Vermieter würde ein Quasi-Veranstalter werden… und das Gleiche gilt auch für den Veranstaltungsleiter: Er hätte faktisch ja sogar noch viel weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Veranstaltung, da er ja nicht einmal in einem vertraglichen Verhältnis zum Veranstalter steht.

Was hat denn dann noch der Veranstalter zu tun? Die Besucher sind ja nicht schutzlos, weil es ja immer noch den Hauptverantwortlichen – also den Veranstalter – gibt.

Also:

Der Veranstaltungsleiter ist “nur” – wenn er überhaupt wirksam dazu bestellt wurde – für die baurechtliche Sicherheit mit-verantwortlich.

Situative Mitverantwortlichkeit?

Ich schreibe bewusst, dass er mit-verantwortlich ist: Denn ihn kann logischerweise auch nur eine situative bzw. temporäre bzw. selektive Verantwortlichkeit treffen. Schauen wir uns ein Beispiel an:

Ein Beispiel
Die Versammlungsstätte besteht aus mehreren großen Sälen und Räumen. Beim Betreiber arbeiten mehrere Angestellte, es finden jeden Tag Veranstaltungen statt. Bei der Veranstaltungsleitung wechseln sich die eingearbeiteten und unterwiesenen Mitarbeiter täglich ab. Am 15. April soll Frau Angela Musterfrau, eine Mitarbeiterin des Betreibers, die Veranstaltungsleitung übernehmen. Es findet eine Veranstaltung in einem Saal statt.

Niemand wird ernsthaft erwarten, dass unsere Frau Musterfrau nun bei Arbeitsbeginn am 15. April die komplette Versammlungstätte untersucht: Sind bspw. die Vorhänge aller Säle aus mindestens schwer entflammbarem Material?

An dem Beispiel sieht man: Derart absolut kann die Verantwortlichkeit nicht gewollt sein.

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