Es soll ja Menschen geben, die arbeiten gerne. Darf ein Arbeitnehmer also freiwillig mehr = länger arbeiten als er eigentlich laut Arbeitsvertrag müsste?
Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter ist beauftragt, eine Veranstaltung zu planen. Das macht ihm Spaß, außerdem will er rechtzeitig mit einigen Sachen fertig werden, weil er ein langes Wochenende an der Nordsee mit seiner Familie verbringen will. Also bleibt er einfach ein paar Stunden länger im Büro.
Oder ein anderes Beispiel: Die Veranstaltung läuft, und der Mitarbeiter hat ein schlechtes Gewissen, wenn er „pünktlich“ ginge, also bleibt er noch bis zum Ende.
Korrekterweise muss man die Eingangsfrage anders formulieren: Muss der Arbeitgeber verhindern, dass der Arbeitnehmer länger arbeitet?
Die Antwort darauf ist einfach: Ja.
Die Einhaltung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit einerseits, aber auch der gesetzlichen Höchstarbeitszeit andererseits ist eine wichtige Pflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsschutz.
Grundsätzlich ist die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden maximal limitiert (aber auch nur, wenn es binnen 6 Monaten einen Ausgleich auf durchschnittlich 8 Stunden gibt). Und für die Einhaltung dieser Grenzen ist der Arbeitgeber verantwortlich.
Er muss also Maßnahmen ergreifen, dass seine Arbeitnehmer pünktlich nach Hause gehen (können).
Häufige Irrtümer:
- Der Aufbau ist noch nicht fertig, wir machen heute etwas länger – Die Grenze bleibt in 99% der Fälle bei 10 Stunden Arbeitszeit. Missmanagement bei der Zeit- und Personalplanung ist kein legitimer Grund, länger zu arbeiten bzw. länger arbeiten zu lassen.
- Wir hatten noch auf einen Dienstleister warten müssen, bis er fertig war und wir anfangen konnten – auch hier: Es gibt nur seltene Extremfälle als Ausnahme, aber jedenfalls nicht, wenn Dienstleister schlecht geplant haben.
- Der Mitarbeiter macht „durch“, also keine Pause, weil er früher gehen will – auch nicht zulässig; wenn das Arbeitszeitgesetz eine Pause vorschreibt = nach spätestens 6 Stunden, muss auch eine Pause gemacht werden.
- Der Mitarbeiter macht freiwillig länger, bekommt dafür einen Urlaubstag mehr – auch das ist nicht zulässig, sofern die 10 Stunden gerissen werden.
- Der Mitarbeiter hat etwas falsch gemacht, und repariert seinen Fehler, indem er abends länger im Büro bleibt – auch das ist nicht zulässig; im Arbeitsvertragsrecht gibt es keine Gewährleistung, d.h. Fehler dürfen gemacht werden und müssen nicht durch längeres Arbeiten ausgeglichen werden.
Zurück zur Frage: Strenggenommen muss der Arbeitgeber seinen übereifrigen Mitarbeiter ermahnen, und hiernach ggf. dann abmahnen, wenn er sich weiter nicht an die Arbeitszeiten hält.