Es gibt bekanntlich unterschiedliche Steuersätze – und damit auch unterschiedliche Auffassungen, bei welchem Tatbestand welcher Steuersatz greifen kann: Denn nicht immer sind die Sachverhalte eindeutig dem gesetzlichen Wortlaut zuzuordnen.
Einem solchen Problem ist nun auch das Finanzgericht Köln auf der Spur. In dem dortigen Fall geht es um einen Freizeitpark, der nach Ansicht des zuständigen Finanzamts die Eintrittsgelder mit 19% versteuern soll. Das Finanzgericht Köln bezweifelt das: Denn Schaustellerleistungen auf temporären Veranstaltungen unterliegen dem reduzierten Steuersatz (§ 12 Absatz 2 Nr. 7d UStG). Das Finanzgericht vermutet einen Verstoß gegen den sog. „Grundsatz der steuerlichen Neutralität“.
Dieser Grundsatz besagt, dass gleiche oder gleichartige Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, bei der Umsatzsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Das Finanzgericht Köln hat ein sog. Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gerichtet: Er soll nun die Begriffe „Jahrmärkte“, „Vergnügungsparks“ und „Freizeitparks“ definieren und klären, ob ein Unterschied zwischen temporär und stationär gemacht werden darf bzw. muss.
Der Europäische Gerichtshof hat sich nun dazu geäußert:
Er hat festgestellt, dass einige Leistungen eines Freizeitparks und eines Marktes durchaus ähnlich seien. der Europäische Gerichtshof hat nun dem Finanzgericht Köln aufgegeben, zu prüfen und ggf. ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, wie sehr sich die Leistungen eines Freizeitparks einerseits, und die Leistungen einer Kirmes oder einem Jahrmarkt tatsächlich ähneln.
Der EuGH hat dem Finanzgericht aber auch bereits Bedenken auf den Weg mitgegeben: Bei einem ortsgebundenen Freizeitpark seien die Leistungen grundsätzlich ständig verfügbar, während dies bei bspw. einer Kirmes nur einige Tage oder Wochen der Fall sei. Für einen Verbraucher, der die Wahl zwischen dem Besuch eines Freizeitparks oder einer Kirmes habe, könne es sich als wichtig oder sogar entscheidend erweisen, dass die Kirmes nur während eines begrenzten Zeitraums stattfinde.
Im Übrigen basierten Märkte und Volksfeste oftmals auf einem in der Region verankerten Brauchtum, so der Europäische Gerichtshof. Als Kulturgut könnten sie einen hohen Stellenwert im gesellschaftlichen Leben genießen. Diese Faktoren könnten auch die Wahl des Durchschnittsverbrauchers beeinflussen, eine Kirmes und nicht einen Freizeitpark zu besuchen.
Für Freizeitparks und ähnliche ortsgebundene Einrichtungen hat die Entscheidung durchaus Bedeutung: Denn sie müssen auf Ihre Leistungen bisher 19% Umsatzsteuer aufschlagen, so dass eine Reduzierung auf nur 7% einen erheblichen Unterschied ausmachen würde.
Hintergrundinfo
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kann grundsätzlich von jedem Gericht in der EU „angerufen“ werden – immer dann, wenn das Gericht der Meinung ist, dass di bisherige nationale Rechtsprechung möglicherweise gegen EU-Recht verstoßen könnte, oder wenn es noch keinerlei nationale Rechtsprechung gibt und sinnvollerweise direkt eine Abstimmung mit dem EU-Recht notwendig ist. Der EuGH entscheidet dann nicht das nationale Gerichtsverfahren, sondern beantwortet nur die vom nationalen Gericht gestellten Fragen. Das nationale Gericht muss dann diese Antworten bei seinem Urteil berücksichtigen.