Die Scheinselbständigkeit ist ein Damoklesschwert auch für die Veranstaltungsbranche. Nun hat das Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt überprüft, ob Ordner auf Festivals und in Fußballstadien überhaupt auf selbständiger Basis werden können (wenn sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden, stellt sich die Frage natürlich nicht).

Im Ergebnis hat das Gericht dies verneint.

Die Sicherheitspersonen verrichteten für ein Unternehmen Ordner- und Überwachungstätigkeiten; sie waren für einzelne Veranstaltungen angeworben worden und erhielten für ihren Einsatz „Engagementverträge“, mit denen ausdrücklich kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründet werden sollte.

Sie reisten zu Veranstaltungsorten, insbesondere Fußballstadien, Festzelten und Diskotheken, und verrichteten dort Tätigkeiten, wie das Kontrollieren von Eintrittskarten, Abreißen von Tickets, ordneten die Besucherströme und achteten auf die Sicherheit und Ordnung der Veranstaltung. Diese Tätigkeiten erledigten sie im Auftrag des Unternehmens, der sich seinerseits gegenüber seinen Auftraggebern zur Absicherung von Fußballspielen, Festveranstaltungen und Partys verpflichtet hatte.

Insoweit erfüllte der Kläger durch den Einsatz der Sicherheitspersonen seine Vertragspflichten und setzte sie wie eigene Arbeitnehmer ein, stellte das Landessozialgericht fest.

Dazu führte es folgende Indizien an:

  • Im Hinblick auf die verrichteten Aufgaben waren Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit vorgegeben und von den Sicherheitspersonen einzuhalten.
  • Sie hatten keinerlei Gestaltungsspielraum bei der Ausübung dieser Tätigkeit.
  • Sie verrichteten die Arbeiten jeweils persönlich und setzten keine eigenen Arbeitnehmer ein.
  • Sie hatten keinerlei Einfluss auf die Entgelthöhe. Ein für selbstständig Tätige typisches Vorgehen in Form von Angebotsabgabe, gegebenenfalls Verhandlungen über das zu entrichtende Honorar sowie Angebotsannahme fand nicht statt.
  • Insbesondere hatten sie keine Möglichkeit, eine höhere Entlohnung durch schnelleres und oder effektiveres Arbeiten zu erreichen.
  • Eine auskömmliche eigene Absicherung, die Grundlage einer Verhandlungsposition des Selbstständigen ist, war angesichts der geringen Vergütung nicht möglich (Stundenlohn zwischen 7,50 € und 10,00 € in den Jahren 2011 und 2012).
  • Einem Unternehmerrisiko unterlagen die Sicherheitspersonen nicht.
  • Eigene Betriebsmittel setzten sie nicht ein. Vielmehr erhielten sie vom Unternehmen Arbeitsmittel aus der firmeneigenen Kleiderkammer, wie schwarze Westen mit Firmenaufschrift, Funkgeräte, Taschenlampen, Reflexionswesten und Regenjacken mit Firmenaufschrift. Vom äußeren Erscheinungsbild her traten sie damit als vom Unternehmen eingesetzte Personen auf und waren von für das Unternehmen tätigen Arbeitnehmern – sofern er solche eingestellt hätte – nicht zu unterscheiden.
  • Soweit sie mit dem eigenen Pkw anreisten – wie dies auch für Arbeitnehmer üblich ist, um an ihren Arbeitsort zu gelangen – wurde ihnen teilweise Fahrgeld erstattet.
  • Die Sicherheitspersonen hatten jeweils im streitigen Zeitraum kein eigenes Gewerbe angemeldet.

Das Argument, dass diese Umstände eben nun mal so sind wie sind, ist kein Argument gegen Scheinselbständigkeit: Denn gerade, wenn derart gewichtige und überwiegende Kriterien für Scheinselbständigkeit sprechen, ist die richtige Lösung eben nur die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Übrigens: Ein gewichtiges Indiz gegen Scheinselbständigkeit kann sein, wenn es den Auftragnehmern freisteht, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. In diesem Fall aber hat das Landessozialgericht dieses Argument nicht gelten lassen: Denn das Indiz bezieht sich nur auf die Entscheidung selbst; hier aber überwogen die Indizien für Scheinselbständigkeit, die die Ausgestaltung der Tätigkeit betroffen hatten.