Ein in der Schweiz ansässiger Tickethändler, der online personalisierte Eintrittskarten für Veranstaltungen aus dem Zweitmarkt vermittelt, darf das gesetzliche Widerrufsrecht für Verbraucher-Kunden nicht ausschließen. Das hat das Kammergericht Berlin entschieden.
Ausschluss des Widerruf im Tickethandel nur, wenn Folgen den Veranstalter treffen
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits 2022 entschieden, dass bei einem Ticketkauf durch einen Verbraucher das gesetzliche Widerrufsrecht ausnahmsweise auch dann ausgeschlossen ist (siehe § 312g Nr. 9 BGB), wenn
- der Verkauf nicht direkt über den Veranstalter selbst erfolgt, sondern über einen Tickethändler, und
- die Folgen eines Widerrufs (nämlich die Ticketgelder zurückzahlen zu müssen), letztlich den Veranstalter treffen würden, der einen Tickethändler eingesetzt hat: Denn der Veranstalter soll nicht deshalb ein Risiko tragen, nur weil er einen Vermittler eingesetzt hat, der seine Tickets verkauft.
Wenn also der Tickethändler zwar im eigenen Namen, aber für Rechnung des Veranstalters von Freizeitbetätigungen handelt, dann darf sich auch der Vermittler auf den gesetzlichen Ausschluss des Widerrufsrechts berufen.
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Anders aber bei Zweitmarkttickets
Die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze gelten aber nicht, wenn ein Tickethändler Eintrittskarten aus dem Zweitmarkt vermittelt, hat jetzt das Kammergericht Berlin (in den anderen Bundesländern heißt diese zweite Instanz Oberlandesgericht) entschieden.
Von Eintrittskarten aus dem sogenannten Zweitmarkt spricht man, wenn bereits zuvor erworbene Tickets später weiterverkauft werden. Auf der Plattform des schweizer Tickethändlers konnten die Kunden sich aussuchen, für welche Veranstaltung sie ein Ticket erwerben wollten. Der Händler beschaffte dann ein passendes Ticket über Drittanbieter und übermittelte dieses an seine Kunden. Er trat also nicht als Veranstalter bzw. für den Veranstalter auf, sondern als Vermittler zwischen Erstkäufern (die ihr Ticket loswerden wollten) und Endkunden.
Anders als im vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall trifft im Zweitmarkt-Handel das wirtschaftliche Risiko eines Widerrufs nicht den Veranstalter selbst, sondern entweder den Erstkäufer des Tickets oder den Tickethändler: Es gibt keine vertragliche Beziehungen zwischen dem Händler/Vermittler und dem Veranstalter. Der Gesetzgeber wollte bewusst nur dem Veranstalter von Freizeitveranstaltungen den Ausschluss des Widerrufsrechts ermöglichen, nicht aber Vermittlern oder Wiederverkäufern, so das Berliner Gericht.