Ein Besucher beschmiert die Wand des Gebäudes? Ein Dienstleister rangiert mit dem Auto auf einer Wiese und hinterlässt tiefe Spuren? Man könnte nun auf die Idee kommen, zum Handy zu greifen und die Geschehnisse zu Beweiszwecken zu filmen. Oder: Die Veranstaltung ist aufgebaut, es sieht alles schön aus, die ersten Gäste treffen ein – und man möchte das nun im Foto oder Video festhalten und im Internet verbreiten. Darf man das?
Filmaufnahmen von Menschen, die nicht erlaubt sind, können eine Straftat sein!
Wann darf man Menschen filmen?
Der Grundsatz besagt: Erst einmal gar nicht – jedenfalls wenn sie erkennbar sind. Ausnahmen von dem grundsätzlichen Verbot finden sich einerseits im Persönlichkeitsrecht, andererseits im Datenschutzrecht. Beide Rechtsgebiete haben ihre eigenen Regeln, und es ist gar nicht so einfach, sie korrekt zuzuordnen.
Zunächst muss man wissen: Warum soll gefilmt werden? Werden die Aufnahmen bspw. zu Werbezwecken hergestellt bzw. werblich verwendet, wird in den meisten Fällen das Datenschutzrecht vorrangig sein. Das schauen wir uns jetzt mal genauer an an dem Beispiel, dass ein Veranstalter seine eigene Veranstaltung filmt bzw. filmen lassen will, um damit Werbung zu betreiben.
Der Veranstalter muss nun vorher (und zwar mit ausreichendem Zeitvorlauf) insbesondere folgende Fragen klären:
Warum?
Was soll alles mit den Aufnahmen gemacht werden? Zunächst gilt es also, die Zwecke zu finden, warum man die Aufnahmen macht. Und zwar nicht nur direkt nach der Veranstaltung, sondern auch ggf. noch viele Jahre später? Beispiele:
- Verwendung auf der eigenen Webseite
- Verwendung in Sozialen Medien
- Weitergabe an Sponsoren und Partner der Veranstaltung
- Bearbeitung der Aufnahmen, so dass bspw. auch einzelne Bilder verwertet werden können
Was?
Was wird gefilmt? Nur, wenn Menschen erkennbar sind, greift der Datenschutz. Filmt man ein leeres Gebäude, gibt es natürlich keine Daten (= Gesichter, Stimmen), die geschützt werden müssen. Dafür aber muss ggf. der Eigentümer des Gebäudes zustimmen, da man nicht einfach so Aufnahmen innerhalb eines Gebäudes machen darf.
Und werden urheberrechtlich geschützte Sachen gefilmt (z.B. Exponate, Wandbilder, Skulpturen), dann müssen ggf. die Urheber um Erlaubnis gefragt werden, d.h. auch das Urheberrecht spielt dann eine gewichtige Rolle.
Wer?
Natürlich ist (auch) wichtig, wer die Aufnahmen herstellt – denn diese Person kann ggf. Urheber an dem Filmwerk sein/werden. Beauftragt der Veranstalter bspw. eine Agentur, und ein Agenturmitarbeiter übernimmt die Kamera, dann kann er Urheber werden – mitsamt aller (starken) Rechte aus dem Urheberrechtsgesetz.
Wichtig im Datenschutz ist aber vor allem die Frage, wer für die Datenverarbeitung (= die Aufnahmen von Gesichtern und Stimmen) verantwortlich ist. Hier gibt es zwei Varianten, und eine erweiterte Form:
- Der Veranstalter kann alleine verantwortlich sein
- Der Veranstalter kann bspw. zusammen mit einem Partner oder mehreren Partnern gemeinsam verantwortlich sein (ein möglicher Fall: Ein Verband hat eine Veranstaltungsgesellschaft ausgegründet; die Gesellschaft ist Veranstalterin, aber Verband und Gesellschaft planen die Verwertung gemeinsam)
- Der Veranstalter beauftragt einen Dienstleister, der als Auftragsverarbeiter für den Veranstalter tätig wird
Denkbar ist natürlich auch, dass die verschiedenen Zwecke unterschiedliche Verantwortliche haben. Dann wird es natürlich noch komplizierter, und manchmal kann es schlauer sein, die Komplexität zu entschlacken und die Zwecke bspw. umzugestalten, bevor man am Ende vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.
Oftmals sind diese drei Fälle gar nicht so leicht auseinander zu halten. Und gerade wenn mehrere ins Spiel kommen, braucht man Zeit: Denn sowohl bei der Auftragsverarbeitung als auch bei der gemeinsamen Verantwortlichkeit muss vorab jeweils ein Vertrag geschlossen werden. Das kann Zeit kosten, bspw. wenn sich die Beteiligten (und deren Anwälte) womöglich gar nicht einig sind, welche Variante vorliegt. Also: Frühzeitig beginnen, diese Frage(n) zu klären!
Wie?
Wenn man sich die verschiedenen Zwecke erarbeitet hat (siehe oben bei warum?), muss man nun jedem Zweck eine geeignete Rechtsgrundlage zuordnen, z.B. die Einwilligung oder das berechtigte Interesse. Hier muss man aufpassen, nicht nach dem Rasenmäherprinzip alle Zwecke automatisch gleich zu behandeln; vielmehr muss jeder Zweck isoliert betrachtet werden. So können die Aufnahmen zum Zwecke der werblichen Berichterstattung oftmals über das berechtigte Interesse des Veranstalters gelöst werden; verfolgt man aber auch den Zweck, die Aufnahmen an 20 Sponsoren weiterzugeben, damit diese die Aufnahmen weiterverwerten können, wird man vermutlich für diesen Zweck nicht um eine Einwilligung der Betroffenen (= erkennbaren Personen) herumkommen.
Und spätestens wenn eine Einwilligung notwendig wird, muss man darauf achten, diese korrekt einzuholen. Denn unschön kann es werden, wenn der Veranstalter eine fehlerhafte Einwilligung beschafft, und die Aufnahmen dann gutgläubig an die 20 Sponsoren weitergibt, und diese die Aufnahmen fleißig verwerten – und vielleicht dafür auch Geld an den Veranstalter bezahlt haben. Denn es reicht dann ein einzelner Betroffener, der gegen die rechtswidrige Datenerhebung (= Aufnahme) vorgeht, und schlimmstenfalls müssen die Aufnahmen dann gelöscht werden – auch bei den Sponsoren. D.h. die Rechtsfolgen bei einer fehlerhaften Einwilligung können dem Verantwortlichen teuer zu stehen kommen.
Wo bzw. wohin?
Zu klären ist auch, wo die Aufnahmen gespeichert werden.
Wie lange?
Wie lange werden die Aufnahmen (damit auch die Daten wie das Gesicht oder die Stimme der Betroffenen) gespeichert?
Die Information
Die Antworten auf diese Fragen (und mehr) muss der Verantwortliche transparent den Betroffenen zur Verfügung stellen = mit der Datenschutzerklärung. Diese muss zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort (nämlich an/bei der Datenerhebung als solche) zur Verfügung gestellt werden,
- nicht zu früh, und
- nicht zu spät, und
- nicht zu unauffällig, und
- nicht unverständlich.
Alleine das ist oftmals schon eine Herausforderung.