Zum Wochenende einmal „leichte Kost“, eine wichtige Entscheidung des Bundesfinanzhofes für die steuerliche Behandlung einer Vermittlung von Eintrittskarten.
Was war passiert?
Ein Unternehmen besorgte für seine Kunden Eintrittskarten für Veranstaltungen einer Oper.
Die Eintrittskarten wurden von ihm bezahlt und an den Auftraggeber weitergegeben. Der Auftraggeber wiederum zahlte an das Unternehmen: Die Vergütung umfasste den Preis der Eintrittskarten und ein variables Entgelt für den Aufwand.
Das Finanzamt unterwarf die Umsätze im Zusammenhang mit der Beschaffung der Tickets dem ermäßigten Steuersatz von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG. Das Argument des Finanzamts: Das Unternehmen habe beim Kauf der Eintrittskarten auf eigene Rechnung gehandelt. Selbst wenn man ein Handeln auf fremde Rechnung unterstelle, seien die betreffenden Umsätze steuerpflichtig: Denn das Unternehmen das personenbezogene Merkmal für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20a UStG, dass der Umsatz von einer kulturellen Einrichtung einer Gebietskörperschaft oder eines mittels Bescheinigung gleichgestellten Trägers erbracht werde, nicht erfüllt.
Der Streitfall landete beim Bundesfinanzhof (BFH), der den Steuerbescheid des Finanzamtes aufgehoben hat.
Warum?
Die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 20a UStG, auf die sich das Unternehmen berufen hatte, gibt es nur, wenn die dort genannte steuerfreie Leistung auch „an das Unternehmen“ erbracht wurde.
Umsatzsteuerbefreit sind nämlich…
- die Umsätze folgender Einrichtungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Gemeindeverbände: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst.
Das Problem: Das die Tickets beschaffende Unternehmen war ja gar nicht selbst Veranstalter, sondern beschaffte eben nur die Tickets zu solchen Veranstaltungen.
Zunächst stellte der BFH aber fest, dass das Unternehmen mit der Beschaffung der Opern-Eintrittskarten für seine Kunden Besorgungsleistungen gemäß § 3 Abs. 11 UStG erbracht hat. Danach liegt eine sogenannte „Dienstleistungskommission“ vor, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und er im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt. In diesem Fall gilt die besorgte sonstige Leistung als an ihn und von ihm erbracht.
Diese Regelung fingiert also eine Leistungskette: Die aus Sicht des Zivilrechts erbrachte Geschäftsbesorgungsleistung des eingeschalteten Unternehmers wird umsatzsteuerrechtlich verneint und eine bestimmte „sonstige Leistung“ – hier die Berechtigung zum Besuch einer Oper – zwischen dem eingeschalteten Unternehmer und seinen Kunden fingiert.
Die besorgten Eintrittskarten berechtigten jeweils zum Besuch einer Oper. Hierbei handelt es sich um eine „sonstige Leistung“. Denn mit der Eintrittskarte erwirbt der Inhaber das Recht, eine bestimmte Leistung des Verpflichteten (hier Besuch der Opernaufführung) in Empfang zu nehmen. Der wesentliche Inhalt des Geschäfts ist der mit dem Erwerb der Eintrittskarte verbundene Anspruch auf eine Dienstleistung. Der wirtschaftliche Gehalt der Leistung ist auf den Besuch einer bestimmten Veranstaltung gerichtet. Der Verkauf einer Eintrittskarte stellt daher keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung dar.
Im eigenen Namen und auf fremde Rechnung?
Nun musste der BFH die Unterscheidung treffen zwischen „Kommissionär“ und „Vermittler“:
Nur wenn der zum Ticketkauf beauftragte Unternehmer im eigenen Namen auftritt, kann er als Kommissionär auftreten. Tritt er dagegen im fremden Namen auf, handelt er als Vermittler, die Leistungsbeziehung kommt dann allein zwischen seinem Auftraggeber und dem Dritten zustande.
Vom Eigenhändler unterscheidet sich dann weiter der Kommissionär durch sein Handeln für fremde Rechnung: Im Innenverhältnis muss er für seinen Auftraggeber ein fremdes Geschäft besorgen und sich gemäß § 667 BGB, § 384 HGB verpflichten, seinem Auftraggeber das infolge seines ausgeführten Auftrags Erlangte (hier die Tickets) herauszugeben. Die wirtschaftlichen Folgen der besorgten Leistung sollen bei einem Handeln für fremde Rechnung des Auftragnehmers entsprechend den zivilrechtlichen Vereinbarungen nur den Auftraggeber treffen.
Und eben dies hat der BFH im konkreten Fall bejaht: Das Unternehmen hatte die Tickets nur bei einem Auftrag beschafft und so weitergereicht. Bestellungen von Eintrittskarten ohne vorherigen Kundenauftrag sind danach nicht erfolgt. Der Auftraggeber war zudem verpflichtet, die von dem Unternehmen einmal besorgten Eintrittskarten in jedem Fall zu bezahlen. Die wirtschaftlichen Folgen sollten mithin allein den Auftraggeber treffen. Damit handelte das Unternehmen zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung. Dass das Unternehmen die Tickets mit einem zusätzlichen Entgelt verkauft hat, ändert daran nichts, denn der Unternehmer hat für seine Geschäftsbesorgung schon kraft Gesetz einen Anspruch auf Aufwendungsersatz (§ 670 BGB, § 396 HGB).
Besorgte Leistung und Besorgungsleistung teilen das gleiche Schicksal
Und nun kommt der dritte Schritt, nachdem man die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 11 UStG festgestellt hat.
Die Leistungen der Leistungskette, d.h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von unserem Unternehmen ausgeführte Leistung, werden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt.
Die für die besorgte Leistung (Ticket) geltenden Vorschriften sind mithin auch auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.
Da sich die Fiktion des § 3 Abs. 11 UStG auf die Leistungen selbst bezieht, nicht aber auf die leistende Person, sind die umsatzsteuerrechtlichen Merkmale der von dem Dritten besorgten Leistung (hier also die Steuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 20 UStG) in gleicher Weise für die Besorgungsleistung des vom Auftraggeber mit der Geschäftsbesorgung betrauten Unternehmers maßgeblich. Die besorgte Leistung und die Besorgungsleistung teilen deshalb umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich das gleiche Schicksal; beide sind beispielsweise steuerpflichtig oder – wie hier – steuerfrei.