Eine Reiseveranstalter hatte einen Gast einer Kreuzfahrt von Bord verwiesen, nachdem dieser angeblich in ein Glas uriniert haben soll. Der Gast hatte erhebliche Aufwendungen, um wieder zurück nach Deutschland zu kommen und verklagte den Reiseveranstalter auf Schadenersatz. Das Landgericht Düsseldorf entschied jetzt zu Gunsten des Reisenden: Der Veranstalter hätte ihn zunächst abmahnen müssen.
Urinieren störend, aber nicht gewalttätig
In dem Fall war noch streitig zwischen Reiseveranstalter und Reisendem, ob er tatsächlich in ein Glas gepinkelt hatte. Darauf kam es aber nach Ansicht des Landgerichts auch gar nicht an: Denn selbst wenn der Vorfall durch den Reiseveranstalter hätte bewiesen werden können, hätte das nicht ausgereicht, um den Reisevertrag zu kündigen: Das Pinkeln sei ggf. unangemessen oder störend, aber jedenfalls nicht gewalttätig, diskriminierend o.ä. Entsprechend sei auch eine Abmahnung nicht entbehrlich gewesen, zumal es sich, wenn überhaupt, um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt habe.
Erschwerend kam hinzu, dass der Reiseveranstalter auch die beiden Mitreisenden des Gastes auch gleich von Bord verwiesen hatte. Auch dies griff das Gericht auf: Wenn überhaupt, hätte es genügt, nur dem „Täter“ zu kündigen; dessen Fehlverhalten sei aber jedenfalls seinen Mitreisenden nicht zurechenbar.
Kündigung und Hausrecht in der Praxis
Wenn ein Veranstalter einen Gast oder einen Dienstleister von Bord schickt oder aus seiner Veranstaltung verweist, übt er einerseits sein Hausrecht aus (wenn er es denn überhaupt innehat), andererseits beendet er einen etwaigen Vertrag durch eine Kündigung.
Wenn nun der Betroffene gegen diese Maßnahme vorgeht, muss der Veranstalter nachweisen, dass er hierzu berechtigt war. Im Alltag kann das schnell ein Problem werden, wenn man nicht an die spätere Beweisbarkeit denkt.
Handlungsempfehlungen:
- Festlegen: Wer darf ein Hausverbot aussprechen? Wer darf eine Abmahnung oder Kündigung aussprechen? Sollte ggf. grundsätzlich ein Vorgesetzter gefragt werden, um emotionale Entscheidungen zu vermeiden?
- Können Grenzen definiert werden, welche Verhaltensweisen man zu dulden bereit ist, und welche nicht (mehr)?
- Können diese Grenzen quantifizierbar bzw. hinreichend bestimmt bspw. in einer Hausordnung oder im Besuchervertrag kommuniziert bzw. vereinbart werden?
- Wie kann ein Fehlverhalten später bewiesen werden? Protokolle, Zeugen, Fotos/Videos (auf Datenschutz achten!) usw. Mitarbeiter sollten darüber geschult werden, damit sie im Falle des Falles wissen, was sie tun sollen.
- Zeugen – bestenfalls nicht nur die eigenen Mitarbeiter – sollten das Gehörte und Gesehene umgehend schriftlich festhalten, und zwar so präzise wie möglich; der Veranstalter sollte sich davon Kopien aushändigen lassen (mitsamt Namen und Anschriften der Zeugen).
- Fotos oder Videoaufnahmen sind kritisch, wenn der Betroffene darauf erkennbar ist: Denn dann gelten die Grundsätze des Datenschutzrechts; und die lassen sich nicht einfach aushebeln durch einen etwaigen Verstoß gegen Hausregeln o.a. Lesen Sie dazu unsere FAQ zur Videoüberwachung im Lexikon.