Wenn Vertragspartner ein Wort verwenden, dass jeder anders versteht, dann hilft juristisch die sog. Auslegung: Man überlegt, wie der Begriff zu verstehen ist. Dabei kommt es darauf an, wer von den beiden diesen Begriff ins Spiel gebracht hat: Denn maßgeblich ist grundsätzlich die Sichtweise des anderen, wie der diesen Begriff vernünftigerweise verstehen durfte.
In einem Prozess, der nun vom Bundesgerichtshof entschieden wurde, ging es um die Bezeichnung „Auftragssumme“. In einem Vertrag verpflichtete sich der Auftragnehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe, die prozentual berechnet werden sollte – und als Bemessungsgrundlage war die „Auftragssumme“ vereinbart.
Der Auftragnehmer (= derjenige, der die Vertragsstrafe hatte zahlen sollen) verstand diesen Begriff als Netto-Auftragssumme, der Auftraggeber (also derjenige, der die Vertragsstrafe forderte) verstand diese als Brutto-Auftragssumme.
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass man dies tatsächlich so oder so verstehen könne, es sei jedenfalls nicht eindeutig.
In dem Fall hatte der Auftraggeber den Vertrag erstellt und damit auch diesen Begriff eingebracht. Nun greift eine Regel aus dem AGB-Recht: Gibt es zwei denkbare Auslegungsergebnisse, gilt das Ergebnis, das für den anderen Vertragspartner weniger belastend ist (siehe § 305c Absatz 2 BGB). Daher war der Begriff als Netto-Auftragssumme zu verstehen, weshalb der Auftragnehmer letzten Endes eine nicht unerheblich geringere Summe hat zahlen müssen (nämlich 19% weniger).
Diese Auslegungsschwierigkeiten gibt es übrigens auch oftmals bei Stornopauschalen: Bemessen sich diese am Netto- oder am Bruttowert der Vergütung? Wenn Sie die Klauseln vorgeben bzw. stellen, achten Sie darauf, dass solche Begriffe eindeutig zu verstehen sind.
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