Da immer noch erstaunlich verbreitet die Meinung ist, dass der Betreiber einer Versammlungsstätte für die bei ihm stattfindende Veranstaltung verantwortlich sei, sei nochmals wiederholt: Nein!

Ja, der Wortlaut des § 38 Absatz 1 MVStättVO orientiert auf den ersten Blick. Dort heißt es:

„Der Betreiber ist für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.“

Der Betreiber der Versammlungsstätte müsste sich, würde er diese Verantwortung wörtlich nehmen, komplett in die Planung der Veranstaltung einmischen: Er müsste an der Auswahl des Personals und der Dienstleister mitwirken, er müsste an der Auswahl der Technik mitwirken, am Zeitplan, an der Werbung usw. – denn alles kann sich auf die Sicherheit der Veranstaltung auswirken.

Aber:

Wenn ein Veranstalter auf einer leere Wiese oder auf einer Straße eine Veranstaltung durchführt, und ein Besucher wird bspw. durch Bühnenaufbauten verletzt, würde man auch nicht auf die Idee kommen, den Vermieter bzw. Eigentümer der Wiese oder der Straße in Anspruch zu nehmen. Warum sollte das innerhalb einer Versammlungsstätte anders sein?

Man kann die Aufgabenbereiche von Betreiber und Veranstalter klar abgrenzen, d.h. es besteht gar keine Notwendigkeit, den Besucher zu schützen, indem man den Betreiber als Verantwortlichen deklariert. Der Veranstalter ist für die Veranstaltung verantwortlich, und für alles, was er in die Versammlungsstätte hineinbringt. Der Betreiber ist für das verantwortlich, was bereits in der Versammlungsstätte ist und ihm bzw. zur Versammlungsstätte gehört.

Es ist auch gar nicht notwendig, dass die VStättVO den Betreiber zum Verantwortlich „für alles“ erhebt: Es gibt ja noch den Veranstalter, der immerhin Vertragspartner für die Besucher und Dienstleister ist.

Würde man die Formulierung „Sicherheit der Veranstaltung“ wörtlich nehmen, müsste man konsequenterweise auch „Einhaltung der Vorschriften“ wörtlich nehmen. Spätestens hier sollte aber auffallen, wie absurd es wäre, wenn der Betreiber für alle (!) Vorschriften verantwortlich sein sollte, die für die Veranstaltung anwendbar wären: Dann wäre er auch für die Abgabe der Künstlersozialkasse, Steuerzahlungen, Jugendschutz, Lebensmittelhygiene usw. verantwortlich – auch dann, wenn der Veranstalter das Essen verkauft usw.

Was ist die Versammlungsstättenverordnung? Sie ist kein Gesetz, sondern (nur) eine Verordnung. Während ein Gesetz vom Parlament erlassen wird, wird die Verordnung von der Verwaltung erlassen (Regierung, Behörden). Es wäre doch arg seltsam, wenn eine unterrangige Verordnung einem Betreiber derartig massive Pflichten auferlegen würde, die massiv über den eigentlichen Regelungsgehalt „Sonderbau“ hinausschießen – nämlich die Verantwortung für alles, was auf der Veranstaltung passiert. D.h. eine Verordnung aus dem Baurecht würde sich quasi anmaßen, auch Regelungen für Sachverhalte außerhalb des Baurechts zu treffen.

Die Ordnungswidrigkeitentatbestände der VStättVO (siehe § 47 MVStättVO) stellen nur Verstöße gegen die VStättVO selbst unter ein Bußgeld, nicht aber „alles“.

Der Wortlaut der Vorschrift ist also das einzige (!) Indiz, dass der Betreiber für mehr verantwortlich sei als für die Pflichten aus der VStättVO. Dass ein Wortlaut einer Vorschrift aber auslegungsbedürftig ist, ist keine Besonderheit. Und hier drängt sich angesichts der vorstehenden Argumente geradezu auf, dass die Vorschrift zwingend auslegungsbedürftig ist.

Ein Beispiel

Der Vermieter vermietet seine Halle an einen Konzertveranstalter. Dieser bringt u.a. mit und baut auf eine Bühne. Von dieser stürzt ein Künstler herunter, da die Bühnenkante nicht ordnungsgemäß gesichert war. Die Verantwortung hierfür liegt beim Veranstalter, und nicht beim Betreiber.

Fazit

Es gibt also keinen juristischen Grund, sich als Betreiber bspw. in das Sicherheitskonzept und in die Planungen des Veranstalters einzumischen.

Der Betreiber muss „nur“ darauf achten, dass er seine Betreiberpflichten erfüllt – also die Aufbauten des Veranstalters nicht gegen das Brandschutzkonzept oder den Rettungswegeplan verstoßen usw.

Es mag manche überraschen: Man ist nicht für alles verantwortlich, was passiert. Und man sollte sich auch nicht einreden lassen, für alles verantwortlich zu sein.