Die Arbeitszeit auf Veranstaltungen scheint die Verantwortlichen einzuschränken, sie können seine Mitarbeiter nicht einfach so lange arbeiten lassen, wie sie es gerne hätten. Das Arbeitszeitgesetz richtet sich grundsätzlich an den Arbeitgeber: Er muss dafür sorgen, dass seine Beschäftigten nicht länger arbeiten als gesetzlich erlaubt. Die Tatsache, dass das leider kaum einen interessiert, wollen wir an dieser Stelle nicht weiter kommentieren (aber nicht vergessen: Der Arbeitgeber kann sich strafbar machen!).
Etwas genauer wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob sich auch ein Freier Mitarbeiter an das Arbeitszeitgesetz halten muss.
Die Idee erscheint einfach: Der Arbeitgeber beauftragt einen Dienstleister, der für ihn arbeitet, und schon muss sich der Arbeitgeber nicht mehr um den Arbeitsschutz kümmern.
Dies aber stimmt nicht ganz:
1. Geltungsbereich der Unfallverhütung
In § 1 der DGUV Vorschrift 1 ist geregelt, dass die Unfallverhütungsvorschriften für Unternehmer und Versicherte gelten.
Ein freier Mitarbeiter, der sich freiwillig bei „seiner“ Berufsgenossenschaft versichert (in der Veranstaltungsbranche ist das oft die Verwaltungsberufsgenossenschaft, kurz VBG), muss sich also auch an die Vorschriften seiner BG halten.
Ausgenommen ist also grundsätzlich (nur) der Selbständige, der sich nicht freiwillig unfallversichert hat.
Aber, auch hier gibt es Ausnahmen: Denn es gibt Unfallverhütungsvorschriften, die ihrerseits ausdrücklich ihren Geltungsbereich erweitern. Das ist bspw. in der DGUV Vorschrift 38 „Bauarbeiten“ der Fall. Dort heißt es in § 1 Absatz 2 explizit´, dass diese Unfallverhütungsvorschrift nicht nur für Unternehmer und Versicherte gilt, sondern auch für „Solo-Selbstständige (Unternehmer ohne Beschäftigte)“.
Speziell zur Arbeitszeit:
Fraglich ist, ob sich der freiwillig bei der BG versicherte Selbständige auch an das Arbeitszeitgesetz halten muss. Das würde gar nicht funktionieren, da bekanntlich ein Selbständiger nicht nur beim Kunden arbeitet, sondern auch noch jede Menge Verwaltungsarbeit und Werbung machen muss. Tatsächlich ist es im Ergebnis so, dass das Arbeitszeitgesetz selbst nicht unmittelbar auch für den Selbständigen gilt. Aber: Um seinen freiwillig erhaltenen Unfallversicherungsschutz der BG nicht aufs Spiel zu setzen, sollte auch ein Freier Mitarbeiter nicht völlig übermüdet auf einer Veranstaltung arbeiten und durch diese Übermüdung einen Unfall erleiden.
2. Koordinierungspflichten
Werden Arbeitnehmer des Dienstleisters im Unternehmen des Auftraggebers eingesetzt, muss er sich vergewissern, dass die fremden Mitarbeiter hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben (§ 8 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetz).
3. Haftung durch Auswahlverschulden
Verursacht der freie Mitarbeiter bzw. der Dienstleister einen Schaden, kann dafür ggf. auch unser Arbeitgeber/Auftraggeber haften müssen.
Ohne auf die Details einzugehen (siehe hier): Kann man dem Arbeitgeber vorwerfen, seinen Dienstleister nicht ordnungsgemäß ausgewählt und überwacht zu haben, muss er im Regelfall auch für dessen Fehler haften.
Ein Beispiel:
Der Veranstalter beauftragt den freien Mitarbeiter Martin für die Durchführung der Veranstaltung. Martin arbeitet beim Aufbau, der Veranstaltung selbst und beim Abbau. Der Veranstalter weiß, dass Martin durchgehend arbeitet, und dies mehr als 10 Stunden am Stück. Nachdem Martin 16 Stunden am Stück gearbeitet hat, fährt er mit einem Hubwagen einem Besucher über den Fuß. Der Besucher nimmt den Veranstalter in Anspruch.
Der Veranstalter wird für den Schaden beim Besucher aufkommen müssen, da er wusste, dass Martin weit über die gesetzlich erlaubte Arbeitszeit von Arbeitnehmern hinaus arbeitet. Nun mag zwar das Arbeitszeitgesetz nicht unmittelbar für Martin gelten, jedoch kann man argumentieren, dass den Veranstalter Verkehrssicherungspflichten treffen, dafür zu sorgen, dass seine Dienstleister sich zumindest an den gesetzlichen Vorgaben orientieren und diese nicht erheblich überschreiten.
4. Verlust des Versicherungsschutzes
In vielen Versicherungsverträgen zwischen Versicherer und Selbständigen ist vereinbart, dass die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften eine Versicherungsobliegenheit ist: D.h., wer sich nicht an die Arbeitszeitregeln hält, verliert seinen Versicherungsschutz.
Muss nun im obigen Beispiel der Veranstalter dem verletzten Besucher Schadenersatz leisten, kann er vielleicht den Schaden vom Martin ersetzt verlangen (denn er hat den Schaden ja verursacht). Hat Martin aber nun seinen Versicherungsschutz verloren, riskiert auch der Veranstalter einen Ausfall, wenn Martin den Schaden nicht selbst bezahlen kann.
Unter dem Strich gibt es also gleich mehrere Gründe, dass der Veranstalter auch seine Dienstleister dazu anhalten sollte, sich an arbeitsschutzrechtliche Vorschriften zu halten, damit auch an die Arbeitszeiten. Dass die Kosten dann steigen (könnten), ist leider kein Argument, den Mitarbeiter über die gesetzlich zulässigen Zeiten hinaus arbeiten zu lassen – immerhin hat sich der Gesetzgeber ja etwas dabei gedacht, als er die Arbeitszeiten begrenzt hat.