Immer mehr Mandanten und Netzwerkpartner berichten, wie sie immer öfter KI verwenden, um Konzepte zu erstellen, Fotos, Logos usw. Sicher ist, dass der Anwendungsbereich der KI noch unterschätzt wird. Sicher ist aber auch, dass die KI eine Reihe von neuen Rechtsfragen mit sich bringt, die auch noch lange nicht gelöst sind.
Ein Beispiel:
Eine Eventagentur erstellt ein Eventkonzept und lässt sich dabei von KI-generierten Texten und Fotos unterstützen, die sie in ihr Konzept einfügt.
Hierbei drängen sich u.a. 2 zentrale Fragen auf:
- Muss die Agentur fremde Urheberrechte beachten bzw. droht ggf. eine Abmahnung durch Rechteinhaber (wenn Texte und Fotos in die Öffentlichkeit gelangen)?
- Hat die Agentur Urheberrechte an den Texten und Fotos?
Ein zweites Beispiel:
Mithilfe von KI wird ein möglichst echt aussehendes Bild einer fiktiven Person erstellt. Diese Person sieht aber der Frau Anna Müller verblüffend ähnlich.
Die Frage: Verletzt man die Persönlichkeitsrechte der Anna Müller, wenn man das Bild verwendet?
Wie so oft: Es kommt darauf an.
Rechtsverletzung durch die KI?
Das Problem wird sein, dass man nicht wirklich weiß, mit welchen Daten die KI gefüttert wurde – sicherlich aber mit Milliarden urheberrechtlich geschützter Werke. Wenn die KI also einen Text erstellt, den die Agentur verwendet, dann
- droht ihr eine Abmahnung, wenn dieser Text doch zu nah an einem urheberrechtlich geschützten Text ist.
- dürfte es keine Urheberrechtsverletzung sein, wenn die KI aus einer Vielzahl von Texten lediglich einzelne Worte oder ganz kurze Passagen neu zusammensetzt. In der EU wird aktuell darüber diskutiert, ob und inwieweit der KI-Hersteller ggf. Rechte erwerben könnte, da warten wir mal noch ab, wie sich die EU hierzu positioniert.
Aber wenn die eingesetzte KI einen Text oder ein Foto herstellt, der eine Urheberrechtsverletzung ist, dann kann sich die Agentur nicht darauf berufen, sie habe den Text ja nicht selbst erstellt, sondern eine Maschine. Denn spätestens dann, wenn die Agentur den Text bzw. das Foto verwendet, dann haftet sie auch für etwaige Urheberrechtsverletzungen, die darin enthalten sind.
Gleiches gilt wohl auch beim zweiten Beispiel oben: Wenn die erstellte künstliche bzw. fiktive Person aussieht wie Anna Müller, dann hat Anna Müller auch Persönlichkeitsrechte daran. Wer nun also dieses Bild verwendet und dabei den zulässigen Rahmen der Persönlichkeitsrechte verlässt (z.B. Einwilligung, Ereignis der Zeitgeschichte u.a.), begeht eine Rechtsverletzung. Und auch hier wird man sich nicht darauf berufen können, man habe ja nicht wissen können, dass sein fiktives Bild der Anna Müller so ähneln würde.
Urheberrechte durch die KI?
Wenn wir uns nur mal das Urheberrecht anschauen, wird die Komplexität schon deutlich, wenn man mit internationalen Anwendungen zu tun hat.
Es gibt kein internationales Urheberrecht, gerade bei internationalen Anwendungen wird es oftmals schon schwierig herauszufinden, welches (nationale) Urheberrecht anwendbar ist. Es gibt diverse internationale Abkommen, insbesondere die sog. Berner Übereinkunft (besteht schon seit 1886!), der WIPO-Urheberrechtsvertrag und die Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights („TRIPS“). Im Regelfall besteht das sog. Schutzlandprinzip. Demnach soll das nationale Recht des Staates angewendet werden, in dessen Stadt Urheberrechtsschutz beansprucht wird. Will also ein US-amerikanischer Urheber ein deutsches Unternehmen wegen Urheberrechtsverletzung verklagen, soll das deutsche Urheberrecht anwendbar sein, wenn er ortsbezogen Schutz innerhalb Deutschlands geltend macht.
Das Problem bspw. bei Internetseiten liegt auf der Hand: Theoretisch kann ein Webseitenbetreiber sich einer Vielzahl von nationalen Urheberrechtsgesetzen konfrontiert sehen – nämlich dann, wenn sich seine Webinhalte an das Publikum eben in mehreren Staaten richtet. Wer also bspw. zugleich deutsches, französisches, schweizerisches, dänisches und polnisches Publikum anspricht, darf sich auf eine wilde Gemengelage von rechtlichen Anforderungen gefasst machen (das ist übrigens genauso beim Verbraucherschutz…).
Schauen wir uns nur mal das deutsche Urheberrecht an, denn da ist das noch relativ einfach:
Das Urheberrecht erfasst nur menschlich geistiges Schaffen. Durch einen technischen Vorgang können also nur Urheberrechte entstehen, wenn der Mensch die Technik allein als Handwerkszeug seines geistigen Schaffens verwendet. Bei KI würde das bedeuten, dass der Nutzer der KI verhältnismäßig intensive Vorgaben machen müsste, und die KI dann eigentlich nur noch eine Art Suchmaschine ist, die auf Befehl des Nutzers die Inhalte zusammenfügt. Vermutlich also sind die wenigsten KI-generierten Inhalte urheberrechtlich geschützt.
Datenschutz
Ein mindestens ebenso großes Thema ist der Datenschutz. Beispielhaft seien folgende zwei Aspekte angesprochen:
Die Ergebnisse der KI bzw. eines ChatBots können fremde, personenbezogene Daten enthalten. Vor einer Verwertung (und eigentlich bereits vor der Erhebung) ist zu prüfen, ob eine geeignete Rechtsgrundlage dafür besteht (z.B. die Einwilligung der Teilnehmer einer Messe, deren Besucherverhalten analysiert werden soll) und die Betroffenen sind mittels Datenschutzerklärung zu informieren (da die Daten vermutlich ja nicht direkt beim Betroffenen erhoben werden, muss die Informationen binnen 1 Monats erfolgen, siehe Art. 14 DSGVO).
Unabhängig davon, ob die KI fremde Daten verarbeitet, kann auch der Nutzer der KI seinerseits personenbezogene Daten in die KI einspeisen oder einspeisen lassen. Letzteres ist bspw. der Fall, wenn ein Webseitenbetreiber einen ChatBot als Kommunikationsform mit Webseitenbesuchern eingesetzt wird. In jedem Fall muss der KI-Nutzer die Betroffenen entsprechend aufklären (Datenschutzerklärung).
Empfehlung:
Wenn Sie KI nutzen, schauen Sie unbedingt vorab in die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Anbieters. Passen diese Nutzungsbedingungen zu dem Zweck des Einsatzes der KI?
Angesichts der zurzeit volatilen Lage in Gesetzgebung und Rechtsprechung sollte jeder, der KI-generierte Inhalte verwendet, dokumentieren, mit welcher KI-Anwendung er welchen Inhalt erstellt hat. Vermutlich nämlich wird es früher oder später soweit kommen, dass Verwender von KI-generierten Inhalten diese entsprechend kennzeichnen müssen.
Wer also bereits jetzt dokumentiert, muss nachher nur die Fleißarbeit nachholen, die Kennzeichnungen anzufügen. Wer jetzt nicht dokumentiert, geht das Risiko ein, später nicht mehr nachvollziehen zu können, welche Inhalte wann wie durch wen erstellt und verwendet wurden. Allerdings sollte auch gesehen werden: Wer aktuell einen Inhalt als KI-generiert kennzeichnet, riskiert durchaus auch negative Reaktionen, das haben einige unserer Mandanten schon erleben müssen… man sieht, das wird bzw. bleibt ein spannendes Feld.
Mit Blick auf mögliche Unternehmenshaftung sollte ein Unternehmen KI-Guidelines erstellen und denjenigen Mitarbeitern an die Hand geben, die später mit KI arbeiten.
KI-generierte Inhalte sollten vom Menschen immer noch geprüft werden: Urheberrechte, Lauterkeitsrecht, Äußerungsrecht, Persönlichkeitsrechte, Datenschutz…
Es wäre sicherlich nicht ratsam, abzuwarten, bis der sog. AI-Act der EU fertig ist und in Kraft tritt. Denn das wird sicherlich noch ein paar Jahre dauern, aber ähnlich wie seinerzeit bei der DSGVO auch rückwirkende bereits erstellte KI-Inhalte betreffen wird. Wer dann bspw. seinen Social Media-Kanal bis zum Inkraftreten des AI-Acts bereits mit massenweisen KI-Inhalten gefüttert hat, könnte ein Problem bekommen – wenn er sich nicht bereits bei der Erstellung vorbereitet hat.