Die Versammlungsstättenverordnung ist ein Beispiel dafür, dass es wichtig ist, nicht nur die aktuelle Version der Verordnung, sondern auch noch diejenige des richtigen Bundeslandes heranzuziehen, wenn Fragen geklärt werden müssen.
Zwar orientieren sich alle Bundesländer stark an der Muster-Verordnung (MVStättVO), aber es gibt durchaus erhebliche Abweichungen.
Ein paar Beispiele:
Einige Bundesländer stellen auf die theoretische Besucherkapazität ab, d.h. dort kommt es für die Anwendbarkeit der Verordnung rein rechnerisch darauf an, wie viele Besucher in eine Versammlungsstätte passen.
Andere Bundesländer erlauben in § 1 Absatz 2, über ein entsprechendes Nutzungskonzept, aus dem hervorgeht, dass nicht mehr als 200 Besucher in der Versammlungsstätte sein werden, die Nichtanwendbarkeit der Verordnung:
„Soweit sich aus den Bauvorlagen nichts anderes ergibt…“.
In Nordrhein-Westfalen gibt es einen erweiterten Anwendungsbereich für Versammlungsstätten im Freien. Dort heißt es in § 1 Absatz 1 Nr. 2:
„Die Vorschriften des Teils 1 gelten für den Bau und Betrieb von … Versammlungsstätten im Freien mit Szenenflächen und Tribünen, die keine fliegenden Bauten sind und deren Besucherbereich für mehr als 1000 Besucherinnen und Besucher bestimmt ist, sowie solche Versammlungsstätten im Freien, die für mehr als 5 000 Besucherinnen und Besucher bestimmt sind…“
In Baden-Württemberg gibt es zwei Abweichungen in § 40 Absätze 4 und 5 bzgl. der Anwesenheit des Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik:
- In § 40 Absatz 4 ist die Größe der Szenenfläche auf 100 qm erhöht: In den anderen Bundesländern liegt die Untergrenze bei 50 qm, d.h. Baden-Württemberg (ebenso Rheinland-Pfalz) ist hier etwas großzügiger.
- Und in § 40 Absatz 5 sind die dort genannten Alternativen, bei denen die Anwesenheit einer Aufsicht führenden Person ausreichend ist, lediglich “oder“-Alternativen; in den anderen Bundesländern müssen hier alle Voraussetzungen gemeinsam erfüllt sein (“und”).
In Berlin muss der Betreiber u.U. den Sanitätsdienst bestellen (§ 37 Absatz 1 BetrVO):
„Erfordert es die Art der Veranstaltung, hat die Betreiberin oder der Betreiber ein Sicherheitskonzept zu erstellen sowie einen Sanitäts- und Ordnungsdienst einzurichten.“
In Rheinland-Pfalz kann die Bauaufsichtsbehörde die Einrichtung einer Brandsicherheitswache und einer Sanitätswache zumindest verlangen (siehe § 41 Absatz 4). Wohlgemerkt, vom Betreiber, nicht vom Veranstalter!
„Die Bauaufsichtsbehörde kann die Einrichtung einer Brandsicherheitswache und einer Sanitätswache verlangen.“
In Niedersachen werden die Aufgaben des Brandschutzbeauftragten beschrieben (§ 41 Absatz 1):
„Die oder der Brandschutzbeauftragte hat für die Einhaltung der Verpflichtungen nach den Absätzen 2 und 3 sowie der §§ 31, 32, 33 Abs. 3 bis 8 und der §§ 34 bis 36 zu sorgen.“
In Bayern gibt es eine Sonderregelung in § 47 VStättVO für die vorübergehende Nutzung von Räumen als Veranstaltungsstätte:
„Sollen Veranstaltungen nach § 2 Abs. 1 vor mehr als 200 Besuchern nur vorübergehend in Räumen durchgeführt werden, die nicht den Vorschriften dieser Verordnung entsprechen, ist dies der zuständigen Bauaufsichtsbehörde unter Angabe von Art, Ort, Zeitpunkt und Dauer der Veranstaltung sowie der voraussichtlichen Teilnehmerzahl rechtzeitig anzuzeigen; dies gilt nicht für die Durchführung von Veranstaltungen in Räumen, die als Versammlungsräume genehmigt sind, wenn die Genehmigung die Art der Veranstaltung einschließt. Die Bauaufsichtsbehörde bestätigt dem Betreiber oder Veranstalter den Eingang der Anzeige und teilt ihm mit, ob sie beabsichtigt, Maßnahmen nach Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO zu treffen. Art. 73 Abs. 3 Satz 1 BayBO bleibt unberührt.“