Die Gerichte haben sich bisher schwer getan mit der Frage, ob Werbung mit dem Begriff „Klimaneutralität“ zulässig ist, und inwieweit dieser Begriff genauer zu erläutern ist. Bisher hat es zu diesen Fragen unterschiedliche Urteile gegeben, nun hat der Bundesgerichtshof diese Diskussion beendet.
In dem von ihm entschiedenen Fall hatte ein Fruchtgummihersteller in einer Fachzeitschrift mit der Aussage geworben, man produziere „alle Produkte klimaneutral“ und einem Logo, das den Begriff „klimaneutral“ zeigte und auf die Internetseite eines „ClimatePartner“ verwies. Tatsächlich aber lief der Herstellungsprozess der Produkte nicht CO2-neutral ab, der Hersteller unterstützte aber finanziell über den „ClimatePartner“ Klimaschutzprojekte.
Der Bundesgerichtshof stellte nun fest, dass solcherlei Werbung irreführend (siehe § 5 Abs. 1 UWG) ist. Denn: Diese Werbung ist mehrdeutig, weil der Begriff „klimaneutral“ von den Lesern der Fachzeitung – nicht anders als von Verbrauchern – sowohl im Sinne einer Reduktion von CO2 im Produktionsprozess als auch im Sinne einer bloßen Kompensation von CO2 verstanden werden kann.
Im Bereich der umweltbezogenen Werbung – ebenso wie bei gesundheitsbezogener Werbung – ist eine Irreführungsgefahr besonders groß und es besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen.
Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff wie „klimaneutral“ verwendet, muss deshalb zur Vermeidung einer Irreführung bereits in der Werbung selbst erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist. Aufklärende Hinweise außerhalb der umweltbezogenen Werbung sind insoweit nicht ausreichend.
Eine Erläuterung des Begriffs „klimaneutral“ war hier auch deshalb erforderlich, weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität darstellen, sondern die Reduktion gegenüber der Kompensation unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes vorrangig ist.
Die Irreführung ist auch deshalb rechtlich relevant, da die Bewerbung eines Produkts mit einer vermeintlichen Klimaneutralität für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von erheblicher Bedeutung ist.