somboon kaeoboonsong (Getty Images)

Awareness auf
Veranstaltungen

und die Rechtsfragen dazu

Es gibt nicht die eine Definition von Awareness, und hierin sehe ich auch nicht meine Expertise – auf EVENTFAQ soll es ja hauptsächlich auch „nur“ um Rechtsfragen gehen.

Aber auch für diese Rechtsfragen hilft zunächst eine Erklärung: Awareness im Veranstaltungsbereich beinhaltet präventive und reagierende Maßnahmen zur Verhinderung und Sichtbarmachung von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen. Welche Rechtsfragen können sich dabei ergeben?

1. Pflicht zu Awareness?

Es gibt keine gesetzliche Pflicht zu Awareness-Maßnahmen, und man wird diese auch nicht aus einer Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters herleiten können.

Wird aber eine Schwelle zur Straftat erreicht, wird ein Veranstalter tätig werden müssen, z.B. um eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung zu verhindern, wenn sich ein Besucher oder eine Besucherin hilfesuchend an ihn wendet.

Eine Pflicht kann sich ggf. aus einem Vertrag ergeben, bspw. aus einem Mietvertrag oder Vertrag mit Mitwirkenden oder Sponsoren.

2. Straftat bei Nichtanzeige?

Zwar begeht der Veranstalter keine Straftat, wenn er eine mutmaßliche Straftat bei der Polizei nicht zur Anzeige bringt – jedenfalls solange nicht die schwere Straftaten des § 138 StGB im Raum stehen. Es sind aber zivilrechtliche Ansprüche denkbar, ebenso ggf. eine mediale Schelte, wenn Verdunkelung öffentlich werden sollte. Falsch wäre es jedenfalls, das mutmaßliche Opfer von der Hinzuziehung der Polizei abzuhalten oder ihr davon abzuraten.

Eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB) kommt bspw. dann in Betracht, wenn bspw. ein Team dabei zuschaut, wie eine Person von einer anderen Person angegriffen wird oder ein mutmaßliches Opfer um Hilfe bittet, aber weggeschickt wird.

3. Awareness-Teams

Der Auftraggeber bzw. Arbeitgeber der Teams muss – wie in allen anderen Fällen von Delegationen auch – im Einzelfall prüfen, ob der/die Delegierten den Aufgaben gewachsen sind (nicht nur fachlich, sondern auch psychisch, vgl. § 4 Nr. 1 ArbSchG.

Der Veranstalter bzw. Auftraggeber sollte klare Vorgaben machen, was die Teams dürfen und sollen, bzw. was sie nicht dürfen und nicht tun sollen.

Wie in vielen anderen Situationen, in denen es zu einer Art Auslieferung einer (ggf. schutzsuchenden) Person kommen kann, sollte im Eigeninteresse der Awareness-Teams großer Wert auf Nachweisbarkeit gelegt werden. Das gilt umso mehr, wenn nicht auszuschließen ist, dass der mutmaßliche Täter seinem Opfer und dem Awareness-Team in die Schutzbereiche folgt und es dort zu einem erneuten Aufeinandertreffen kommt, womöglich sogar in Bereichen, die noch weniger für Dritte einsehbar sind. Die Teams sollten aus mehreren Personen bestehen, und Helfer sollten mit mutmaßlichen Betroffenen nicht alleine sein/bleiben.

4. Hausrecht

Es sollte vorab geklärt werden, ob ein Awareness-Team auch Hausverbote o.ä. aussprechen und ggf. auch durchsetzen darf/soll, also das Hausrecht zumindest teilweise innehat. Ob eine Einräumung des Hausrechts sinnvoll ist, sollte sorgfältig je nach Art der Veranstaltung abgewogen werden.

5. Opfer von Straftaten

Personen, die in Awareness-Teams tätig sind, sollten nicht der Versuchung zu unterliegen, eine Strafverfolgung mit dem bewussten oder auch unbewussten Ziel zu behindern, dass es keine negativen Schlagzeilen über die Veranstaltung gibt. Und: Soweit einem mutmaßlichen Opfer bspw. ein Rückzugsraum zur Verfügung gestellt wird, sollte beachtet werden, dass jeder Zeitverlust womöglich die Chancen der polizeilichen Ermittlungsarbeit verringert. Hilfe kann auch so verstanden werden, unverzüglich die Polizei zu alarmieren, oder das Aufsuchen einer Beratungsstelle oder eines Rechtanwalts zu empfehlen.

6. Melde-/Beschwerdestelle

Wenn Funktionen eingerichtet werden, über die sich mutmaßlich Betroffene an das Awareness-Team bzw. den Veranstalter wenden können, sollte es klare Verhaltensregeln geben: Wer reagiert? Wie schnell ist zu reagieren? Wie wird reagiert?

Durch die Meldung bzw. den Hinweis auf mutmaßlich rechtswidriges Verhalten eines Besuchers oder Mitarbeiters kann eine Handlungspflicht des Awareness-Teams bzw. des Veranstalters entstehen. Bspw. muss das Team ggf. die Informationen an eine entscheidungsbefugte Person weitergeben (ob dann im konkreten Einzelfall zu handeln ist oder ob es ggf. Auswirkungen auf die Veranstaltung gibt).

Rechtsberatung: Online oder telefonisch

Rechtsberatung vom Fachmann: Rechtsanwalt Thomas Waetke berät Veranstalter, Agenturen, technische Gewerke, Konzeptersteller, Genehmigungsbehörden, Vermieter von Locations usw. zu allen Fragen aus dem Eventrecht.

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