Viele Arbeitnehmer arbeiten (teilweise) deutlich länger als es gesetzlich erlaubt wäre. In diesem Beitrag beleuchte ich den Fall, dass ein Arbeitnehmer nach einem Überziehen der Arbeitszeit einen Arbeits- oder Wegeunfall erleidet.
Ein Beispiel, das so selten nicht vorkommt: Am Freitagnachmittag findet die Veranstaltung statt. Am Donnerstag Abend gibt es bis spät noch tausend Kleinigkeiten zu tun, man kommt erst am späten Abend nach Hause. Am frühen Freitag morgen geht es weiter und es beginnt der Aufbau, bis in die Nacht wird abgebaut und dann nach Hause gefahren. So hat der Arbeitnehmer vielleicht 15 Stunden am Stück gearbeitet, und von Donnerstag auf Freitag keine ausreichende Ruhezeit (im Regelfall 11 Stunden zwischen 2 Arbeitstagen) gehabt. Auf dem Heimweg wird er aufgrund Übermüdung in einen Verkehrsunfall verwickelt und schwer verletzt.
Hier muss man nun unterscheiden zwischen den Rechtsfolgen für den Arbeitnehmer und für den Arbeitgeber.
Folgen für den Arbeitnehmer
Hier kommt es maßgeblich darauf an, worauf die Übermüdung beruht: Sollte die Unfallversicherung beweisen können, dass der Arbeitnehmer „berufsfremd“ übermüdet ist, dann steht er nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Das wäre bspw. der Fall, wenn er am Tag vorher Urlaub hatte, aber dort schon die ganze Zeit privat feiern war, und quasi schon „privat-bedingt“ übermüdet in die Arbeitszeit gekommen ist.
Ist der Arbeitnehmer aber betriebsbedingt übermüdet und hat deshalb den Unfall verursacht, dann bleibt der gesetzliche Unfallversicherungsschutz bestehen.
Es muss aber nicht der Arbeitnehmer nachweisen, dass er betriebsbedingt müde wurde; es muss vielmehr die Unfallversicherung nachweisen, dass der Arbeitnehmer berufsfremd übermüdet war.
Naja, könnte man meinen: Wenn man länger arbeitet als erlaubt und deshalb übermüdet einen Unfall verursacht, erhält man zumindest die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings muss man bedenken: Der Schaden bleibt so gesehen trotzdem beim Arbeitnehmer: Denn er ist verletzt und muss ggf. lebenslang unter der Verletzung leiden.
Vor ein paar Jahren hatte ich in einem TV-Bericht von einem Vorfall aus den USA gehört: Dort war ein Handwerker bei einem Arbeitsunfall schwer verletzt worden, so dass er querschnittsgelähmt sein künftiges Leben im Rollstuhl verbringen musste. Der Arbeitgeber hat ihm aber nicht etwa gekündigt, sondern den Job getauscht: Der rollstuhlfahrende Mitarbeiter arbeitete künftig im Büro das, was bis dahin der Chef gemacht hatte… und der Chef fuhr als Ersatz für seinen Mitarbeiter auf die Baustelle. Wenn denn diese Story stimmt, ist sie sicherlich ein Einzelfall.
Als Arbeitnehmer hat man immer noch ein ureigenes Interesse, nicht durch Übermüdung in einen Unfall verwickelt zu werden – in den ggf. auch unbeteiligte Dritte mit hineingezogen werden! Diese Art Folgen zahlt weder die Unfallversicherung noch ist sie durch noch so ein hohes Gehalt zu rechtfertigen.
Folgen für den Arbeitgeber
Im Regelfall handelt es sich zumindest um eine Ordnungswidrigkeit; unter Umständen macht sich der Arbeitgeber aber auch strafbar – und zwar alleine wegen des Verstoßes gegen das Arbeitszeitgesetz. So heißt es in § 23 ArbZG:
(1) Wer eine der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 7 bezeichneten Handlungen
1. vorsätzlich begeht und dadurch Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet oder
2. beharrlich wiederholt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.
Außerdem muss der Arbeitgeber in bestimmten Fällen damit rechnen, dass die leistende Unfallversicherung beim Arbeitgeber im Regresswege wiederholt.