Das Thema Scheinselbständigkeit ist für viele Unternehmen ein Damoklesschwert, dessen Wucht vielfach unterschätzt wird.
Was bedeutet Scheinselbständigkeit?
Ein Auftraggeber beauftragt einen Freien Mitarbeiter, der in Wahrheit ein Arbeitnehmer ist: Der Freie Mitarbeiter ist also nur zum Schein selbständig, eigentlich aber eben ein Arbeitnehmer.
Die Rechtsfolgen sind unangenehm: Der Scheinselbständige hat als Arbeitnehmer Ansprüche auf Lohn, Urlaub usw. Außerdem muss der Schein-Auftraggeber = Arbeitgeber Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen, zudem macht er sich ggf. auch strafbar.
Die Intention des Auftraggebers
Für Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber Steuern und Abgaben bezahlen sowie Lohn – auch dann, wenn der Arbeitnehmer krank oder im Urlaub ist. Diese Kosten wollen sich Unternehmen sparen und beschäftigen daher keinen Arbeitnehmer, sondern beauftragen externe, Freie Mitarbeiter. Da diese eigenständige Unternehmer sind, muss nur auf die Vergütung Umsatzsteuer bezahlt werden, die man als Auftraggeber aber wieder im Wege des Vorsteuerabzuges „zurückbekommt“. Außerdem muss der Auftraggeber den Freien Mitarbeiter nu bezahlen, wenn tatsächlich Arbeit zu erledigen ist.
Es gibt keine eindeutigen Kriterien der Scheinselbständigkeit, maßgeblich ist die Gesamtschau aller Umstände.
Das Sozialgericht Heilbronn hat mit Blick auf Musiklehrer, die an einer städtischen Musikschule als Freie Mitarbeiter beauftragt wurden, festgestellt, dass die vertragliche Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistung durch den Musiklehrer kein Indiz für Scheinselbständigkeit ist: Bei einer künstlerischen Leistung sei die Auftragsvergabe regelmäßig an die individuellen Fähigkeiten des Auftragnehmers geknüpft, so das Gericht. Außerdem sei auch aus pädagogischen Gründen ein Wechsel der Lehrkräfte nicht gewünscht.
Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber die Grundgedanken des Urteils sind interessant:
Tatsächlich kann die übernommene Pflicht, dass man als Einzelunternehmer den Auftrag tatsächlich nur selbst = höchstpersönlich durchführen dürfe, ein Indiz für Scheinselbständigkeit sein. Warum? Weil auch der normale Arbeitnehmer klassischerweise höchstpersönlich erscheinen und arbeiten muss, und nicht einfach einen Bekannten zur Arbeit schicken darf. Aufgrund dieser vergleichbaren Situation mit der freiwilligen vertraglichen Pflichtübernahme besteht also das Risiko, als scheinselbständig qualifiziert zu werden.
Das Sozialgericht Heilbronn hat aber festgestellt, dass es Berufe geben kann, bei denen es gerade auf die Höchstpersönlichkeit ankommt. Dies ist nicht nur bei Musiklehrern der Fall, sondern ggf. auch bei anderen Aufgaben, bei denen es auf die Ausführung durch den Auftragnehmer selbst maßgeblich ankommt = ohne dass es zulässig sein sollte, dass der Auftragnehmer irgendeinen Mitarbeiter den Auftrag ausführen lässt. Hier kann man auch an Berater der Techniker bei einer Veranstaltung denken.