Annette Shaff

Fliegende Bauten

Zelte, Fahrgeschäfte,
Karusselle u.a.

Auf vielen Veranstaltungen finden sich Buden, Fahrgeschäfte und Zelte: Hier können dann aus dem Baurecht die Regeln für “Fliegende Bauten” greifen.

Definition für Fliegende Bauten

Fliegende Bauten sind bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, wiederholt aufgestellt und abgebaut zu werden. Beispiele: Bierzelte, Fahrgeschäfte, Tribünen. Bevor sie das erste Mal aufgestellt werden, ist eine Ausführungsgenehmigung erforderlich (u.a. nicht bei Zelten unter 75 qm Größe).

Die Versammlungsstättenverordnung ist für sie nicht anwendbar (§ 1 Absatz 3 Nr. 4 MVStättVO), da es hierzu eigene Richtlinien gibt. Allerdings kann aus einem Fliegenden Bau eine Versammlungsstätte werden, wenn bspw. das Zelt mehrere Monate aufgestellt bleibt: Dann gilt die Versammlungsstättenverordnung, wenn die dortigen Voraussetzungen für das Zelt zutreffen.

Der Hintergrund: Die MVStättVO gilt für ortsfeste Versammlungsstätten. Sie werden einmal „abgenommen“. Bei Fliegenden Bauten, z.B. Festzelten, liegt die Gefahr gerade in dem ständigen Auf- und Abbau an verschiedenen Orten; daher müssen sie jeweils direkt nach dem Aufbau, aber vor der Inbetriebnahme abgenommen werden.

Neue AGB oder Verträge?

Sie wollen sich absichern? Sie brauchen einen möglichst „wasserdichten“ Vertrag bzw. AGB? Sie haben ein spezielles Projekt und brauchen dazu spezielle Regelungen?

Für sie gelten auch besondere Regeln, da eine zusätzliche Gefahr bei ihnen darin besteht, dass sie gerade nicht einmal aufgebaut werden und dann stehen bleiben: Gerade durch das Auf- und Abbauen an verschiedenen Orten kann es zu Fehlern kommen. Die sollen durch bspw. eine Prüfung der Ausführungsgenehmigung vermieden werden, außerdem gibt es das Baubuch, in das der Prüfer hineinschauen kann: Beim ersten Mal wird im Baubuch festgehalten, wie bspw. eben das Zelt ordnungsgemäß aufzustellen ist (z.B. wie viele Erdnägel bei welchem Untergrund notwendig sind). So kann ein Prüfer an einem anderen Standort sehen, worauf er achten muss, ohne das Zelt insgesamt nochmals prüfen zu müssen.

Ähnlich wie bei der Versammlungsstättenverordnung gibt es auch bei der Richtlinie für Fliegende Bauten ein Muster; diese Richtlinie entspricht in vielen Dingen der MVStättVO, aber eben ausgelegt für die Besonderheiten bei Zelten, Fahrgeschäften usw.

Auf der Webseite der Bauministerkonferenz finden sich u.a. Listen der Genehmigungsstellen und Auslegungshilfen rund um Fliegende Bauten.

Für ortsfeste Locations (= auch Fliegende Bauten mit einer Standzeit von mehr als 6 Monaten) ist ggf. die Versammlungsstättenverordnung anzuwenden.

Achten Sie darauf, dass es in den Bundesländern unterschiedliche Regelungen, Anforderungen und Vorgehensweisen der Behörden geben kann! Diese können Sie im Regelfall bei Ihrem Zeltbauer oder bei den örtlichen Behörden erfragt werden.

Ausgewählte Fragen zu Fliegenden bauten:

Was sind die Ausführungsgenehmigung, Prüfbuch, Gebrauchsabnahme und Anzeigepflicht?

Fliegende Bauten, die zum ersten Mal aufgestellt und in Betrieb genommen werden, benötigen in der Regel eine Ausführungsgenehmigung, die vom TÜV Nord ausgestellt wird und die in einem sog. Prüfbuch dokumentiert wird.

Fliegende Bauten, die eine Ausführungsgenehmigung benötigen, sind dem zuständigen Bauamt (je nach Bundesland unterschiedlich) vor ihrer Aufstellung anzuzeigen.

Mit der Anzeige ist u.a. das Prüfbuch, insbesondere die aktuell gültige Ausführungsgenehmigung, vorzulegen. Anhand des Prüfbuchs kann die lokal zuständige Behörde bei einer Gebrauchsabnahme schnell erkennen, ob die im Rahmen der Ausführungsgenehmigung als notwendig festgehaltenen Maßnahmen eingehalten sind (z.B. wie viele Erdnägel sind notwendig?).

Die Inbetriebnahme kann von einer Gebrauchsabnahme abhängig gemacht werden.

Wann sind Fliegende Bauten anzeigepflichtig?

Fliegende Bauten, die eine Ausführungsgenehmigung benötigen, sind dem zuständigen Bauamt (je nach Bundesland unterschiedlich) vor ihrer Aufstellung anzuzeigen. Mit der Anzeige sind die für den Aufbau und den Betrieb Verantwortlichen mit Angaben von Name, Anschrift und Telefon zu benennen. Es sind Angaben zum Standort und zur Art der Nutzung (Kurzbeschreibung) sowie der maximalen Personenanzahl zu machen. Das Prüfbuch, insbesondere die aktuell gültige Ausführungsgenehmigung, ist vorzulegen.

Nicht anzeigepflichtig sind sog. unbedeutende Fliegende Bauten, an die keine besonderen Sicherheitsanforderungen gestellt werden. Dies sind (ggf. Abweichungen in den Bundesländern!):

  • Erdgeschossige Zelte und betretbare Verkaufsstände
    • mit einer Grundfläche des einzelnen Zelts bis 75 qm oder
    • im Verbund aus mehreren einzelnen Zelten aufgestellt mit einer Grundfläche von insgesamt maximal 75 qm und einem Abstand einzelner Verbünde zueinander von mehr als 2 Meter,
  • Bühnen einschließlich Überdachungen und sonstiger Aufbauten
    • bis zu einer Höhe von 5 Meter,
    • deren Grundfläche weniger als 100 qm beträgt,
    • mit einer Fußbodenhöhe von maximal 1,5 Meter,
  • Fliegende Bauten bis 5 Meter Höhe
    • die nicht dazu bestimmt sind, von Besuchern betreten zu werden,
    • die für Kinder betrieben werden und eine Geschwindigkeit von höchstens 1 m/s haben,
  • aufblasbare Spielgeräte
    • mit einer Höhe des betretbaren Bereichs von maximal 5 Meter, oder
    • mit überdachten Bereichen mit Entfernungen zum Ausgang von maximal 3 Meter (sofern ein Absinken der Überdachung konstruktiv verhindert wird, ist die Entfernung zum Ausgang auf 10 Meter begrenzt)
  • Toilettenwagen

Nicht anzeigepflichtig bedeutet aber nicht, dass man solcherlei Bauten bauen könne, wie man will. Natürlich gelten baurechtliche und andere Vorschriften fort, auch gelten Verkehrssicherungspflichten und Unfallverhütungsvorschriften. Hier sind umso mehr der Aufsteller bzw. Veranstalter gefordert, sich bspw. um Brandschutz und Standsicherheit zu kümmern!

Wer ist Betreiber bei einem Festzelt?

Ein Veranstalter mietet ein großes Festzelt und lässt es durch den Vermieter aufbauen. Der Veranstalter installiert dann selbst noch die Rettungswegzeichen, die komplette Beleuchtung, eine große Bühne und einen das ganze Zelt in Anspruch nehmenden Traversensystem, Gastronomie usw. im Zelt. Der Veranstalter stellt sich nun die Frage, ob er (auch) Betreiber ist.

Bei einem Festzelt handelt um einen so genannten Fliegenden Bau. Nur, wenn von vornherein feststehen würde, dass das Zelt mehr als sechs Monate an diesem Standort stehen sollte, wäre es kein Fliegender Bau, sondern eine Versammlungsstätte.

Die Unterscheidung ist wichtig: Die Versammlungsstättenverordnung (bzw. Sonderbauordnung in NRW bzw. Betriebsordnung in Berlin) schließt die Anwendbarkeit der Verordnung auf Fliegende Bauten nämlich ausdrücklich aus (siehe § 1 Abs. 3 Nr. 4 MVStättVO). Warum? Weil es eine Richtlinie für Fliegende Bauten gibt, die spezielle Regelungen enthält.

Auch bei Fliegenden Bauten gibt es einen Betreiber, das kann der Zelteigentümer sein. Unser Veranstalter, der das Zelt nur mietet, fragt sich nun, ob er die Vorschriften, die sich speziell an den Betreiber richten, beachten müsse.

Das „Problem“: Der Zeltvermieter hat das Zelt aufgestellt und ist „gegangen“, d.h. er ist insbesondere nicht mehr vor Ort.

Zunächst sei gesagt, dass die Frage aus rein rechtlicher Sicht nicht ohne Weiteres eindeutig beantwortet werden kann, zumal es hierzu keine höchstrichterlichen Entscheidungen gibt (zumindest nach meinem Kenntnisstand)

Allerdings gibt es drei äußerst schlagkräftige Argumente:

  • Den Veranstalter treffen ohnehin die Verkehrssicherungspflichten. Hiernach muss er das Erforderliche und Zumutbare tun, um Schäden zu verhindern. Was ist erforderlich und zumutbar? In unserem Fall wäre es erforderlich und zumutbar, dass sich der Veranstalter an die Vorschriften aus der Richtlinie für Fliegende Bauten hält. Dies gilt umso mehr, wenn der Zeltvermieter seine Aufgaben offensichtlich nicht sonderlich ernst bzw. wahr nimmt und die Rechtslage nicht eindeutig ist.
  • Der Veranstalter erstellt bauliche Anlagen in dem Zelt, die ihrerseits Fliegende Bauten sind bzw. sein können. Er wäre also zumindest diesbezüglich Betreiber im Sinne der Richtlinie. Da insbesondere der Ground Support das gesamte Zelt „ausfüllt“, entspricht die Stellung des Veranstalters durchaus auch der Stellung des Betreibers, jedenfalls in räumlicher Sicht.
  • Der Veranstalter baut selbständig das Licht und die Sicherheitsbeleuchtung ein usw. Durch die Übernahme dieser eigentlich (auch) einem Betreiber vorbehaltenen Aufgaben übernimmt der Veranstalter aber jedenfalls die dem Betreiber obliegenden Verkehrssicherungspflichten.

Alle drei Argumente führen dazu, dass sich der Veranstalter an die Richtlinie zu halten hat.

Zugegeben ist damit die Frage, ob er denn nun auch tatsächlich Betreiber ist, noch gar nicht beantwortet. Aus rechtlicher Sicht spielt das aber auch keine Rolle mehr, da der Veranstalter ja jetzt zumindest nichts mehr falsch macht: Sollte im Streitfall ein Gericht entscheiden, dass der Veranstalter auch Betreiber war, dann hat er sich ja an die Richtlinie gehalten. Sollte sich herausstellen, dass er kein Betreiber war, dann hat der Veranstalter halt „zu viel“ Sicherheit geboten (es gibt wahrlich Schlimmeres…).

Außerdem könnte auch noch folgendes Argument greifen:

  • Wenn der Eigentümer eines Zeltes (vgl. … Halle) das Zelt nackt und leer zur Verfügung stellt, und der Veranstalter das Zelt (… die Halle) eigenverantwortlich aus- und umbaut und das Ensemble ausschließlich für sich nutzt, dann könnte auch der Veranstalter als baurechtlicher Betreiber angesehen werden. Diese (schwierige) Rechtsfrage brauchen wir hier nicht klären, da es schon genügend andere Argumente gibt, dass sich der Veranstalter an die Richtlinie hält uns zumindest so tut, als wäre er der Betreiber.
Welche Verantwortlichkeiten gibt es bei Fliegenden Bauten?

Werden Fliegende Bauten aufgestellt oder betrieben, sehen die Regelwerke vor, dass bestimmte Personen anwesend sein müssen:

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