In Kiel hat kürzlich ein Veranstalter ein Konzert abgesagt, nachdem er festgestellt hat, dass ein Bandmitglied Didgeridoo spielt: Das Instrument „gehöre“ den australischen Ureinwohnern und solle demnach auch nur von diesen gespielt werden; als deutscher Musiker würde man sich fremde Kultur aneignen und damit auch noch Geld verdienen. Es ist nicht die erste Absage mit diesem Argument, das wir inhaltlich hier nicht kommentieren wollen. Wir wollen uns vielmehr die rechtliche Seite anschauen: Wäre das ein zulässiger Grund, ein Konzert abzusagen?
Eine „Absage“ ist im Regelfall eine Kündigung oder ein Rücktritt.
Kündigung oder Rücktritt?
Beide Fälle sind gesetzlich geregelt: Die Kündigung wirkt in die Zukunft („der Vertrag endet jetzt hier vorzeitig“), der Rücktritt wirkt zurück („der Vertrag wird rückwirkend aufgehoben“). Bei einer Kündigung ist meist etwas passiert („Kündigung aus wichtigem Grund“ = außerordentliche Kündigung), es gibt aber auch grundlose Kündigungen (= ordentliche Kündigung). Der Rücktritt greift meist bei Nichtleistung trotz Mahnung oder bei Unmöglichkeit (z.B. bei höherer Gewalt).
Da die Rechtsfolgen von Kündigung und Rücktritt unterschiedlich sind, kommt es bei einer „Absage“ also darauf an, warum abgesagt wird.
Gesetz oder Vertrag?
Im Vertrag können die Vertragspartner bestimmte Szenarien bzw. Ereignisse festlegen, bei denen ein Rücktritt oder eine Kündigung möglich ist.
Ein bekannter Kündigungsgrund ist bspw. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Hier sollten die Vertragspartner überlegen, was Ihnen wichtig ist: Denn nicht jeder subjektiv als wichtig empfundene Grund ist auch tatsächlich ein Kündigungsgrund – wird er also nicht vereinbart, kann man sich womöglich gesetzlich nicht darauf berufen.
Einmal unterstellt, man würde eine „kulturelle Aneignung“ im Vertrag verbieten und dies als Kündigungsgrund vereinbaren: Letztlich handelt es sich hierbei um einen jungen Begriff, über den man trefflich streiten kann: Wann beginnt eine solche Aneignung? Wollte man das also ernsthaft als Kündigungsgrund vereinbaren, müsste man schon recht präzise Parameter definieren bzw. konkrete Beispiele nennen.
Es kann übrigens eine Vielzahl von Gründen geben, z.B.:
- Äußerungen eines Vertragspartners mit extremistischen, beleidigenden, antisemitischen, diskriminierenden und anderen nicht gewollten Inhalten
- Veränderung des Vertragszwecks
- Fehlende Beibringung von vereinbarten Unterlagen bzw. Informationen
- Nicht bezahlte Vorschussrechnungen
- Bestimmte Vertragsverstöße
- Veränderte Sicherheitslage
- Einseitige Reduzierung der Teilnehmerzahlen
- Nichterreichen vereinbarter Teilnehmerzahlen
- Veränderungen der Gesellschafteranteile eines Vertragspartners
- Unvereinbarkeit mit bestimmten Prinzipien und Regeln
- Arglist, Täuschung, Drohungen usw.
- Bekanntwerden von Risiken oder Mängeln
- Unzulässiger Betrieb von Einrichtungen oder Anlagen
Übrigens ist eine Kündigung ggf. nicht möglich, wenn der Kündigungsgrund bereits bei Vertragsschluss bekannt war.
Nicht vorschnell!
Man sollte nicht ohne Not mit Kündigungsgründen um sich werfen… denn es kann durchaus passieren, dass der kündigende Vertragspartner Geld verliert, wenn er kündigt oder zurücktritt.
Daher sollte bereits bei der Vertragsgestaltung überlegt werden, welche Rechtsfolgen sinnvoll sind.
Außerdem: Man stelle sich den hektischen Alltag einer Veranstaltung vor; es kommt zu einem unschönen Ereignis, Emotionen kochen hoch, es wird eine Kündigung ausgesprochen. Der gekündigte Vertragspartner fordert hinterher Schadenersatz mit dem Argument, man habe unrechtmäßig den Vertrag vorzeitig beendet. Oftmals hat der Kündigende Schwierigkeiten, seinen Kündigungsgrund nachzuweisen: War es damals wirklich so laut, so schlimm oder irreparabel?