Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), zuständig für die Überwachung und Durchsetzung der Vorschriften des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), hat eine Handreichung zur Zusammenarbeit zwischen verpflichteten Unternehmen und Zulieferern veröffentlicht.
Verpflichtet ist ein Unternehmen dann, wenn es mehr als 1000 Arbeitnehmer hat (die EU will diese Zahl noch erheblich reduzieren, und damit den Kreis der verpflichteten Unternehmen stark ausweiten). Betroffen vom LkSG sind aber auch kleine Unternehmen – nämlich dann, wenn sie Zulieferer eines verpflichteten Unternehmens sind.
Seit Anfang des Jahres kommt es immer öfter vor, dass sich Auftragnehmer wundern, was sie alles beurkunden, bestätigen oder beauskunften sollen. Hintergrund solcher Fragen des (potentiellen) Auftraggebers ist die sich aus dem LkSG ergebende Pflicht, seine Lieferketten auf mögliche Menschenrechts- und Umweltrechtsverletzungen zu prüfen (z.B. Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften).
In seiner Handreichung warnt nun das BAFA ausdrücklich davor, dass das verpflichtete Unternehmen an seine Zulieferer (1.) pauschalisierte und/oder (2.) überfordernde Anforderungen stellt. Solche Maßnahmen sollen dazu führen können, dass das BAFA die Maßnahmen als unangemessen bewertet und eine Prüfung durch das BAFA auslösen.
Der Zwiespalt für die Zulieferer
Nehmen wir beispielhaft an, dass eine Agentur Teil der Lieferkette für seinen Kunden ist, und dass dieser Kunde ein verpflichtetes Unternehmen ist.
Und nehmen wir an, dass der Kunde nun ein umfangreiches Regelwerk mit umfangreichen Verhaltensregeln vorlegt und von der Agentur verlangt, zu garantieren und zuzusichern, alle Maßnahmen zur Vermeidung von Menschenrechts- und Umweltrechtsverstößen umzusetzen.
Das BAFA könnte derlei pauschalisiertes und einseitiges Vorgehen als unangemessen bzw. unwirksam bewerten.
Die Frage ist aber, ob in diesem Fall die vertraglichen Pflichten bestehen bleiben. Anders ausgedrückt: Führen unwirksame Maßnahmen i.S.d. LkSG auch zu einer agb-rechtlichen Unwirksamkeit im Zivilrecht?
Diese Frage wird insbesondere dann relevant, wenn der Kunde nun den Vertrag mit seiner Eventagentur aufgrund eines Verstoßes gegen die Zusicherung kündigen oder er eine Vertragsstrafe geltend machen möchte. Diese Frage werden sicherlich in den kommenden Jahre die Gerichte klären müssen, zum Leidwesen der Vertragspartner, die bis zu höchstrichterlichen Entscheidungen ein gewisses Risiko tragen.
Dieses Risiko soll gemäß der Handreichung aber schon das verpflichtete Unternehmen verhindern, indem es erst gar nicht solche einseitigen Forderungen an seine Lieferanten (= die Agentur) stellt. Vielmehr soll differenziert werden anhand der durchzuführenden Risikoanalyse, ob eine deutsche Eventagentur nicht ggf. derlei geringe Risiken für Menschenrechte und Umweltrechte mit sich bringt, dass allzu massive Maßnahmen schon entbehrlich sind.
Auf der anderen Seite sollte der Auftragnehmer, der sich aus seiner Sicht unfairen Maßnahmen konfrontiert sieht, durch aus mutig widersprechen – was auch das BAFA empfiehlt.
Aktuell dürfte das Problem womöglich nicht sehr groß sein, da der Kreis der verpflichteten Unternehmen noch überschaubar ist (ca. 5.000 Unternehmen). Wenn sich die EU durchsetzt und ihr geplantes eigenes Gesetz umsetzt, dann wird sich allerdings die Anzahl der verpflichteten Unternehmen stark erhöhen (dann sollen bereits Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern und einem Umsatz von mehr als 150 Mio Euro betroffen sein). Und: Die EU wird auch die Haftung der verpflichteten Unternehmen radikal verschärfen: Aktuell haftet das verpflichtete Unternehmen nur für die Prüfung an sich, aber nicht, wenn ein Zulieferer doch Verstöße begeht. Eben das soll sich nach dem Willen der EU künftig ändern – dann wird es sicherlich umso wichtiger werden, dass auch Auftragnehmer (unabhängig von ihrer Größe) ganz genau aufpassen, was sie da unterschreiben.