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Barrierefreiheit

bei baulichen Anlagen,
Merch und Ticketshops

In diesem Beitrag beschränke ich mich auf die Barrierefreiheit baulicher Anlagen und Internetseiten. Beginnen wir mit den baulichen Anlagen.

Allgemein gilt:

Barrierefrei sind bauliche (…) Anlagen (…), wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (§ 4 Behindertengleichstellungsgesetz).

Barrierefreiheit bedeutet insoweit nicht etwa, dass bspw. der Fluchtweg stets barrierefrei im Sinne von allein-nutzbar sein muss.

Barrierefreiheit in der Bauordnung

Im Baurecht besagt ganz allgemein zunächst die Musterbauordnung (§§ 50 und 51):

Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für

  • Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
  • Sport- und Freizeitstätten (…)

Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucher und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein.

Dies nicht, soweit die Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderung nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.

An Sonderbauten können im Einzelfall zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach § 3 Abs. 1 MBO besondere Anforderungen gestellt werden. Erleichterungen können gestattet werden, soweit es der Einhaltung von Vorschriften wegen der besonderen Art oder Nutzung baulicher Anlagen oder Räume oder wegen besonderer Anforderungen nicht bedarf. Die Anforderungen und Erleichterungen können sich insbesondere erstrecken auf (…) Nr. 16 die barrierefreie Nutzbarkeit.

MVStättVO

Soweit für eine Versammlungsstätte die Versammlungsstättenverordnung anwendbar ist, finden sich dort auch sonderbaurechtliche Vorgaben in Bezug auf Rollstuhlfahrer und behinderte Besucher.

In Versammlungsräumen mit Reihenbestuhlung müssen

  • von bis zu 5 000 vorhandenen Besucherplätzen mindestens 1 % und
  • von darüber hinaus vorhandenen Besucherplätzen mindestens 0,5 %,

mindestens jedoch zwei Plätze als Flächen für Rollstuhlbenutzer freigehalten werden. Die Plätze und die Wege zu ihnen sind durch Hinweisschilder gut sichtbar zu kennzeichnen. Für Versammlungsstätten im Freien, Freisportanlagen und Sportstadien gelten Satz 1 und 2 entsprechend (§ 10 MVStättVO).

Mindestens eine je 12 der nach § 12 Absatz 1 erforderlichen Toiletten muss barrierefrei sein (§ 12).

Die Zahl der notwendigen barrierefreien Stellplätze muss mindestens der Hälfte der Zahl der nach § 10 Abs. 7 erforderlichen Besucherplätze entsprechen. Auf diese Stellplätze ist dauerhaft und leicht erkennbar hinzuweisen (§ 13).

Der Betreiber oder ein von ihm Beauftragter hat im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle eine Brandschutzordnung und gegebenenfalls ein Räumungskonzept aufzustellen. Darin sind (…)  die Maßnahmen, die im Gefahrenfall für eine schnelle und geordnete Räumung der gesamten Versammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung erforderlich sind, festzulegen (§ 42 Abs. 1).

DIN 18040 Teil 1

In dieser DIN wird bspw. der Mehrbedarf an Bewegungsflächen für behinderte Menschen betrachtet. Ein Mehrbedarf entsteht durch Nutzung von Hilfsmitteln, wie Rollstuhl und Rollator. Aber auch Sehbehinderte und Blinde benötigen mehr Raum.

Neben allgemeinen Regelungen bspw. zu Rampen, Wegen und Treppen (die z.B. über die Anforderungen des § 8 MVStättVO hinaus gehen) gibt es auch ein paar Details speziell für Veranstaltungsräume (Ziffer 5.2).

DGUV Information 215-121

Seit 2018 gibt es die DGUV Information 215-121: Gestaltung barrierefreier Tagungen, Seminare und sonstiger Veranstaltungen.

Barrierefreiheit bedeutet nicht nur rollstuhlgerechte Zugänge zu Gebäuden über Rampen und Aufzüge – und hier setzt die Informationsschrift und informiert über die zahlreichen Möglichkeiten von Barrieren: Räumlich, sozial, taktil, visuell, auditiv, hygienisch und stofflich. Barrieren sind mehr als Stufen im Gebäude, sondern auch fehlende Gebärdensprach-Dolmetscher bis hin zu Aufzügen ohne Ansage der Stockwerke.

Um die Umsetzung vor Ort und die Vorbereitung, Planung sowie Nachbereitung zu erleichtern, findet sich in der Informationsschrift eine Checkliste. Wenn Betreiber und Veranstalter die in der Informationsschrift aufgeführten Punkte berücksichtigen, ermöglichen sie insbesondere Menschen mit Behinderungen, chronischen Krankheiten oder auch vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen den Zugang zur Veranstaltung und eine aktive, selbstbestimmte Teilnahme.

Rechtsberatung: Online oder telefonisch

Mit unserer geballten Expertise im Eventrecht, dem IT-Recht und Datenschutzrecht beraten wir Veranstalter, Agenturen, technische Gewerke, Vermieter von Locations u.a., wie die Vorgaben aus dem BFSG und der BFSGV umzusetzen sind.

Barrierefreiheit von Webseiten

Einige Webseitenbetreiber müssen bis 28.06.2025 ihre Webseiten barrierefrei gestalten, denn dann endet die Übergangsfrist, die das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zubilligt. Das BFSG unterteilt 2 Anwendungsbereiche: Produkte und Dienstleistungen.

  • Bei den Produkten dürften Unternehmen der Veranstaltungsbranche nur in ganz seltenen Fällen betroffen sein.
  • Relevant für die Veranstaltungsbranche ist hingegen ein Teil der betroffenen Dienstleistungen, nämlich „Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“.

Kleinstunternehmen (mit weniger als 10 Beschäftigten oder weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz) sind vom Gesetz teilweise ausgenommen.

Wer ist betroffen? mehr erfahren

Der Dienstleistungserbringer gibt in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder auf andere deutlich wahrnehmbare Weise an, wie er die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt. Die Informationen enthalten jedenfalls folgende Elemente:

  • eine allgemeine Beschreibung der Dienstleistung in einem barrierefreien Format;
  • Beschreibungen und Erläuterungen, die zum Verständnis der Durchführung der Dienstleistung erforderlich sind;
  • eine Beschreibung, wie die Dienstleistung die einschlägigen Barrierefreiheitsanforderungen erfüllt;
  • die Angabe der zuständigen Marktüberwachungsbehörde.

Was ist zu tun?

Die Anforderungen an die Barrierefreiheit ergeben sich nicht aus dem BFSG, sondern aus der Verordnung zum BFSG, die sog. BFSGV.

Damit Dienstleistungen allgemein die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetz erfüllen, muss die Bereitstellung von Informationen folgende Anforderungen erfüllen (§ 12 BFSGV):

  • die Informationen werden über mehr als einen sensorischen Kanal bereitgestellt,
  • sie sind für den Verbraucher auffindbar,
  • sie werden in verständlicher Weise dargestellt,
  • sie werden den Verbrauchern auf eine Weise dargestellt, die sie wahrnehmen können,
  • der Informationsinhalt wird in Textformaten zur Verfügung gestellt, die sich zum Generieren alternativer assistiver Formate durch den Verbraucher eignen, die auf unterschiedliche Art dargestellt und über mehr als einen sensorischen Kanal wahrgenommen werden können,
  • sie werden in einer Schriftart mit angemessener Größe und mit geeigneter Form unter Berücksichtigung des vorhersehbaren Nutzungskontexts und mit ausreichendem Kontrast sowie ausreichenden Abständen zwischen den Buchstaben, Zeilen und Absätzen dargestellt,
  • es wird eine alternative Darstellung des Inhalts angeboten, wenn Elemente nicht-textlichen Inhalts enthalten sind,
  • die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlichen digitalen Informationen werden auf konsistente und angemessene Weise bereitgestellt, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden,

Webseiten, einschließlich der zugehörigen Online-Anwendungen und auf Mobilgeräten angebotenen Dienstleistungen, müssen einschließlich mobiler Apps, auf konsistente und angemessene Weise wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.

Im Fall der Verfügbarkeit von Unterstützungsdiensten wie Help-Desk, Call-Center, technische Unterstützung, Relaisdienste und Schulungsdienste müssen diese die Informationen über die Barrierefreiheit und die Kompatibilität der Dienstleistung mit assistiven Technologien mit barrierefreien Kommunikationsmitteln bereitstellen.

Zusätzlich müssen bei Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (§ 19 BFSGV):

  • Informationen zur Barrierefreiheit der zum Verkauf stehenden Produkte und der angebotenen Dienstleistungen bereitgestellt werden, soweit diese Informationen vom verantwortlichen Wirtschaftsakteur zur Verfügung gestellt werden,
  • Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen, wenn diese nicht in Form eines Produkts, sondern im Rahmen einer Dienstleistung bereitgestellt werden, wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden und
  • Identifizierungsmethoden, Authentifizierungsmethoden, elektronische Signaturen und Zahlungsdienste, wenn diese bereitgestellt werden, wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden.

Bundesweite Rechtsberatung:

Rechtsberatung vom Fachmann: Rechtsanwalt Thomas Waetke berät Veranstalter, Agenturen, technische Gewerke, Konzeptersteller, Genehmigungsbehörden, Vermieter von Locations usw. zu allen Fragen aus dem Eventrecht.

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