Mit diesem Beitrag beginne ich eine “Beitragsreihe” zu ganz “normalen” Rechtsfragen, die gar nichts speziell mit dem Veranstaltungsrecht zu tun haben. Die Idee kam von einigen Lesern im Rahmen unserer Umfrage :-)
Oft höre ich “Wir haben gar keinen Vertrag geschlossen”. Aber: Man arbeitet trotzdem zusammen, der Kunde bezahlt trotzdem… Die falsche Vorstellung beruht auf dem Missverständnis, was ein “Vertrag” ist.
Ein Vertrag kann schriftlich, aber auch mündlich oder durch sog. konkludentes Verhalten geschlossen werden. Es muss also kein Formular unterschrieben werden. Es reicht aus, wenn sich die Vertragspartner einig sind über
- Vertragspartner,
- Vertragsgegenstand und
- bestenfalls den Preis (wobei die fehlende Absprache über den Preis ansonsten durch den üblichen Preis ersetzt würde).
Wenn zumindest darüber Einigkeit besteht, kommt auf ein Vertrag zustande.
Für Details wie z.B.
- wann muss bezahlt werden (Fälligkeit) oder
- was passiert, wenn die Leistung mangelhaft wäre (Gewährleiustung)
gelten dann die gesetzlichen Regelungen = es muss darüber nicht ausdrücklich gesprochen werden.
Ein bekanntes Beispiel:
Eine Person steigt in eine Straßenbahn ein und steigt zwei Haltestellen später wieder aus.
Auch hier ist ein Vertrag zustande gekommen. Man kann darüber diskutieren, wer das Angebot auf den Vertragsschluss abgegeben hat: Die Straßenbahn (bzw. die Betreibergesellschaft, vertreten durch den Fahrer), indem sie die Tür öffnet – und der Fahrgast erklärt die Annahme des Angebots, indem er einsteigt? Oder der Fahrgast, der einsteigt, gibt das Angebot ab, das die Straßenbahn annimmt, indem sie losfährt? Dieser akademische Streit spielt hier keine Rolle: Denn so oder so kommt ein Vertrag zustande.
Der Inhalt des Vertrages: Wir beide, Fahrgast und Straßenbahn schließen einen Vertrag über die Beförderung zu dem Wunschziel des Fahrgastes. Da die beiden nicht über den Preis gesprochen haben, gilt der übliche Preis. Bleibt die Straßenbahn wegen eines Defekts vor dem Ziel stehen, greifen die gesetzlichen Bestimmungen, ob der Fahrgast seinen Fahrpreis wieder erstattet verlangen kann oder ob er Schadenersatzansprüche hat.
Ein anderes Beispiel:
Ein Veranstalter beauftragt eine Eventagentur mit der Planung einer Veranstaltung. Man ist sich darüber und den Preis einig, die Agentur beginnt zu arbeiten. Ein schriftlicher Vertrag existiert nicht. Einen Tag später kündigt der Veranstalter. Die Agentur fragt sich nun, ob die Kündigung wirksam ist und ob sie Vergütung fordern kann.
Die beiden haben einen Vertrag geschlossen. Ob der Auftraggeber kündigen kann, und ob die Agentur Geld verlangen kann, ergibt sich mangels schriftlichen Vertrag aus den gesetzlichen Regelungen. Dazu muss man nun herausfinden, ob zwischen den beiden ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag zustande gekommen war.
Der Unterschied ist durchaus spürbar, da beide Vertragstypen unterschiedliche Regelungen zur Kündigung und zur Bezahlung bei einer Kündigung haben.
Als Entscheidungshilfe können die E-Mails herangezogen werden, die die beiden im Vorfeld ausgetauscht und über ihren Vertrag geredet haben. Notfalls müsste ein Richter entscheiden, ob die Merkmale eines Dienstvertrages oder die Merkmale eines Werkvertrages überwiegen – und hiernach bestimmen sich dann die Kündigungsmöglichkeiten und die Vergütungsfrage.
Diese Unsicherheiten könnten beide Vertragspartner umgehen, indem sie ihren Vertrag schriftlich schließen – und dabei eben ausdrücklich Fragen zur Kündigung und zur Bezahlung regeln.
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