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Wegfall der Geschäftsgrundlage: Reicht mittelbare Betroffenheit aus?

Wegfall der Geschäftsgrundlage: Reicht mittelbare Betroffenheit aus?

Von Thomas Waetke 21. März 2022

In der Pandemie sind viele Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche direkt durch Verbote oder Einschränkungen betroffen. Was ist aber, wenn das Unternehmen “nur” mittelbar betroffen ist?

Der Bundesgerichtshof hat Anfang 2022 entschieden, dass in der Pandemie der sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage (siehe § 313 BGB) grundsätzlich anwendbar sein kann.

Hintergrundinfo
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass durch Höhere Gewalt nur betroffen ist, wessen vertragliche geschuldete Leistung tatsächlich nicht mehr möglich ist – bspw. durch ein staatlich angeordnetes Verbot. Ist aber die Leistung weiterhin möglich, muss auch dafür bezahlt werden – grundsätzlich. Beispiel: Der Veranstalter mietet einen Raum. Wird nun die Veranstaltung verboten, ist die Raumüberlassung des Vermieters an den Veranstalter weiterhin möglich.

Dieses Dilemma kann ggf. durch den sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage gelöst werden. Die unteren Instanzen hatten zuvor einen pragmatischen Ansatz gewählt und eine pauschale Quotelung vorgenommen. Der Bundesgerichtshof hat dieser Praxis eine Absage erteilt und fordert eine individuelle Abwägung aller Interessen im Einzelfall.

AGB-CheckWas passiert aber, wenn ein Unternehmen Kunden oder Aufträge verliert, weil nur die Kunden von den staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen direkt betroffen sind, mithin also das Unternehmen zwar Einnahmen verliert, aber eben nur mittelbar betroffen ist? Reicht das aus, damit sich das Unternehmen auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen kann und damit ggf. weniger Miete zahlen muss?

Reicht eine mittelbare Betroffenheit aus?

Mit dieser Frage hatte sich jetzt das Oberlandesgericht Frankfurt auseinandersetzen müssen. In dem Fall schuldete ein Reinigungsunternehmen Mietzahlungen an seinen Vermieter. Das Problem: Das Reinigungsunternehmen hatte zahlreiche Einnahmen verloren, weil viele Kunden mangels beruflicher und privater Veranstaltungsbesuchen ihre Kleidung weniger oft reinigen ließen.

“Es ist gerichtsbekannt, dass aufgrund der erheblichen staatlichen Beschränkungen für nahezu jegliche privaten und geschäftlichen Veranstaltungen mit der Folge des Ausfalls auch zahlreicher Aktivitäten insbesondere festlichen Charakters sowie umfangreicher Anordnung von Heimarbeit der Bedarf an Reinigungsleistungen … deutlich gesunken war“, teilte das Oberlandesgericht mit.

Hintergrundinfo
“Gerichtsbekannt” bedeutet, dass die Behauptung einer Prozesspartei nicht durch einen Beweis (z.B. ein Sachverständigengutachten) gestützt werden muss. Können die zuständigen Richter aus eigener Kenntnis die Behauptung bestätigen, ist die Behauptung “gerichtsbekannt”.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass auch eine mittelbare Beeinträchtigung ausreiche, um sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen zu können – bspw. eben weil Kunden wegfallen, die wiederum unmittelbar von den Coronamaßnahmen betroffen sind.

Aber: In dem konkreten Fall hatte das Reinigungsunternehmen versäumt zu erklären, warum eine Fortsetzung des Mietvertrages zu unveränderten Bedingungen (d.h. mit voller Mietzahlung) unzumutbar sein sollte. Letztlich verlor das Unternehmen vor Gericht, denn es hätte darlegen müssen, dass bspw. finanzielle Engpässe bestünden und eine Reduzierung der Miete unbedingt notwendig sei.

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