Aufgrund des massenhaften Sars-CoV-2-Infektionen in einem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück (NRW) kam es nun wieder zu einem Lockdown, betroffen sind regional die Kreise Warendorf und Güsterloh mit ca. 640.000 Einwohnern.
So heißt es in § 3 der Coronaregionalverordnung, dass u.a. Konzerte und Aufführungen in geschlossenen Räumen von Theatern, Opern- und Konzert-häusern, Kinos und anderen öffentlichen oder privaten (Kultur-)Einrichtungen unzulässig sind.
Das Verbot gilt bis mindestens 30. Juni. Falls sich das Infektionsgeschehen aber nicht verbessere, sei eine Verlängerung denkbar, so der NRW-Ministerpräsident Laschet. Innerhalb einer Woche wolle man mehr Klarheit haben, inwieweit sich das Virus außerhalb des Schlachtbetriebs ausgebreitet habe.
Das ist die Situation, mit der Veranstalter und Dienstleister in zumindest der näheren Zukunft immer rechnen werden müssen: Lockerungen bundesweit, aber regionale Veranstaltungsverbote. D.h. die besten Planungen laufen gegen eine Wand – wenn wie hier eine massenhafte Infektion in einem Betrieb passiert: Mindestens eine Woche lang müssen nun 640.000 Menschen massiv darunter leiden.
In diesen Fällen wird nun sicherlich die Frage aufkommen, wer für den Schaden haftet: Kann ein Unternehmen haftbar gemacht werden, wenn unter seinen Beschäftigten eine Infektionswelle losgetreten wird? Genauso kann es ja mal einen Veranstalter betreffen, wenn aus seiner Veranstaltung heraus ein Infektionsgeschehen festgestellt wird.
Schwer zu sagen. Sicherlich müsste man dem Unternehmen zunächst einmal ein Verschulden nachweisen: Denn wenn sich unerkannt eine infizierte Person einschleicht und Viren verbreitet und sich trotz Hygienemaßnahmen weitere Personen anstecken, kann man das dem Unternehmen bzw. Veranstalter auch nicht zurechnen.
Stellt sich aber heraus, dass das Unternehmen die Maßnahmen nicht umgesetzt bzw. Regeln nicht eingehalten hat, und deshalb (!) ein Infektionsgeschehen entsteht, dann kommt eine Haftung durchaus in Betracht: § 823 Absatz 2 BGB regelt nämlich die sog. Schutzgesetzverletzung:
„Die gleiche Verpflichtung [= Schadenersatz] trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt.“
Maßgeblich ist also, dass es eine Vorschrift gibt, gegen die das Unternehmen bzw. der Veranstalter nachweislich verstoßen haben. Und diese Vorschrift muss dann ein sog. Schutzgesetz sein: Denn das Unternehmen bzw. der Veranstalter haben ja bspw. die betroffenen anderen Veranstalter nicht direkt geschädigt, sondern über den Umweg eines Lockdowns.
Nicht jede Vorschrift aber ist ein solches Schutzgesetz. Der Bundesgerichtshof definiert das so:
Eine Rechtsnorm ist ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Absatz 2 BGB, wenn sie zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt, Zweck und Entstehungsgeschichte des Gesetzes an, also darauf, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Für die Beurteilung, ob einer Vorschrift Schutzgesetzcharakter zukommt, ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, auch zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die Haftung gemäß § 823 Absatz 2 BGB mit allen damit zu Gunsten des Geschädigten gegebenen Haftungs- und Beweiserleichterungen zu knüpfen.
Alles klar?
Vermutlich werden betroffene Betriebe gegen vermeintliche Verursacher vor Gericht ziehen. Die Gerichte werden dann im Einzelfall u.a. entscheiden müssen, ob die verletzten Vorschriften aus einer Landes-Corona-Verordnung ein Schutzgesetz sind oder nicht.
Der Bundesgerichtshof bspw. hat bereits bspw. Vorschriften aus dem Bundesimmissionschutzgesetz als Schutzgesetze qualifiziert mit der Folge, dass geschädigte Nachbarn zivilrechtliche Schadenersatzansprüche gegen das Unternehmen haben geltend machen können. Daher ist es jedenfalls nicht völlig abwegig, dass auch Vorschriften aus dem Infektionsschutzrecht Schutzgesetze sind und damit eine Haftung des Unternehmens in Betracht kommt, das dagegen verstößt.
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