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Verantwortung für Ruhestörung

Verantwortung für Ruhestörung

Von Thomas Waetke 18. September 2017

Musik – in den Ohren der Musikfans wunderbar und immer zu leise. In den Ohren des schlafsuchenden Nachbarn nahezu immer grässlicher Lärm und immer zu laut.

Im Immissionsschutzrecht unterscheidet man zwischen bestimmungsgemäßer Nutzung und bestimmungswidriger Nutzung der Anlage, von der der Lärm ausgeht.

Stellt ein Veranstalter eine Musikanlage auf, dann ist er dafür verantwortlich, Nachbarn, Anwohner und Mitarbeiter nicht rechtswidrig zu beschallen. Überschreitet er zulässige Werte, kann er bspw. mit einem Unterlassungsanspruch o.Ä. in Anspruch genommen werden.

Der Betreiber der Musikanlage ist also für die durch die bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage verursachten Immissionen verantwortlich.

Wie ist das aber bei einer rechtswidrigen Nutzung der Anlage durch Dritte?

Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg jüngst den Streit um einen Grillplatz entschieden. Die Lösung heißt im Juristendeutsch so:

“Für Störungen durch Nutzungen außerhalb des Rahmens bestimmungsgemäßer Nutzung ist der Anlagenbetreiber nur verantwortlich, wenn sich in dem bestimmungswidrigen Verhalten eine mit der Einrichtung verbundene besondere Gefahrenlage realisiert und damit der Fehlgebrauch bei einer wertenden Betrachtungsweise als zurechenbare Folge der Schaffung bzw. des Betriebs der Einrichtung anzusehen ist.”

Aus dem Grillplatz-Fall lassen sich einige Grundsätze dieser Zurechenbarkeit auch verallgemeinern für andere Konstellationen der Ruhestörung:

Der durch Tische, Bänke und Grillstellen vermittelte Aufenthaltskomfort des Grillplatzes mag dazu einladen, sich gemütlich niederzulassen. Aber im Komfort des Platzes liegt nicht automatisch auch eine spezifische Gefahr für das zeitliche Überschreiten der Nutzungszeiten oder für den Einsatz elektronisch verstärkter Musik. Übertreiben es die Nutzer des Grillplatzes, handelt es sich um einen Missbrauch, wie er überall in öffentlich zugänglichen Flächen vorkommen könnte, so der Verwaltungsgerichtshof.

In dem entschiedenen Fall hatte der Betreiber des Grillplatzes auch Schilder aufgestellt, die auf das Verbot von Musik und dem Gebot unbedingter Ruhe ab 22 Uhr hinweisen. Zudem hatte der Betreiber mit einem Felsblock die Anfahrt von PKW, die Boxen oder Stromaggregate hätten leichter zum Grillplatz transportieren können, erschwert.

Die Bestellung eines Sicherheitsdienstes oder das Umzäunen mit Zugangskontrollen auf Kosten des Platzbetreibers ist zwar eine theoretisch denkbare Maßnahme. Das käme aber ohnehin nur in Betracht, wenn sich die Nutzer des Platzes beim Betreiber im Voraus anmelden würden müssten; aber selbst dann wären Störungen durch die Nutzer nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen: Schließlich steht beim Abspielen gerade sehr lauter Musik zur Nachtzeit schon gar nicht mehr das gemeinsame Grillen, Essen, Trinken und Unterhalten im Vordergrund – also liegt schon keine bestimmungsgemäße Nutzung der Anlage mehr vor.

 

Bei über das ganze Jahr gesehen selten vorkommenden Störungen der Nachtruhe sind Vorkehrungen zur Verhinderung jeglichen Missbrauchs einerseits grundsätzlich unzumutbar kosten- bzw. personalintensiv für den Betreiber der Anlage; andererseits erscheint es für den Anwohner vor diesem Hintergrund nicht unzumutbar, in diesen seltenen Fällen den Ruhestörungen durch Inanspruchnahme der Polizei unterbinden zu lassen.

 

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