Veranstaltungsverbote: Verhinderung von Kontakten allgemein oder differenziert?
Von Thomas Waetke 11. November 2020Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat in einem Eilverfahren über die Schließung einer Sporthalle entschieden, dass die rheinland-pfälzische Corona-Verordnung insoweit rechtmäßig ist. Mit Blick auf Veranstaltungen hat das Gericht dabei (leider) recht deutlich einen wichtigen Aspekt hervorgehoben:
Konzeptioneller Ausgangspunkt ist nicht die Ansteckungswahrscheinlichkeit für Teilnehmer bestimmter Veranstaltungen, sondern das Unterbinden nicht zwingend erforderlicher persönlicher Kontakte unter Aufrechterhaltung besonders wichtiger gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bereiche. Der Verordnungsgeber hat sich vor diesem Hintergrund für das Offenhalten von Schulen und Kindertagesstätten und eine weitgehende Aufrechterhaltung des mit einer besonderen wirtschaftlichen Produktivität verbundenen Berufslebens entschieden. Soweit der Sporthallenbetreiber das Bestehen eines relevanten Infektionsrisikos aufgrund des Hygienekonzepts für den Hallenbetrieb verneint, besteht hierfür keine belastbare Tatsachengrundlage. Es steht außer Zweifel, dass insbesondere Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen mit einer Vielzahl regelmäßig einander unbekannter Personen und längerer Verweildauer ein signifikant erhöhtes Infektionsrisiko mit sich bringen. Zudem ist Ziel der Verordnung nicht die Schließung in infektionsschutzrechtlicher Hinsicht konkret gefährlicher Bereiche, sondern die Unterbindung nicht zwingend erforderlicher persönlicher Kontakte.
Das Gericht stellt also gar nicht die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit einer Veranstaltung selbst ab, sondern auf die Verhinderung der vermeidbaren Kontakte als solche.
Dieser pauschalisierten Meinung steht die Meinung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof für Baden-Württemberg hat mit Blick auf die dortige Verordnung die Maßnahmen u.a. gegen Konzertveranstalter im Ergebnis zwar noch für rechtmäßig erachtet, jedoch kritisch angemerkt:
Die Landesregierung hat mit ihren neuen Maßnahmen zwischen den nicht näher definierten „Kernbereichen der (nicht publikumsintensiven) Wirtschaft“ auf der einen Seite und sonstigen „(Rand-)Bereichen der Wirtschaft“ auf der anderen Seite differenziert. Das führt beispielsweise dazu, dass der Einzelhandel anders als die Betriebe der Antragsteller bei möglicherweise vergleichbaren infektionsschutzrechtlichen Gefährdungslagen keinem „Lockdown“ unterworfen wird. Damit hat die Landesregierung das Gebiet von streng infektionsschutzrechtlichen Unterscheidungsgründen verlassen und sich auch nicht mehr auf eine Differenzierung nach überragend wichtigen Gründen des Gemeinwohls beschränkt.
Mitte November wollen die Länder die seit 3. November geltenden Maßnahmen evaluieren. Ich gehe nicht davon aus, dass es dann gravierende Änderungen geben wird. Allerdings bemerkt man bei der Lektüre der vielen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen einen stärker werdenden Hang zu Kritik. Daher werden die Länder zumindest für künftige “Lockdowns” m.E. mehr aufbieten müssen als pauschalisierende Verbote.
Ich denke, niemand aus der Branche zweifelt ernsthaft an der Notwendigkeit von Maßnahmen gegen die Pandemie. Aber das Unverständnis über die Rasenmäherstrategie steigt.
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