Veranstalter einer Jugendfreizeit für Schnitz-Verletzung eines Kindes verantwortlich
Von Thomas Waetke 6. August 2019Kinder auf einer Veranstaltung sind nicht nur laut, sondern bringen naturgemäß auch ein höheres Risiko für den Veranstalter mit sich: Denn er muss auch die kindliche Neugier und Unerfahrenheit berücksichtigen. Sind die Eltern des Kindes dabei, dann wird die Verantwortung des Veranstalters abgemildert durch die Aufsichtspflicht der Eltern. Wenn die Eltern aber nicht dabei sind, dann bleibt die (fast) volle Verantwortung beim Veranstalter.
Vor dem Oberlandesgericht München ist nun ein Prozess über Schadenersatz und Schmerzensgeld zu Ende gegangen. Ein 9-jähriges Kind nahm an einer Jugendfreizeit teil. Dabei sollten die Kinder und Jugendlichen auch eine Schicht Rinde von einem Baum abschälen. Das Kind verwendete dazu ein Messer, rutschte ab und verletzte sich am Auge, das nun dauerhaft geschädigt ist.
Während noch das Landgericht in der ersten Instanz die Klage abgewiesen hatte, erkannte das Oberlandesgericht in der zweiten Instanz die Verantwortung des Veranstalters:
Bei Kindern gilt einerseits, dass ein strenger Sicherheitsmaßstab anzulegen ist, andererseits aber auch, dass ein vollständiges Maß an Sicherheit nicht erreichbar ist, und Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren schon ein gewisses Maß an Selbständigkeit haben und nicht “auf Schritt und Tritt” überwacht werden müssen.
Das Problem ging aber bereits damit los, dass der Veranstalter die Eltern nicht darüber aufgeklärt hatte, dass auf der Veranstaltung mit Messern hantiert werde. Das Kind selbst wurde vor Ort nur hinsichtlich Auf- und Zuklappen des Messers informiert.
Zwar ist es nicht schon von vornherein pflichtwidrig, einem Kind ein Messer auszuhändigen. Denn das Ziel der Jugendfreizeit war auch, Selbständigkeit und Eigenverantwortung zu fördern.
Es reicht nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht aus, Kinder zwar zum Umgang mit Messern generell (Zuklappen beim Laufen, Schnitzen vom Körper weg) zu belehren, wenn sie nicht zugleich darüber belehrt werden bzw. ihnen nicht gezeigt wird, wie man Rinden vom Baum abschält. Hinzu kam, dass das Kind beim Schadenseintritt allein war.
Spätestens als erkennbar war, dass das Kind mit einem Messer “Rinde abmachen” wollte, hätte es entweder einer vorherigen ausdrücklichen Belehrung und Demonstration bedurft oder jemand hätte mit ihm zum Baum gehen und ihm zeigen müssen, wie es geht, so das Gericht.
Schließlich sah das Oberlandesgericht auch kein Mitverschulden beim Kind: Denn es hatte keinen “Unsinn” mit dem Messer gemacht oder aus Leichtsinn falsch damit hantiert. Dass die Belehrung “vom Körper weg schnitzen” für das Kind nicht hilfreich war, liegt auf der Hand: Denn an einem Baum kann man schwerlich das Messer vom Körper wegführen.
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