Wer mit Verbrauchern Verträge schließt, sollte genau prüfen, ob er seinen Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht belehren muss. Denn: Der Europäische Gerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Verbraucher keinen Cent bezahlen muss, wenn der Auftragnehmer seine Leistungen zwar erbracht, aber seinen Kunden nicht ordentlich belehrt hat.
Das heißt: Wer belehren muss, das aber nicht richtig macht, riskiert, kostenlos zu arbeiten!
In dem vom Europäischen Gerichtshof nun entschiedenen Fall aus Essen hatte ein Dienstleister mit einem Verbraucher-Kunden online einen Vertrag geschlossen und dann alle Leistungen erbracht, die er vertraglich versprochen hatte. Der Kunde bezahlte aber nicht die Rechnung, sondern erklärte den Widerruf des Vertrages. Das Landgericht Essen wollte vom Europäischen Gerichtshof wissen, ob die EU-weiten Verbraucherschutzbestimmungen so zu verstehen seien, dass der Verbraucher gar nichts bezahlen müsse, oder zumindest doch das, was die Leistung wert ist.
Der Europäische Gerichtshof entschied: Verbraucherschutz steht über allem. Wenn das Unternehmen also nicht richtig über das gesetzliche Widerrufsrecht belehrt, kann der Verbraucher binnen 1 Jahr (anstatt binnen 14 Tagen) kostenfrei widerrufen – das Unternehmen geht also leer aus. In dem entschiedenen Fall war das für das Unternehmen besonders ärgerlich, dass es sich um Elektroinstallationen handelte, die man nicht einfach so wieder hatte mitnehmen können.
Bezug zu Veranstaltungen
Zwei Beispiele, in denen das Urteil eine Rolle spielen kann:
- Veranstaltungen, an denen Verbraucher Tickets kaufen können (und die nicht dem Freizeitbereich zuzuordnen sind, s.u.).
- Agenturen oder Locationvermieter, die mit Hochzeitspaaren Verträge schließen.
Hintergrund
Ein Verbraucher (siehe § 13 BGB) kann einen Vertrag widerrufen, den er geschlossen hat, ohne quasi live neben seinem Vertragspartner zu stehen: D.h. per E-Mail, per Telefon oder online über einen Shop. Dann spricht von einem sog. Fernabsatzgeschäft – im Gegensatz zum Vertrag, der im Beisein beider Vertragspartner geschlossen wird.
In diesen Fällen hat der Verbraucher ein gesetzlich verankertes Widerrufsrecht – völlig losgelöst von ggf. vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten oder Stornierungsregeln.
Das Widerrufsrecht kann der Verbraucher binnen 14 Tagen ausüben, und zwar ohne Angaben von Gründen und kostenlos. Aber nur dann, wenn der Unternehmer ihn über dieses Recht ordnungsgemäß belehrt hat.
Fehlt die Belehrung oder war sie fehlerhaft, verlängert sich dieses kostenlose Widerrufsrecht auf 1 Jahr!
Handlungsempfehlung
Prüfen Sie,
- ob Ihre Kunden (auch) Verbraucher sind (z.B. Teilnehmer, Hochzeitspaare…).
- ob Verträge mit Verbrauchern (auch) über das Internet, per Post oder per Mail geschlossen werden.
- ob es ggf. Ausnahmen vom gesetzlichen Widerrufsrecht gibt (z.B. bei freizeitbezogenen Veranstaltungen).
- wenn keine Ausnahmen gegeben sind, ob Sie Ihre Verbraucherkunden ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehren!
- ob/dass Sie die Belehrung beweissicher dokumentieren!
Wir unterstützen Sie bei den Prüfungen, ob und welche Maßnahmen Sie ergreifen sollten. Verbraucherschutz wirkt sich nicht nur auf Verträge aus, sondern auch auf den Betrieb von Webseiten. Schreiben Sie uns eine E-Mail an info@eventfaq.de, und wir beraten Sie auf dem Weg durch den Paragraphendschungel!
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