Der Assistent des Vorstands mietet bereits Ende Oktober 2019 in einem 5-Sterne-Hotel einen Tagungsraum; er mietet außerdem 20 Zimmer für die 20 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des Konzerns, die am Vorabend aus allen Niederlassungen des Konzerns anreisen und sich am Vormittag des 25.02.2020 zu einer Tagung und einem gemeinsamen Mittagessen treffen und dann wieder abreisen wollen. Das Hotel schickt eine Bestätigung per E-Mail zurück. Der Vorstandassistent übergibt die weitere Planung an Martin, einen Mitarbeiter der Abteilung, die hausintern die Veranstaltungen organisiert.
Am 15.02.2020 erleidet Martin Stimmung massiven Schiffbruch: Das Hotel schickt eine E-Mail und teilt darin mit, dass es aus Versehen eine Doppelbuchung gegeben habe und 10 der 20 Zimmer nicht zur Verfügung gestellt werden können; das Hotel sei im Übrigen komplett ausgebucht. Das Hotel bietet aber ohne Zusatzkosten 10 Zimmer in einem nur wenige Minuten entfernten anderen 5-Sterne-Hotel an, ebenso, dass ein kostenfreier Limousinen-Shuttle zur Verfügung gestellt wird, um die 10 “ausgelagerten” Personen in das Tagungshotel zu chauffieren. Beides habe man bereits für den Konzern organisiert und gebucht, so das Hotel.
Martin bekommt diese Mail, und es geht ihm gar nicht gut: Er sieht sich schon elendig von 20 hasserfüllten brüllenden Vorstandsmitgliedern und Aufsichtsräten in den Boden gestampft. In einer Mischung aus Wut und Panik kündigt er den Vertrag mit dem ersten Hotel und mietet kurzerhand das gleiche Ensemble in einem anderen Hotel. Dadurch entstehen Mehrkosten, die Martin in einem Telefonat am 21.02.2020 mit dem Hoteldirektor erstattet verlangt. Der aber hingegen beharrt weiterhin auf seinem Angebot und weist die Kündigung zurück.
Welche rechtlichen Probleme tun sich auf?
Schwierigkeitsgrad: einfach –mittel– schwierig
Die volle Leistung des Hotels ist unmöglich; damit kann das Hotel nicht nur nicht mehr leisten, es muss auch nicht (§ 275 BGB). Da sich das Hotel aber durch das eigene Verschulden schadenersatzpflichtig macht, will das Hotel das natürlich verhindern. Daher bietet es dem Konzern eine Alternative an.
Nun kommt § 254 BGB ins Spiel – den man gerne übersieht: Denn der Geschädigte (hier: der Konzern) darf nicht ohne Not den Schaden noch größer werden lassen. Er muss das Zumutbare tun, um einen größeren Schaden zu vermeiden.
In unserem Übungsfall reagiert Martin daher falsch:
Den Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern dürfte ein teilweises Ausweichen in ein anderes Hotel zumutbar sein. Denn das Programm sieht ja bereits vor, dass die 20 Personen aus unterschiedlichen Richtungen, daher wohl auch zu unterschiedlichen Zeiten im Hotel eintreffen, und das eigentliche Programm erst am Folgetag mit der Tagung beginnen und mit dem Mittagessen bereits wieder enden soll. Daher erscheint es jedenfalls nicht sonderlich dringlich, dass alle 20 Personen zwingend in 1 Hotel untergebracht werden müssen.
Hinzu kommt, dass das erste Hotel bereits deutlich macht, dass auf den Konzern keine Mehrkosten zukommen, dass man auch bereits die Ersatzzimmer gebucht habe – so dass nicht einmal ein Risiko besteht, dass ein Umbuchen nicht mehr möglich wäre. Zudem wird ein kostenfreier Shuttel angeboten.
Hinweis
Jedenfalls im Sachverhalt der Übungsaufgabe ist hingegen kein Grund ersichtlich, warum zwingend alle 20 Personen in einem Haus untergebracht werden müssen.
Also ist es eine Frage der Schadenminderungspflicht, dieses zumutbare Angebot anzunehmen – andernfalls müsste der Konzern beweisen, warum das Angebot unzumutbar ist. Eventuell wäre eine Ausnahme dann zu bejahen, wenn Martin nur äußerst kurzfristig von dem Fehler des Hotels erfährt und es zu wenig Zeit gäbe, alle offenen Fragen zu klären: Denn dann wäre es Martin wohl nicht mehr zumutbar, weitere Zeit zu verlieren, um vorsichtshalber gleich ein neues Hotel zu buchen.
Wenn wir einmal davon ausgehen, dass der Konzern kein “höheres Interesse” daran hat, dass alle 20 Personen in einem Hotel übernachten, hätte der Konzern durch den neuen Mietvertrag mit dem 2. Hotel also den Schaden vergrößert, und verliert damit den Erstattungsanspruch.
Hinzu kommt noch:
Martin hat “falsch” gekündigt”: Denn eine Kündigung ist eine sog. einseitige Willenserklärung, die der Empfänger zurückweisen kann, wenn keine Vollmacht vorgelegt wird (§ 174 BGB). D.h. wollte Martin tatsächlich regulär kündigen, müsste er eine auf ihn lautende Vollmacht nachweisen bzw. nachreichen – was gefährlich wird, wenn Kündigungsfristen abgelaufen sind.
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