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Überfordert? Allein gelassen? Den Arbeitgeber in die Pflicht holen

Überfordert? Allein gelassen? Den Arbeitgeber in die Pflicht holen

Von Thomas Waetke 23. Februar 2018

Eine Überlastungsanzeige scheint der Eventbranche fremd zu sein: Man meckert nicht, man macht einfach… Ich höre erstaunlich oft, dass Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern nicht ernst genommen werden. Der Spruch “Wer sich über seine Arbeitszeit Gedanken macht, ist in der Eventbranche falsch” ist weit verbreitet und wird auch so “gelebt: Es gehört fast schon zum coolen Ton, Arbeitsschutzvorschriften stur zu ignorieren.

Wer ist der Dumme? Diesen Job dürften sich zwei teilen: Der Arbeitnehmer und auch der Arbeitgeber.

  • Der Arbeitnehmer, weil er mit seiner Gesundheit spielt – von der er bekanntlich nur eine hat.
  • Der Arbeitgeber, der ggf. einen Arbeitnehmer verliert: Sei es durch Krankheit, einen Unfall, oder weil der selbstbewusste Arbeitnehmer sich einen adäquaten anderen Job sucht. In Zeiten des Fachkräftemangels kann das weh tun – mehr weh vielleicht als drohende Bußgelder bei Verstößen gegen Arbeitsschutzvorschriften.

Auch haftungsrechtlich tut sich der Mitarbeiter keinen Gefallen: Es ist ja nicht etwa so, dass er weniger verantwortlich wäre, wenn er übermüdet und überfordert einen Schaden verursacht. Und es wäre nicht das erste Mal, dass letztendlich der gemeine Mitarbeiter auf der Anklagebank eines Strafprozesses sitzt – während der Arbeitgeber sich mit der Ausrede aus der Affäre zieht, er habe von nichts gewusst.

Es gibt ein Instrument, das vielen Arbeitnehmern unbekannt ist: Die Überlastungsanzeige. Sie ist eher bekannt im Pflege- und Medizinbereich, steht aber jedem Mitarbeiter offen, der in irgendeiner Hinsicht überfordert ist bzw. sich überfordert fühlt.

Eine direkte Rechtsgrundlage gibt es dafür nicht. Sie findet aber ihre Grundlage im Arbeitsrecht (siehe u.a. § 618 BGB), dem allgemeinen Zivilrecht (siehe § 241 Absatz 2 BGB) und im Arbeitsschutzrecht (siehe § 15 ArbSchG) und § 16 Absatz 1 ArbSchG:

“Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.”

Kann der Arbeitnehmer also erkennen, dass er aus eigener Kraft seine Leistungen nicht mehr so erbringen kann, dass Schäden oder Rechtsverletzungen ausgeschlossen werden können, muss er dies seinem Arbeitgeber unverzüglich melden.

Dieser ist dann wiederum verpflichtet, Abhilfe zu schaffen.

Der Arbeitnehmer wird aber durch bzw. nach einer Überlastungsanzeige nicht aus seiner Verantwortung entlassen: Er muss im Rahmen des für ihn Möglichen und Zumutbaren alles tun, um Schäden zu verhindern. Nehmen wir als Beispiel eine Veranstaltung, die den Mitarbeiter überfordert. Dann darf er aber die Veranstaltung auch nach einer Überlastungsanzeige nicht einfach durchführen, wenn sich konkrete Gefahren für Leib und Leben ergibt. Hieran ändert auch die abgegebene Überlastungsanzeige nichts.

Es gibt Fallkonstellationen, in denen dann auch der Arbeitnehmer berechtigt ist, seine Arbeitsleistung einzustellen bzw. zurückzuhalten – bis der Arbeitgeber Abhilfe schafft bzw. bis dem Arbeitnehmer das Weiterarbeiten wieder zumutbar ist.

In der Praxis tut der Arbeitenhmer gut daran, ein solches Vorgehen nicht nur gut zu überlegen, sondern auch sauber zu dokumentieren, dass er die Angemessenheit seines Vorgehens später ggf. auch beweisen kann.

 

Urheberangabe für das/die Foto(s) (Symbolfoto):

  • Thomas-Waetke_Profil: © Sebastian Heck
  • Seil zum Zerreißen gespannt: © RFsole - Fotolia.com