Trotz Betriebsschließung: Mieter muss Miete für Geschäftsräume bezahlen
Von Thomas Waetke 23. Oktober 2020Das Landgericht Frankfurt/Main hat eine Klage eines Ladeninhabers abgewiesen, der die Miete für den Zeitraum der angeordneten Betriebsschließung im März/April nicht zahlen wollte. Er berief sich auf Höhere Gewalt bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Wie zuvor schon in einem anderen Fall vor dem Landgericht Heidelberg sah auch das Landgericht Frankfurt keinen Grund, dass der Mieter keine Miete zahlen müsse.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Mieter sich nicht auf Höhere Gewalt berufen könne:
“Zwar konnte der Mieter die Mietsache während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsraum nutzen. Damit hat sich jedoch lediglich das Verwendungsrisiko verwirklicht, welches allein der Mieter zu tragen hat. Der Vermieter hat dem Mieter die Mietsache, wie es seiner Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für den Mieter nicht wie von ihm beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.”
Auch den sog. Wegfall der Geschäftsgrundlage schloss das Gericht aus; d.h. der Mieter konnte sich nicht auf eine Anpassung des Mietvertrages berufen (siehe § 313 BGB), denn Voraussetzung dafür ist:
- Es muss sicher vermutet werden können, dass die Vertragspartner den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie sich bewusst gemacht hätten, dass es zu einer staatlich verordneten Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels kommen würde.
- Außerdem muss das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar sein: Eine Vertragsanpassung setzt voraus, dass dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint.
Und das hat das Landgericht Frankfurt hier nicht gesehen:
Bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ist das wichtigste Kriterium das der vertraglichen Risikoverteilung. Diese geht hier dahin, dass der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, also das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können. Eine solche vertragliche Risikoverteilung bzw. Risikoübernahme schließt für den Betroffenen – abgesehen von extremen Ausnahmefällen, in denen eine unvorhergesehene Entwicklung mit unter Umständen existentiell bedeutsamen Folgen für eine Partei eintritt – regelmäßig die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen.
Dass die erzwungene Schließung hier zu existenziell bedeutsamen Folgen für den Mieter geführt hätte, ist nicht dargelegt. Der Mieter hat sich darauf beschränkt, Liquiditätsengpässe für den Zeitraum der Schließung geltend zu machen. Solchen Liquiditätsengpässen trägt jedoch bereits Art. 240 § 2 Abs. 1 S. 1 EGBGB Rechnung, der den Mieter vor der Kündigung schützt, soweit er pandemiebedingt seine Miete vorübergehend nicht pünktlich leisten konnte.
Hinzu kommt, dass der Zeitraum der Schließung letztlich nur etwa einen Monat betrug. In dieser Zeit konnte der Mieter Kurzarbeit einführen und dadurch beträchtliche Einsparungen verbuchen. Seit dem Ende der Schließung hat er seine Geschäftstätigkeit ohne wesentliche Einschränkungen wieder aufgenommen. Der Umsatzrückgang ist demnach vorübergehend geblieben. Dass seine Liquiditätssituation auch heute noch angespannt wären, trägt der Mieter nicht vor. Dann ist es ihm aber auch zumutbar, die rückständige Miete nunmehr zu begleichen.
Damit muss der Mieter der Ladenräume die Miete nachbezahlen, die er für den Monat der angeordneten Schließung einbehalten hatte.
Hintergrundinfo
Bei einer Veranstaltung überlagert die angeordnete Betriebsschließung bzw. das Veranstaltungsverbot typischerweise den kurzen Zeitraum der Miete. Daher könnte man ggf. sogar mit dem Umkehrschluss argumentieren, dass die Argumente der Gerichte zu Ladenräumen gerade bei kurzzeitigen (1 Tag oder wenige Tage) Veranstaltungsräumen für einen konkreten Veranstaltungstermin nicht passen. Hier werden wir noch einige Gerichtsurteile abwarten müssen, bis sich eine klare Linie herausbildet, wie diese Rechtsfragen gelöst werden.
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