Volksfeste, Messen, Ausstellungen, Jahrmärkte, Weihnachtsmärkte usw. haben eine Besonderheit: Ihr Veranstalter kann die gewerberechtliche Festsetzung beantragen. Die Festsetzung der Veranstaltung hat Vorteile, aber auch Nachteile.
Beispielhafte Vorteile:
- Lockerung des Ladenschlussgesetzes
- Lockerung des Arbeitszeitgesetzes (Stichwort: Sonntagsarbeit)
- Lockerung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (Stichwort: Samstagsarbeit) usw.
Bemerkenswerter Nachteil:
- Der Veranstalter verliert durch die Festsetzung einen nicht unerheblichen Teil seiner Vertragsfreiheit. Bei einer nicht-festgesetzten Messe oder einem nicht festgesetzten Jahrmarkt kann der Veranstalter frei entscheiden, welchem Aussteller oder Beschicker er einen Standplatz vermietet.
Durch die Festsetzung geht dem Veranstalter diese Freiheit verloren: Nun kann er nicht mehr den Bewerber nehmen, der am meisten zahlt. Der Bewerber hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zulassung (§ 70 Gewerbeordnung).
Diese Tatsache führt bei Messeveranstaltern oder Veranstaltern von Märkten regelmäßig zu Streit: Gerade bei gut gebuchten Messen oder Märkten sind die Standplätze schnell vergeben. Bewerber, die sich vergeblich um einen Standplatz beworben haben, können gegen die Ablehnung vor dem Verwaltungsgericht klagen – durch die gewerberechtliche Festsetzung steht den Beteiligten der Weg zum Verwaltungsgericht offen.
Nunmehr hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Frage zu entscheiden gehabt, ob das Kriterium der Attraktivität ein geeignetes Auswahlkriterium für einen festgesetzten Weihnachtsmarkt ist.
Attraktivität kann ein Kriterium sein
Der Veranstalter kann aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Besucher von der Teilnahme ausschließen, so § 70 Abs. 3 Gewerbeordnung.
Der Kläger bewarb sich um einen Standplatz auf dem Weihnachtsmarkt Hannover. Seine Bewerbung wurde abgelehnt. Auswahlkriterium sei vorrangig die Attraktivität des Angebots und der Gestaltung des Standes sowie ergänzend dazu die Zuverlässigkeit der Bewerber nach dem Prinzip „bekannt und bewährt“ gewesen. Zwar sei das Angebot des Klägers vergleichbar mit anderen 36 Bewerbern gewesen, jedoch habe man den Konkurrenten den Vorzug aufgrund des Zusatzkriteriums „bekannt und bewährt“ den Vorzug gegeben.
Der Kläger argumentierte u.a., dass das Kriterium „bekannt und bewährt“ einem neuen Bewerber eine realistische Zulassungs-Chance verbaue.
Während noch das Verwaltungsgericht in 1. Instanz die Klage abwies, gab nun das Oberverwaltungsgericht in der 2. Instanz dem Bewerber Recht:
Zunächst stellte das OVG fest, dass die Anwendung des Kriteriums der Attraktivität als Auswahlmaßstab für die Zulassung zu Weihnachtsmärkten in Fällen nicht ausreichender Kapazität als solche keinen prinzipiellen Bedenken begegne. Dieses Vergabeverfahren sei im Grundsatz gut geeignet, die der Marktfreiheit immanente Zulassungs-Chance zu garantieren. Vor allem in Ansehung der auf Weihnachtsmärkten vertretenen Anbieter von Kunsthandwerk und Weihnachtsartikeln sei dieses Kriterium durchaus gängig und vielfach geeignet, so schwierig eine Attraktivität im Einzelnen zu bestimmen oder zu vergleichen sein mag, eine sachgerechte Differenzierung vorzunehmen. Das Kriterium der Attraktivität könne daher grundsätzlich auch als zulässiger Bewertungsmaßstab für die einzelnen Anbieter innerhalb bestimmter Marktsegmente herangezogen werden, soweit dadurch Unterschiede identifiziert werden können, mögen sie auch gering sein, so das OVG Lüneburg.
Allerdings sei das Auswahlkriterium der „weihnachtlichen Gestaltung“ nicht ergiebig genug; der Bewerber wollte einen Weihnachtsstand mit dem Angebot „Getränke“ betreiben. Hier sei es ohnehin schwierig, durch eine „weihnachtliche Gestaltung“ herauszuragen. Die Stände zeichnen sich durch ein so hohes Maß an Ähnlichkeit aus, dass eine sinnvolle Unterscheidbarkeit nicht gegeben ist; alle vertreiben ein nahezu identisches Getränkeangebot und verfügen im Regelfall über eine ähnliche äußere weihnachtstypische Gestaltung. Diese Eigenart macht die Stände in gewisser Weise austauschbar und hat dazu geführt, dass die Weihnachtsmärkte der meisten Städte in dieser Hinsicht einander zum Verwechseln ähneln.
Daher müsse der Veranstalter entweder sein Kriterium „weihnachtliche Gestaltung“ weiter ausdifferenzieren, oder die Zulassung auf andere objektive Kriterien stützen. Andernfalls sei es gerade einem Neubewerber unzulässig erschwert, eine Zulassung zu erhalten.
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