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Rechtsmissbrauch: Irgendwann ist Schluss mit Befristungen

Rechtsmissbrauch: Irgendwann ist Schluss mit Befristungen

Von Thomas Waetke 6. Februar 2018

Ein Arbeitnehmer kann unbefristet eingestellt werden oder befristet. Hierfür sieht das Gesetz zwei Befristungsmöglichkeiten vor, das im sog. Teilzeit- und Befristungsgesetz (kurz: TzBfG) geregelt ist:

  • Mit Grund für die Befristung, u.a. (siehe § 14 Absatz 1 TzBfG):
    • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht nur vorübergehend;
    • der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt;
    • die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung.
  • Ohne Grund für die Befristung. Hier gibt das Gesetz dann zwei Höchstgrenzen vor: Maximal 2 Jahre, und in den 2 Jahren darf maximal 3 Mal verlängert werden (§ 14 Absatz 2 TzBfG).

Die Befristungsmöglichkeiten des § 14 TzBfG darf aber nicht dazu eingesetzt werden, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers abzudecken.

Eine Beschränkung der Anzahl der hintereinander folgenden Befristungen ergibt sich aus dem Gesetz nicht (siehe aber das Update vom 7.2.2018 unten):

Irgendwann ist Schluss

Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber unbegrenzt befristen könnte – denn über allem schwebt der sog. Grundsatz von Treu und Glauben (siehe § 242 BGB). Die Juristen nennen eine missbräuchliche Kettenbefristung einen sog. institutionellen Rechtsmissbrauch = der Arbeitgeber missbraucht eine Vorschrift und damit das Institut der Befristung zu sachfremden Zwecken, die gegen Treu und Glauben verstoßen.

Dazu hat das Bundesarbeitsgericht ein Ampel-Modell entwickelt, ab wie vielen Befristungen es für den Arbeitgeber gefährlich werden kann:

Maßgeblich ist dabei die Anzahl der

  • mit demselben Arbeitnehmer oder (!)
  • zur Verrichtung der gleichen Arbeit

geschlossenen aufeinanderfolgenden befristeten Verträge.

Stufe 1 = grün

Liegt ein Sachgrund vor (z.B. Projektarbeit oder Vertretung), ist grundsätzlich alles im “grünen Bereich”, wenn keiner der in § 14 Abs. 2 TzBfG niedergelegten Grenzwerte (maximal 2 Jahre und 3 Verlängerungen bei sachgrundloser Befristung)…

  • um nicht mehr als das 4-fache = 8 Jahre Dauer der mit Sachgrund erfolgten Befristung oder 12 Verlängerungen,

oder

  • das 3-fache beider Werte kumulativ = 6 Jahre Gesamtdauer und 9 Verlängerungen,

überschritten wird. Das ist der grundsätzlich unbedenkliche Bereich.

Stufe 2 = gelb

Werden diese Grenzen – alternativ oder kumulativ – mehrfach überschritten, nehmen die Gerichte eine Missbrauchskontrolle vor (zumindest wenn der Arbeitnehmer klagt). Es kommt dann auf den Einzelfall an (siehe unten), den das Gericht prüft.

Stufe 3 = rot

Werden diese Grenzen in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, prüft das Gericht nur den Rechtsmissbrauch, sondern geht schon von einem solchen aus. Dann muss der Arbeitgeber nachweisen, dass gerade kein Rechtsmissbrauch vorliegt, sondern besondere Gründe ein solches Ausmaß doch noch rechtfertigen.

Ein besonders gravierendes Ausmaß wird angenommen, wenn die Werte des § 14 Abs. 2 TzBfG (also maximal 2 Jahre und 3 Verlängerungen bei sachgrundloser Befristung)…

  • um nicht mehr als das 5-fache = 10 Jahre Dauer der mit Sachgrund erfolgten Befristung oder 15 Verlängerungen,

oder

  • das 4-fache beider Werte kumulativ = 8 Jahre Gesamtdauer und 12 Verlängerungen,

überschritten werden.

Argumente für und gegen Rechtsmissbrauch

Hier ein paar Beispiele, die für oder gegen einen institutionellen Rechtsmissbrauch sprechen können:

  • Der Arbeitnehmer wird stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt (das Gegenteil davon wäre: Ihm wurden mit den jeweiligen befristeten Arbeitsverträgen wechselnde, ganz unterschiedliche Tätigkeiten übertragen.
  • Die Laufzeit der Verträge in Vertretungsfällen bleibt wiederholt hinter der prognostizierten Dauer des Vertretungsbedarfs zurück, ohne dass dafür ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erkennbar ist.
  • Ähnlich: Wird trotz eines tatsächlich zu erwartenden langen Beschäftigungsbedarfs in rascher Folge mit demselben Arbeitnehmer eine Vielzahl kurzfristiger Arbeitsverhältnisse vereinbart, liegt die Gefahr des Gestaltungsmissbrauchs näher, als wenn die vereinbarte Befristungsdauer zeitlich nicht hinter dem prognostizierten Beschäftigungsbedarf zurückbleibt.
  • Bei der Abwägung von Bedeutung sind besondere Anforderungen der in Rede stehenden Branchen und/oder Arbeitnehmerkategorien, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist. Dies könnte bspw. bei Promotionagenturen oder Eventagenturen der Fall sein – insbesondere wenn der Bedarf nicht sonderlich planbar ist.
  • Die Anzahl und Dauer etwaiger Unterbrechungen zwischen den befristeten Arbeitsverträgen können grundsätzlich gegen einen Rechtsmissbrauch sprechen.

UPDATE vom 07.02.2018:

Die Große Koalition steht. Die SPD wollte sachgrundlose Befristungen ganz abschaffen, die Union nicht. Nun sollen aber die sachgrundlosen Befristungen zumindest eingeschränkt werden, genauso wie die Anzahl der Befristungsgründe (derzeit 8) und die Dauer der Kettenbefristung soll gesetzlich begrenzt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

 

Urheberangabe für das/die Foto(s) (Symbolfoto):

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